[Aktueller Entwurf, Anregungen zur Weiterentwicklung sind herzlich willkommen!]
Verfassungsbeschwerde
An das Bundesverfassungsgericht, Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
Beschwerdeführerin: Frau Alina Morad, [Adresse]
Vorbemerkung zur Notation: Zur Verdeutlichung der Argumentationsstruktur und zur Gewährleistung der Eindeutigkeit verwendet die Beschwerdeführerin eine konsistente Zitier- und Notationsweise.
Wörtliche Zitate aus Rechtsprechung und Literatur werden durch „...“ (kursivierte typographische Anführungszeichen) kenntlich gemacht. Begriffe, die den Kern eines juristischen oder politischen Narrativs bilden (z.B. „Klarstellung“ oder „Statusäquivalenz“), werden durch „...“ (nicht-kursive typographische Anführungszeichen) hervorgehoben. Begriffe, die in einem übertragenen Sinn, als Laienterminus (z.B. "Hausrechtsparagraph") oder zur ironischen Distanzierung verwendet werden, stehen in geraden Anführungszeichen ("...").
Zur Vermeidung von Verwechslungen wird zudem die Abkürzung für "Satz" in Gesetzesangaben (z.B. § 90 S 1 BVerfGG) stets ohne Punkt (S) geführt, während die Abkürzung für "Seite" (z.B. Larenz, S. 260) stets mit Punkt (S.) erfolgt.
A. Anträge
I. Hauptantrag
Es wird festgestellt, dass mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar sind und für nichtig erklärt werden:
i) § 6 Abs. 2 SBGG
ii) § 6 Abs. 4 SBGG,
iii) § 15 Abs. 2 Nummer 1 SBGG sowie
iv) § 78 Abs. 1 PStG n.F. (Erläuterung: die neue Fassung aufgrund der Änderungen des Personenstandsgesetzes nach Artikel 4 des Einführungsgesetzes zum SBGG – ESBGG).
Hierbei handelt es sich beim SBGG um das „*Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag bzw. beim ESBGG um das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ vom 19. Juni 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 206), welches das SBGG als Art. 1 ESBGG enthält und am 01.11.2024 in Kraft trat.
II. Hilfsantrag
Hilfsweise wird die Unvereinbarkeit der in A I genannten Normen mit dem Grundgesetz festgestellt und deren Fortgeltung nur für eine eng befristete Übergangszeit angeordnet, verbunden mit der Verpflichtung des Gesetzgebers
i) § 6 Absatz 4 SBGG aufzuheben oder als Status- und Funktions-Leitklausel neu zu fassen,
ii) die Fortwirkung rechtskräftiger TSG-Statusentscheidungen als maßgeblichen Bezugspunkt in Zugang und Versorgung normklar zu sichern,
iii) § 6 Absatz 2 SBGG durch statuswahrende Schranken (Einzelfall-Verhältnismäßigkeit, Dokumentations- und Begründungspflichten, kein Pauschalausschluss) zu begrenzen,
iv) die Kohärenz im Personenstandsrecht wiederherzustellen, indem der verfassungsrechtliche Begriff „Geschlecht“ als vorrangiger Anknüpfungspunkt etabliert wird.
III. Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 32 BVerfGG
Die Beschwerdeführerin beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 32 BVerfGG den Vollzug des § 15 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) bis zur Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
Hilfsweise wird beantragt, anzuordnen, dass § 15 Absatz 2 Nummer 1 SBGG gegenüber der Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine Wirkung entfaltet.
IV. Begründung des Eilantrages
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen vor.
1. Anordnungsanspruch (Prüfung der Erfolgsaussichten)
Die Verfassungsbeschwerde ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die Beschwerdeführerin rügt mit substanzieller Begründung, dass § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 und 4 sowie mit der Reform des Personenstandsrechts nach Art. 4 des Einführungsgesetzes zum SBGG (ESBGG) in mehrere grundrechtlich geschützte Positionen eingreift.
Erstens stellt die rückwirkende Entwertung eines bestandskräftigen, durch Gerichtsbeschluss anerkannten Personenstands und damit verbundenen Status einen schwerwiegenden Eingriff in das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG dar und verletzt den aus Art. 2 Abs. 1 GG abzuleitenden Vertrauensschutz der Beschwerdeführerin.
Zweitens wird durch den gezielten Systemwechsel ‒ die Verlagerung von einem substantiellen rechtlichen Identitätsstatus zu einem bloßen Verwaltungseintrag ‒ die Beschwerdeführerin in ihrer Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) beeinträchtigt: Sie wird zum Objekt staatlicher Umgestaltung, da der Gesetzgeber bewusst auf grundrechtsschonende Übergangsregelungen zugunsten eines politischen Systemwechsels verzichtet hat. Die persönliche Identität, bislang rechtlich garantiert, wird entwertet und damit der Kernbereich der Menschenwürde berührt.
Drittens liegt ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da die Regelung sachgrundlos zwischen Personengruppen differenziert: Während nach dem SBGG ein Bußgeld nach § 14 verhängt werden kann, ist dies für die nach vorherigem TSG-Status gewechselten Personen versperrt, obwohl sie in vergleichbarer Situation sind. Zudem wird der Beschwerdeführerin durch den systematischen Entzug des statusentsprechenden Personenstands die Gleichstellung mit anderen Frauen und mit weiteren Personen ihrer Ausgangsgruppe entzogen. Die Ungleichbehandlung beruht allein auf dem gewählten Zeitpunkt und Verfahren zur Statusänderung und lässt sich nicht durch sachliche Gründe rechtfertigen.
Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher als offen und keinesfalls von vornherein aussichtslos anzusehen, da schwerwiegende Eingriffe in zentrale Grundrechte begründet wurden.
2. Anordnungsgrund (Folgenabwägung nach der Doppelhypothese)
Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotene Folgenabwägung fällt zugunsten der Beschwerdeführerin aus.
a) Hypothese A: Die einstweilige Anordnung wird erlassen, die Verfassungsbeschwerde bleibt in der Hauptsache erfolglos
In diesem Fall bliebe für einen begrenzten Zeitraum die Fortwirkung der TSG-Statusentscheidungen für eine kleine, klar abgrenzbare Bestandsgruppe erhalten. Für den Staat und die Allgemeinheit entstünden hieraus keine schweren, irreversiblen Nachteile. Die Grundentscheidung des Gesetzgebers bliebe für alle Neufälle nach dem SBGG unberührt.
b) Hypothese B: Die einstweilige Anordnung wird nicht erlassen, die Verfassungsbeschwerde hat in der Hauptsache Erfolg
Ohne vorläufigen Rechtsschutz drohen der Beschwerdeführerin bis zur Hauptsacheentscheidung schwere und nicht wiedergutzumachende Nachteile. Sie wäre weiterhin der Gefahr von Zurückweisungen in geschützten Räumen, von statusrelativierenden medizinischen Entscheidungen und von unfreiwilligen Offenbarungen ihrer Biographie ausgesetzt. Diese Dringlichkeit wird durch die für den 19.12.2025 geplante Operation und die damit verbundenen medizinischen Organisationsentscheidungen (z.B. Stationszuweisung) massiv erhöht. Die in dieser Zeit erlittenen Verletzungen ihrer Würde und ihres Persönlichkeitsrechts könnten durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr geheilt werden.
c) Ergebnis der Abwägung
Die grundrechtsintensiven und irreversiblen Nachteile für die Beschwerdeführerin im Fall des Nichterlasses überwiegen die lediglich vorübergehenden Folgen eines Erlasses für die Allgemeinheit bei weitem.
3. Kein entstehendes Rechtsvakuum
Die Aussetzung der Erstreckungsklausel des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG bewirkt für Bestandsfälle kein Schutzdefizit oder einen rechtsfreien Raum. Die Fortwirkung des rechtskräftigen Statusbeschlusses bleibt der maßgebliche Bezugspunkt. Der Schutz vor Offenbarung und die Pflicht der Behörden zur konsistenten Abbildung des Status ergeben sich unmittelbar aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip.
4. Glaubhaftmachung
Die Dringlichkeit und die drohenden Nachteile werden glaubhaft gemacht durch:
i) Den rechtskräftigen TSG-Statusbeschluss (Anlage B1).
ii) Die Bestätigung des Operationstermins am 19.12.2025 (Anlage B6).
iii) Die Rechnung/das Protokoll eines Einsatzes des Rettungsdienstes zum Klinikum Osnabrück wegen notfallmäßiger akuter vaginaler Blutung (Anlage B).
iv) Nach dem Rettungsdiensteinstaz unter iii wurde der Beschwerdeführerin vom Leitenden Oberarzt der Gynäkologie des Klinikums Osnabrück jegliche Diagnostik/Behandlung verwehrt, mit der einzigen pauschalen Begründung „Sie waren ja mal ein Mann“ (siehe E IV 1), konformgehend mit den in dieser Beschwerde angegriffenen Normen § 6 Abs. 2 und 4 SBGG; eidesstattliche Erklärungen hierzu, auch von zwei Zeugen, können bei Bedarf nachgereicht werden.
v) Eine ähnliche notfallmäßige aktute Blutung aufgrund gleicher medizinischer Ursachen wie zu iii ereignete sich im Dezember 2024 in Lissabon, so dass der portugiesische Rettungswagen die Beschwerdeführerin zur Gynäkologie des Universitätsklinikums „Santa Maria“ brachte; dort wurde sie von zwei Gynäkologen fachgerecht gynäkologisch untersucht, und sichergestellt, dass die akute Blutung beendet war (Anlage B5).
Anmerkung zu v: Der Grund dafür, dass die Beschwerdeführerin – anders als in iv – in Portugal vollkommen diskriminierungsfrei und ohne Hinterfragen ihrer geschlechtlichen Identität als Frau behandelt wurde, könnte im dortigen Selbstbestimmungsmodell liegen, das keine Einschränkungen wie das deutsche Modell mit § 6 SBGG kennt[^25].
V. Kostenantrag für den Fall der mündlichen Verhandlung
Für den Fall einer mündlichen Verhandlung beantragt die Beschwerdeführerin, dass die Bundesrepublik Deutschland die in diesem Zusammenhang entstehenden notwendigen Auslagen zu erstatten hat. Von der Geltendmachung weiterer Auslagen wird abgesehen.
B. Beschwerdegegenstand
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich unmittelbar gegen das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG), veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2024 Teil I Nr. 206 am 21. Juni 2024 (Anlage B2), insbesondere gegen die folgenden Vorschriften:
1. § 6 Absatz 2 und § 6 Absatz 4 SBGG,
2. § 15 Absatz 2 Nummer 1 SBGG,
3. sowie § 78 Absatz 1 des Personenstandsgesetzes (PStG) in der Fassung des Artikels ESBGG.
C. Pseudodeklarative Normsetzung: Der verfassungsrechtliche Pathomechanismus der angegriffenen Normen
I. Der legislative Pathomechanismus des Pseudodeklarativen Normkonglomerates
1. Einleitung: Die Ambivalenz einer dogmatischen Kategorie
Die dogmatische Kategorie der „deklarativen Norm“ erscheint auf den ersten Blick als unproblematisches, fast triviales Werkzeug der juristischen Taxonomie. Sie bezeichnet eine Vorschrift, die lediglich eine bereits bestehende Rechtslage klarstellt oder wiederholt, ohne diese konstitutiv zu verändern. Während die Existenz rein deklaratorischer Normen bereits aufgrund ihrer Redundanz und des damit verbundenen Verstoßes gegen die Gebote der Gesetzgebungsökonomie fragwürdig erscheint, liegt ihre wahre verfassungsrechtliche Gefahr an anderer Stelle: in ihrer politischen Instrumentalisierung.
Die vorliegende Analyse entwickelt die These, dass die Behauptung des deklarativen Charakters einer Norm als „Trojanisches Pferd“ dienen kann, um unter dem Deckmantel der bloßen Klarstellung (Narrativ Y) eine materiell neue Rechtslage (Norm X) im Rechtssystem zu verankern. Dieser Mechanismus untergräbt systematisch das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 GG) sowie die richterliche Gesetzesbindung und Vorlagepflicht (Art. 20 Abs. 3, Art. 100 GG).
2. Die Pathologie der „deklarativen Klarstellung“ im Gesetzgebungsverfahren
Der Missbrauch des deklarativen Charakters manifestiert sich im Gesetzgebungsverfahren durch eine gezielte narrative Verschiebung, die sich primär in den Gesetzesmaterialien vollzieht. Statt den konstitutiven Gehalt einer neuen Norm (X) offen zu debattieren, wird diese sachlich unzutreffend als bloße „Klarstellung“ einer angeblich schon immer geltenden Rechtslage (Narrativ Y) dargestellt. Dieses Vorgehen verletzt fundamentale Verfassungsprinzipien: Das Demokratieprinzip und das Bestimmtheitsgebot.
Im deutschen Sprachraum gibt es zusätzlich die Besonderheit, dass dieser Pathomechanismus von der semantischen Doppeldeutigkeit des Begriffs der „Klarstellung“ noch schwerer zu durchschauen wird: Die erste Bedeutung („Klarstellung“ im engeren Sinne) entspricht der „deklarative Norm“, d.h. dogmatisch nur das Wiederholen einer unstrittigen Rechtslage (Deklaration). Die zweite Bedeutung („Klarstellung“ im weiteren Sinne) wird genutzt, um die autoritative Beendigung einer Unklarheit zu betonen. Im politischen Kontext lässt sich leicht ein gleichzeitiges Ansprechen beider Bedeutungsebenen erreichen, und zwar parallel für unterschiedliche Zielgruppe, z.B. einerseits eine harmlose "Deklaration" als Tarnung, andererseits ein konstitutives „Machtwort“ zur endgültigen Festsetzung einer Zielsituation oder von Zielnormen.
a) Verstoß gegen das Demokratieprinzip und den Parlamentsvorbehalt
Die wesentliche, materielle Regelung (Y) wird dem öffentlichen parlamentarischen Diskurs entzogen. Das Parlament beschließt formal nur über X, während die eigentliche normative Verschiebung in den als Auslegungshilfe dienenden Materialien versteckt wird.
b) Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot
Die Norm X ist in ihrer wahren Tragweite für den Bürger nicht mehr aus sich heraus verständlich. Ihr eigentlicher Regelungsgehalt erschließt sich erst durch das externe, nicht demokratisch legitimierte Narrativ Y, was zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt.
3. Die fachgerichtliche Reaktion: Von der Kontrollpflicht zur unkritischen Rezeption
Für das Fachgericht entsteht durch eine solche Norm ein methodisches Trilemma: Es muss die Norm (1) anwenden, (2) ignorieren (was unzulässig ist) oder (3) dem BVerfG vorlegen. Die pathologische Praxis zeigt jedoch eine vierte, faktische Lösung: die „Flucht in die Gesetzesmaterialien“. Dieser Mechanismus funktioniert wie folgt: Perversion der subjektiven Auslegungstheorie, Blindheit für die Verfassungswidrigkeit, Schaffung einer faktischen Unanfechtbarkeit.
a) Perversion der subjektiven Auslegungstheorie
Das Fachgericht entzieht sich der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der objektiven Verfassungswidrigkeit der Norm X. Stattdessen verabsolutiert es die subjektive Auslegungsmethode, indem es das politische Narrativ Y aus den Materialien als den allein maßgeblichen „Willen des Gesetzgebers“ übernimmt.
b) Blindheit für die Verfassungswidrigkeit
Durch diesen methodischen Kunstgriff wird das Gericht „blind“ für seine Kontrollfunktion. Es prüft den Fall nicht mehr am Maßstab der Verfassung, sondern am Maßstab des Narrativs. Die Vorlagepflicht nach Art. 100 GG wird so systematisch unterlaufen.
c) Schaffung einer faktischen Unanfechtbarkeit
Diese Vorgehensweise immunisiert die richterliche Entscheidung. Eine höhere Instanz kann die Auslegung kaum verwerfen, da das Gericht formal korrekt den „Willen des Gesetzgebers“ aus den offiziellen Materialien ermittelt hat. Die Entscheidung wird faktisch unanfechtbar und verhilft dem Gericht zu einer normativen Macht, die ihm von Verfassungs wegen nicht zusteht. Diese Zuweisung normativer Macht basiert auf einer subtilen, aber fundamentalen Perversion der richterlichen Prüfungspflichten im Rahmen des Rechtsstaatsprinzips.
Die Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG – das verfassungsrechtliche Monopol des Bundesverfassungsgerichts zur Normverwerfung – ist an eine subjektive Tatbestandsvoraussetzung geknüpft: Das Fachgericht muss von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes überzeugt sein (oder zumindest schwerwiegende Zweifel hegen). Der hier beschriebene legislative Mechanismus (das "legislative Narrativ" Y) zielt exakt darauf ab, das Eintreten dieser subjektiven Überzeugung beim Fachgericht systematisch zu verhindern. Das Narrativ liefert der rechtsprechenden Person einen prozedural gedeckten, 'legalen Ausweg': Statt die Verfassungswidrigkeit der Norm X (welche evtl. auch ein Prozessbeteiligter rügt) in der Tiefe prüfen zu müssen, darf das Fachgericht auf die gängige subjektive Auslegungsmethode zurückgreifen. Er beruft sich auf die Gesetzesmaterialien (das Narrativ Y), die ihm (fälschlicherweise) suggerieren, die Norm sei "bloß deklaratorisch" und vom Gesetzgeber sowie dem Bundespräsidenten bereits auf ihre (harmlose) Verfassungsmäßigkeit geprüft worden.
Indem das Fachgericht so seinen Ermessensspielraum nutzt, um die von ihm geforderten Zweifel als "zerstreut" zu bewerten, verhindert es legal das Eintreten der Tatbestandsvoraussetzung des Art. 100 GG. Das Fachgericht maßt sich damit – und zwar vollkommen ZPO-gemäß – faktisch eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit an, indem es die einzige Instanz, die eine solche Entscheidung tatsächlich treffen dürfte – das BVerfG –, von der Befassung mit der fraglichen Norm ausschließt. Dies ist die "normative Macht, die ihm nicht zusteht". Die Entscheidung ist faktisch unanfechtbar, da eine Revisionsinstanz dem Fachgericht schwerlich einen prozeduralen Fehler nachweisen kann; sie kann nur feststellen, dass es die subjektive Auslegungsmethode (die Nutzung der Materialien) korrekt angewandt und dessen (nicht vorhandenen) Zweifel im Rahmen dessen Ermessensspielraums begründet hat.
Die dogmatische Unanfechtbarkeit dieser fachgerichtlichen Vorgehensweise wird durch die extrem hohen Hürden zementiert, die das Verfassungsrecht an eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG knüpft – Hürden, die das "legislative Narrativ" gezielt ausnutzt. Die Vorlagepflicht ist an eine strenge subjektive Tatbestandsvoraussetzung geknüpft. Barczak führt hierzu aus (Barczak, BVerfGG, § 80 Rn. 58): „Bloße Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes oder Bedenken genügen nicht.“ Der Kommentar führt dazu weiter aus (a.a.o, Rn. 59): „Das Gericht muss sich ‚selbständig und in eigener Verantwortung' eine eigene Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit bilden“. Gleichzeitig steht das Fachgericht unter der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Verpflichtung aus dem Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG), „den Rechtsstreit so zu behandeln, dass eine Verzögerung durch die Anrufung des BVerfG nach Möglichkeit vermieden wird“ (Barczak, BVerfGG, § 80 Rn. 65).
Aus dieser Spannung erwächst die primäre richterliche Pflicht, die Norm zu "retten". Barczak stellt klar: „*Solange eine Norm verfassungskonform ausgelegt werden kann und in dieser Auslegung sinnvoll bleibt, darf sie nicht für nichtig erklärt werden.“ (Barczak, BVerfGG, § 80 Rn. 28). Die Hürde liegt so hoch, dass das Gericht sogar „von der Unmöglichkeit der verfassungskonformen Auslegung überzeugt sein“ (Barczak, BVerfGG, § 80 Rn. 61) muss, bevor es den Weg nach Karlsruhe antreten darf. Genau hier entfaltet das "legislative Narrativ" (Y) seine pathologische Wirkung: Es liefert dem Fachgericht eine prozedural gedeckte, (scheinbar) verfassungskonforme Auslegung "frei Haus" – die Behauptung der „bloßen Deklarativität“. Indem das Fachgericht diese Auslegung (gemäß seiner Pflicht aus Barczak Rn. 28) aufgreift, um „von des Absicht der Gesetzgebers das Maximum dessen aufrechtzuerhalten, was nach der Verfassung aufrechterhalten werden kann“ (Barczak, BVerfGG, § 80 Rn. 28), neutralisiert es legal seine eigenen „bloßen Zweifel“ und verhindert so prozedural korrekt das Entstehen der „Überzeugung“ (Barczak Rn. 59), die für eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zwingend erforderlich wäre. Das Unterlassen der Vorlage ist somit kein prozeduraler Fehler, sondern die logische Konsequenz der vom Gesetzgeber bereitgestellten argumentativen Fluchtmöglichkeit durch die Konstruktion eines im auslegungsdogmatischen Hintergrund die Fäden spannenden pseudodeklarativen Normenkonglomerates.
4. Eskalation durch Kompetenzüberschreitung: Das „argumentum a fortiori“
Die Gefahr potenziert sich, wenn die Fachgerichte die so in das Rechtssystem eingeschleuste, oft vage gehaltene Norm X zusätzlich „konkretisieren“. Wie Larenz/Canaris am Beispiel des § 138 BGB aufzeigen, neigt die Rechtsprechung schon bei legitimen Generalklauseln dazu, durch das Aufstellen willkürlicher, „gegriffener Größen“ ihre Kompetenzen zu überschreiten und gegen die Funktionsteilung zu verstoßen[^26]. Gilt diese Kritik bereits für rechtsstaatliche Normen, so muss sie erst recht (argumentum a fortiori) für die willkürliche Konkretisierung einer an sich schon durch ein illegitimes Narrativ ins Recht gehobenen Norm gelten.
5. Konkretisierung und Fazit: Die normative Erschleichung
Die politische Behauptung einer Norm als „deklaratorisch“ ist ein hochwirksames Instrument zur Destabilisierung des Rechtsstaats von innen. Sie ermöglicht dem Gesetzgeber, die Verfassung zu unterlaufen, und verleitet die Rechtsprechung zu einer methodisch pervertierten Auslegung, die ihre eigene Kontrollfunktion aushebelt. Dieser gesamte legislative Vorgang – die Einführung einer Zielnorm durch die Verschleierung mittels eines pseudodogmatischen Normenkonglomerates – lässt sich auch als das Prinzip der normativen Erschleichung durch Scheindeklaration bezeichnen.
Ein historisches Beispiel für diesen Mechanismus findet sich im Entstehungsprozess des § 78a S 2 StGB im Zuge der Großen Strafrechtsreform 1975. Die Frage, wann die Verjährung bei Taten mit verzögertem Erfolgseintritt beginnt, war dogmatisch hoch umstritten. Der Gesetzgeber entschied diesen Streit konstitutiv zugunsten der „Erfolgs-Theorie“, präsentierte diese Entscheidung aber sachlich unzutreffend als bloße „Klarstellung“ der ohnehin richtigen Rechtslage, um politische Widerstände zu überwinden und den konstitutiven Charakter der Norm zu verschleiern.
Derselbe Pathomechanismus, jedoch mit ungleich gravierenderen grundrechtsverletzenden Folgen, liegt den in dieser Beschwerde angegriffenen Normen des SBGG zugrunde. Sie werden in den beiden folgenden Hauptkapitel der hiesigen dogmatischen Analyse behandelt: Kapitel C II beweist dabei die direkten, materiellen und methodischen Folgen (also Was und Wie der Tat); Kapitel C III analysiert die darüber hinausgehenden, systemischen Folgen (die Erosion des Rechtsstaats, Normenwahrheit, APR-Externalisierung).
II. Die geschlechtliche Identität vom subjektiven Kern der Menschenwürde zur objektivierten Rechtsverkehrsdeklaration
1. Der verfassungsrechtliche Ausgangspunkt: Die Anerkennung der Identität als subjektiver Kern der Würde
Der verfassungsrechtliche Ausgangspunkt ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die die selbstempfundene geschlechtliche Identität als zentralen Aspekt der Persönlichkeit anerkennt und sie dem unantastbaren Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) zuordnet.
Bereits 1978 hat das Bundesverfassungsgericht die Notwendigkeit betont, den Personenstand dem Geschlecht zuzuordnen, dem der Mensch mit transsexuellem Hintergrund „nach seiner psychischen und physischen Konstitution zugehört“ (BVerfGE 49, 286). Dieser Schutzauftrag wurde in der Folgeentscheidung zur TSG-Operationspflicht (BVerfGE 128, 109) fundamental vertieft. Das Gericht stellte klar, dass es nicht nur um ein Selbstbestimmungsrecht geht, sondern dass die Verfassung es gebietet, die „selbstempfundene geschlechtliche Identität rechtlich anzuerkennen“ (ebenda, [124]).
Maßgebliches Ziel dieses verfassungsrechtlichen Auftrags ist es, der Person zu ermöglichen, „entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden“ (BVerfGE 128, 109, [124]). Dieser Schutz vor Bloßstellung ist ein zentraler Ausfluss der Menschenwürde.
Dieser Schutz ist umfassend und statusbegründend. Er ist nicht auf den bloßen "Rechtsverkehr" beschränkt, sondern zielt auf das unantastbare Sein der Person. Die Anerkennung der Identität ist, wie das BVerfG in seiner Entscheidung zur "Dritten Option" bekräftigte, von "herausragender Bedeutung" und "Schlüsselposition" für das Selbstverständnis (BVerfGE 147, 1, Rn. 39), abhängig und Wahrnehmung durch andere. Indem das Gericht den Schutz der Würde (Art. 1 GG) und der Gleichheit hinsichtlich eines verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbotes (Art. 3 Abs. 3 S 1 GG) explizit auf Personen jenseits der binären Ordnung ausweitete (BVerfGE 147, 1, [Rn. 56 ff.]), folgt daraus im argumentum e contrario, dass die selbstbestimmte Eindeutigkeit – also die Identität als Mann oder Frau – für binär verortete transsexuelle Menschen (wie die Beschwerdeführerin) in gleicher Weise den höchsten Verfassungsschutz genießt. Der Schutz der geschlechtlichen Identität ist umfassend.
Dieser vom BVerfG formulierte, hohe verfassungsrechtliche Schutz knüpft dabei an die genuine, nachhaltig empfundene Identität an. Die gesamte bisherige Rechtsprechung (insb. BVerfGE 49, 286; BVerfGE 128, 109) basierte auf der Prämisse einer ernsthaften, dauerhaften und psychisch verankerten Zugehörigkeit – einer unverrückbaren Eigenschaft der Persönlichkeit, deren Feststellung der Gesetzgeber (verfassungskonform, vgl. BVerfGE 1 BvR 747/17) durch fachliche Begutachtung absicherte. Es ist dieser subjektive Kern der Persönlichkeit, dem das BVerfG den Rang eines unteilbaren, würdegeschützten Status zuerkannt hat. Dieser Status bildet den Maßstab, an dem sich jede gesetzliche Neuregelung messen lassen muss.
2. Der Verfassungsbruch: Die Degradierung des Status zur objektivierten Rechtsverkehrsdeklaration
Der in C II 1 dargelegte verfassungsrechtliche Auftrag des Bundesverfassungsgerichts verlangt die unteilbare Anerkennung der geschlechtlichen Identität als Status, als unantastbares Sein (BVerfGE 49, 286). Der Gesetzgeber bricht mit diesem Auftrag nicht erst durch die Einzelregelungen des § 6 SBGG, sondern bereits fundamental durch die legislative Grundentscheidung, wie er das Selbstbestimmungsgesetz in die bestehende Rechtsordnung implementiert. Dieser Verfassungsbruch manifestiert sich in der dogmatischen Spaltung des Geschlechtsbegriffs selbst, vollzogen durch Artikel 4 des Einführungsgesetzes zum SBGG (ESBGG), der das Personenstandsgesetz (PStG) ändert vgl. die Synopse der relevanten Normen in Anlage B8.
Eine genaue Analyse der Änderungsbefehle in Art. 4 ESBGG legt diese legislative Methode der Objektivierung offen. Der Gesetzgeber vermeidet es bewusst, den "originären Geschlechtseintrag" – das, was Kämmerer (v. Münch/Kunig, 8. Aufl. 2025, GG Art. 2 Rn. 62b) als „biologische Zugehörigkeit“ identifiziert – zu reformieren. Dieser originäre Status ist im Personenstandsgesetz im Regelfall in § 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG ("das Geschlecht des Kindes") und, infolge der BVerfG-Entscheidung zur "Dritten Option" (BVerfGE 147, 1), im Ausnahmefall in § 22 Abs. 3 PStG ("divers" oder "ohne Angabe") verankert. Diesen gesamten legislativen Komplex des Geburtseintrags (§§ 21, 22 PStG) lässt der Gesetzgeber des SBGG unangetastet.
Stattdessen schafft er einen neuen, administrativen Terminus: den „Geschlechtseintrag“. Diese legislative Spaltung ist ein bewusster Akt der Status-Verweigerung, da der Gesetzgeber ein existierendes, überlegenes Instrument vorsätzlich abschaffte: den § 45b PStG in seiner alten Fassung (a.F.). Diese Norm ermöglichte intersexuellen Personen eine reine Personenstandsänderung – einen echten Status-Akt ohne die Beschränkungen eines § 6 SBGG. Fortschrittliche Standesämter (wie in Münster) wandten diese Norm bereits auf Personen mit transsexuellem Hintergrund an (bzw. empfahlen manche TSG-Gutachter ihren zu begutachtenden TSG-Antragsteller diesen alternativen Weg über § 45b PStG a.F.[^28]), gestützt auf die wissenschaftliche Evidenz (u.a. von Dick Swaab, Milton Diamond und V.S. Ramachandran), die Transsexualität als angeborene, neurologische Variante der Geschlechtsentwicklung (eine Form der Intersexualität) begreift.
Der Gesetzgeber des SBGG hat diesen reinen Status-Weg nun (via Art. 4 Nr. 4 ESBGG) abgeschafft und § 45b PStG zu einer bloßen Verfahrensnorm für das SBGG degradiert. Anstatt den reinen Status für alle zu öffnen, wurde er allen genommen, denen er zur Verfügung stand. Der Gesetzgeber schafft damit ein Zwei-Klassen-System: das statische "Geschlecht" (§§ 21, 22 PStG) und das administrative Attribut des „Geschlechtseintrags“ (§ 45b PStG-neu). Kämmerer (a.a.O., Rn. 62b) bestätigt diese Spaltung, wenn er ausführt: „Die biologische Zugehörigkeit zu einem Geschlecht (iSv § 22 Abs. 3 PStG) ist nur bei der ersten Änderung relevant; weitere Änderungen knüpfen daran an, dass die Geschlechtseintragung nicht der Geschlechtsidentität entspricht.“
Genau hierin liegt die "Degradierung des Status zur objektivierten Rechtsverkehrsdeklaration". Die Identität wird nicht als wahres Sein anerkannt, sondern als verwaltbares Objekt (Attribut), dessen einziger Zweck in § 6 Abs. 1 SBGG ("Maßgeblichkeit im Rechtsverkehr") und dessen prozessualer Charakter als bloßer Verwaltungsakt in Art. 4 Nr. 8 ESBGG (der § 73 PStG um die "Anmeldung" der Erklärung erweitert) definiert wird.
Der legislative Gipfel dieser Status-Degradierung findet sich in § 15 Abs. 2 Nr. 2 SBGG sowie dem neuen § 78 Nr. 1 PStG (eingeführt durch Art. 4 Nr. 9 ESBGG). Diese „Übergangsregelungen“ ordnen explizit an, dass selbst die überlegenen, reinen Statusänderungen nach § 45b PStG a.F. rückwirkend in das neue, minderwertige System des „Geschlechtseintrags“ herabgestuft werden. Dies kommt einer legislativen "Enteignung" eines bereits erworbenen, verfassungsrechtlich geschützten Status gleich. Der Verfassungsbruch ist damit bereits in der Grundarchitektur des Gesetzes angelegt; die in C II 3 zu analysierenden „Klarstellungen“ des § 6 SBGG sind folgerichtig nur die Symptome und Ausprägungen dieser bereits vollzogenen, fundamentalen Objektivierung.
3. Die Verschleierung des Status-Bruchs durch das Narrativ der "Statusäquivalenz"[^20]
a) Die materielle Falschbehauptung
Die These, es handle sich bei den Regelungen des § 6 SBGG um bloße „Klarstellungen“, ist materiell falsch. Die Normstruktur verlagert den verfassungsrechtlich maßgeblichen Anknüpfungspunkt von der statusgetragenen Identität auf register-, vor-zuordnungs- und funktionsbezogene Kriterien und schränkt den Identitätsschutz damit konstitutiv ein.
aa) Maßgeblichkeit im Rechtsverkehr nach § 6 Abs. 1 SBGG
§ 6 SBGG, welcher als positive Wirkung der Geschlechtseintragsänderung ausschließlich „... sind im Rechtsverkehr maßgeblich ...“ in Abs. 1 anführt, genügt dem verfassungsrechtlichen Maßstab nicht. Diese Reduktion auf „Rechtsverkehr“ verfehlt die von der Verfassung geforderte statusbezogene Anerkennung der geschlechtlichen Identität von Menschen mit transsexuellem Hintergrund. Das Bundesverfassungsgericht hat – mit tragender, über den bloßen Rechtsverkehr hinausreichender Wirkung – entschieden: „Steht bei einem Transsexuellen das eigene Geschlechtsempfinden nachhaltig in Widerspruch zu dem ihm rechtlich nach den äußeren Geschlechtsmerkmalen zugeordneten Geschlecht, gebieten es die Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen Rechnung zu tragen und seine selbstempfundene geschlechtliche Identität rechtlich anzuerkennen, um ihm damit zu ermöglichen, entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden …“ (BVerfG, 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, Rn. 51). Der Rechtsstaat habe demnach nicht nur die geschlechtliche Identität im Sinne des Personenstandsrechts anzuerkennen, sondern auch den Betroffenen zu ermöglichen, im Zielgeschlecht rechtlich unbestört und ohne jegliche Bloßstellung leben zu können. So ist jegliche Einschränkung dieser rechtsstaatlichen Möglichmachung gleichzeitig eine Einschränkung der Menschenwürde der Betroffenen, welche einer verfassungswidrigen Abwägung der Würde (Art. 1 Abs. 1) der Betroffenen mit den Grundrechten Dritter entspräche.
Die nach § 6 Abs. 1. vorgenommene Reduktion der positiven Wirkung der Geschlechtseintragsänderung auf eine bloße Verkehrsmaßgeblichkeit ist eine solche Einschränkung; denn sie trägt diese Bloßstellungsfreiheit nicht; sie bleibt hinter der verfassungsrechtlich geforderten statusbezogenen Anerkennung zurück. Damit tastet diese Maßgeblichkeitseinschränkung nach § 6 Abs. 1 nicht nur den Wesensgehalt des Art. 1 Abs. 1 an (vgl. Art. 19 Abs. 2 GG), sondern sie spaltet jenen der geschlechtlichen Identität zugehörigen Würdeteil ab und degradiert ihn zu einer reinen Rechtgsverkehrswürde (im Widerspruch zum Unteilbarkeitsgebot der Menschenwürde).
So ist die These, dass die verkehrsmaßgebliche personenstandsrechtliche Anerkennung der geschlechtlichen Identität nach § 6 Abs. 1 SBGG tatsächlich dem mit dem APR eng verbundenen „Selbstbestimmungsrecht“ im Sinne des Bundesverfassungsgerichts entspricht (ebenda), materiell falsch.
bb) Hausrecht nach § 6 Abs. 2 SBGG – Dogmatik, Grenzen und verfassungsrechtlicher Bruch
####### (1) Verfassungsrechtlicher Rahmen und Grundstruktur des Hausrechts Das Hausrecht wurzelt in Art. 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) und Art. 14 GG (Eigentum, Sozialbindung): Es verleiht dem Berechtigten Ordnungs- und Ausschlussbefugnisse, ist aber kein schrankenloses Herrschaftsrecht. Eröffnet der Inhaber seine Räume dem öffentlichen Verkehr (Restaurants, Kaufhäuser, Fitnessstudios, Schwimmbäder, Thermen, Saunen, Theater etc.), bleibt das Hausrecht zwar privatrechtlicher Natur, unterliegt aber den Wertungen der Grundrechte (mittelbare Drittwirkung), dem AGG sowie dem Zivilrecht (Treu und Glauben, §§ 242, 241 Abs. 2 BGB; Delikt/Verkehrssicherung, § 823 BGB). Im Nicht-Öffentlichkeitsverkehr (rein private Räume, geschlossene Gruppen) gilt demgegenüber weitgehend Privatautonomie; sobald jedoch faktisch jedermann adressiert wird (Massengeschäft), greifen die Schranken des Gleichbehandlungsrechts wiederum ein.
####### (2) Öffentlich zugängliche Einrichtungen: Gleichbehandlung und zulässige Differenzierungen Außerhalb des Arbeitslebens regeln §§ 19, 20 AGG den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Das AGG wirkt dabei einereits verbotlich (Diskriminierungsverbot nach § 19 AGG) und andererseits präventiv-schützend (§ 20 AGG): Betreiber haben demnach Fürsorge-/Verkehrssicherungspflichten (zusätzlich nach § 823 BGB, § 241 Abs. 2 BGB) zu beachten und geeignete organisatorische Maßnahmen (z. B. getrennte Umkleiden, Aufsicht) zu treffen, wo dies zum Schutz erforderlich ist. § 20 Abs. 1 AGG lässt dabei Ausnahmen hinsichtlich fünf der sieben Benachteiligungsgründe aus § 19 AGG (bzw. der acht Benachteiligungsgründe aus § 1 AGG) zu, wenn jeweils dafür ein sachlicher Grund besteht – klassisch: Vermeidung von Gefahren, Schutz der Intimsphäre oder persönlichen Sicherheit (§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 2) –, und verlangt Verhältnismäßigkeit. Zwei Benachteiligungsgründe nach §§ 1, 19 AGG bzw. deren Ausnahme nach § 20 AGG betreffen das „Geschlecht“ und die „sexuelle Identität“: nach § 19 AGG ist eine Benachteiligung u.a. wegen des „Geschlechts“ und der „sexuellen Identität“ untersagt, nach § 20 AGG ist eine Benachteiligung wegen des „Geschlechts“ und der „sexuellen Identität“ bei Vorliegen eines „sachlichen Grundes“ zulässig. Unter „sexuelle Identität“ fallen hierbei nach dem verbreiteten zivilrechtlichen Kommentarverständnis homosexuelle, bisexuelle, transsexuelle, zwischengeschlechtliche und heterosexuelle Menschen (vgl. BeckOK BGB/Wendtland, AGG § 19 Rn. 44, 75. Ed. 1.8.2025); das „Geschlecht“ hingegen wird nach demselben zivilrechtlichen Kommentarverständnis hierzu überlappend definiert: Männer, Frauen, Transsexualität, Intersexualität, unabhängig vom personstandsrechtlichen Geschlechtseintrag die empfundene Geschlechtsidentität (vgl. BeckOK BGB/Wendtland, AGG § 19 Rn. 38, 75. Ed. 1.8.2025).
Diese im zivilrechtlichen Kommentarverständnis angelegte Doppelverortung von Transsexualität – sowohl als Ausprägung des Merkmals „Geschlecht“ (neben Mann, Frau, intersexuell, nicht-binär) als auch als Teil der „sexuellen Identität“ (neben Homo-, Bi-, Heterosexualität) – ist in verfassungsrechtlicher Hinsicht hochproblematisch und birgt erhebliche Schutzlücken, insbesondere für binär verortete transsexuelle (und auch für binär verortete intersexuelle) Menschen. Erstens führt die Behandlung von „Transsexualität“ als eigenständige Kategorie innerhalb des Merkmals „Geschlecht“ dazu, dass Personen, die sich eindeutig und ausschließlich binär als Frau oder Mann identifizieren (wie beispielsweise die Beschwerdeführerin), dennoch unter dem Label "transsexuell" subsumiert und damit faktisch einem Zwischenstatus ("nicht ganz Frau" oder "nicht ganz Mann") zugewiesen werden. Dies widerspricht ihrem Selbstverständnis ("Ich bin Frau, nicht Transsexuelle") und öffnet über § 20 Abs. 1 Nr. 2 AGG ("Schutz der Intimsphäre") Einfallstore für Ausschlüsse, indem argumentiert wird, die Anwesenheit einer (als "transsexuell" klassifizierten) Person verletze die Sphäre der (vermeintlich) "100%-Frauen". Zweitens suggeriert die zusätzliche Einordnung unter „sexuelle Identität“, dass Transidentität ähnlich wie eine sexuelle Orientierung zu behandeln sei – also als eine Abweichung von einer implizit vorausgesetzten Norm (faktisch Cis-Geschlechtlichkeit). Dies birgt die Gefahr, dass die Transsexualität selbst – als vermeintliche "Störung" dieser Norm – zum „sachlichen Grund“ im Sinne des § 20 AGG umgedeutet wird, der den Ausschluss zur Wahrung der „Intimsphäre“ oder „Sicherheit“ der Normgruppe rechtfertigen soll. Beide Lesarten verfehlen den Kern des verfassungsrechtlichen Schutzes, der auf die Anerkennung der selbstempfundenen, genuinen, geschlechtlichen Identität zielt (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) und diese außerdem unter den strengen Schutz des Art. 3 Abs. 3 S 1 GG („Geschlecht“; vgl. BVerfGE 147, 1 [Rn. 59]) stellt. Sie widersprechen dem Ziel eines bloßstellungsfreien Lebens im anerkannten Geschlecht (vgl. BVerfGE 128, 109 [124]).
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur „Dritten Option“ explizit zwischen der „Geschlechtsidentität“ (der individuellen Zuordnung zu einem Geschlecht, die von der binären Norm abweichen kann) und der „sexuellen Identität“ (im Sinne der sexuellen Orientierung) unterschieden (vgl. BVerfGE 147, 1 [Rn. 62]: „ungeachtet von Bedeutungsunterschieden zwischen Geschlechtsidentität und sexueller Identität“). Gestützt auf diese Entscheidung ordnet die herrschende Meinung in der Verfassungsrechtslehre (vgl. Boysen in v. Münch/Kunig, GG, 8. Aufl. 2025, Art. 3 Rn. 175; Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 3 Rn. 138; Langenfeld in Dürig/Herzog/Scholz, GG, 107. EL März 2025, Art. 3 Abs. 3 Rn. 42; von Achenbach in Dreier, GG, 4. Aufl. 2023, Art. 3 Abs. 2 Rn. 75) transsexuelle und intersexuelle Personen dem Merkmal „Geschlecht“ in Art. 3 Abs. 3 S 1 GG zu. Die sexuelle Orientierung hingegen fällt unter den Schutz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn auch dort mit einer erhöhten Rechtfertigungslast wegen ihrer Nähe zu den Merkmalen des Abs. 3 (Boysen, a.a.O., Rn. 176; von Achenbach, a.a.O., Rn. 89; vgl. BVerfGE 124, 199 [221f.]: „"... unterliegt die Ungleichbehandlung ... einer strengen Prüfung, da sie das personenbezogene Merkmal der sexuellen Orientierung betrifft. ... Da die ... bewirkte Ungleichbehandlung ... eine Anknüpfung an die sexuelle Orientierung beinhaltet, sind erhebliche Unterschiede ... erforderlich, um die konkrete Ungleichbehandlung rechtfertigen zu können.“).
Diese Einordnung unter den höchsten Diskriminierungsschutz der Verfassung (Art. 3 Abs. 3 S 1 GG) ist von fundamentaler Bedeutung. Sie korrespondiert mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die die geschlechtliche Identität als untrennbaren Teil der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) begreift (vgl. BVerfGE 128, 109, [124]). Die Menschenwürde ist jedoch absolut und nicht abwägungsfähig. Daraus folgt zwingend: Wenn die geschlechtliche Identität als Ausfluss der nicht abwägbaren Würde unter dem strikten Anknüpfungsverbot des Art. 3 Abs. 3 S 1 GG steht, kann sie nicht gleichzeitig ein nachrangiger, abwägbarer "sachlicher Grund" im Sinne des § 20 AGG sein. Eine solche Auslegung wäre verfassungswidrig. § 20 AGG muss daher verfassungskonform so interpretiert werden, dass die geschlechtliche Identität einer Person niemals selbst den "sachlichen Grund" für eine Ungleichbehandlung nach § 20 Abs. 1 AGG (insbesondere Nr. 1 „Gefahren“ oder Nr. 2 „Intimsphäre“) darstellen kann. Allenfalls ein davon unabhängiges, konkretes Verhalten der Person könnte eine Rechtfertigung begründen.
Diese verfassungsrechtliche Einordnung entlarvt das politische Narrativ, § 6 Abs. 2 SBGG sei lediglich eine „Klarstellung“ bestehenden Rechts, z.B. in Hinblick auf § 20 AGG, als materielle Falschbehauptung.
Dass es sich hierbei um eine bewusste, legislative Täuschung handelt, belegt der direkte Widerspruch zwischen der offiziellen und der inoffiziellen Begründung des Gesetzgebers.
######## (a) Das offizielle Narrativ (Die Scheindeklaration) Gegenüber der Öffentlichkeit und den Betroffenen wird die Harmlosigkeit der Norm beteuert. Das zuständige Bundesministerium (BMBFSFJ) versicherte in einer Stellungnahme (Anlage B9): „§ 6 Absatz 2 SBGG stellt klar, dass die Vertragsfreiheit, die Ausübung des Hausrechts und autonomes Satzungsrecht von privatrechtlichen sowie öffentlich-rechtlichen juristischen Personen unberührt bleiben." Ferner versicherte das BMBFSFJ auch noch: „Da die Regelung nur klarstellender Natur ist und der Begriff des Geschlechts im Sinne des AGG ohnehin EU-rechtlich determiniert ist, enthält § 6 SBGG auch insoweit keine Änderung im Vergleich zur früheren Rechtslage nach § 10 Abs. 1 TSG.“ – ein pseudodeklaratorische Normenkonglomerat, bei dem die die EU ein vermeintlich unverrückbares Kompetenzbindungsgefüge festlegt.
######## (b) Der inoffizielle Wille (Der konstitutive Akt): Im Gegensatz zum Narrativ in (a) offenbarte der ehemalige Queer-Beauftragte Sven Lehmann (Bündnis 90 / Die Grünen) (ARD Tagesthemen, 23.08.2023) einen nicht deklarativen, sondern konstitutiven Zweck von § 6 Abs. 2 SBGG. Auf die Frage der Moderatorin Caren Miosga, warum das Hausrecht überhaupt im SBGG erwähnt würde, erklärte er, dass es vor allem dem Bundesjustitzminister Marco Buschmann wichtig war, dass Menschen mit transsexuellem Hintergrund im Falle einer diskriminierenden Hausrechtsanwendung nach § 6 Abs. 2 SBGG der Rechtsweg nicht offensteht. Am Abend dieses historischen Tages, an dem die Bundesregierung der Ampelkoalition das SBGG verabschiedete, verlief das Interview nach folgendem Wortlauttranskript[^16]: „... da im Gesetz drin steht, dass im Zweifel eben das Hausrecht gilt, in der Kneipe oder wo auch immer. Das klingt eher nach einem Rück- , als nach einem Fortschritt.“ – Sven Lehmann: „... also erst mal ist dieser Gesetzentwurf, den heute die Bundesregierung beschlossen hat, ein großer Fortschritt, weil eben diese psychiatrischen Zwangsgutachten abgeschafft werden zugunsten von Selbstbestimmung. Was wir grad eben in dem Beitrag gesehen haben, passiert leider manchmal in Deutschland, nämlich dass transgeschlechtliche Menschen diskriminiert werden; ja, es gilt das Hausrecht, aber das Hausrecht darf nicht willkürlich ausgeübt werden, sondern immer nur in Verbindung mit dem Diskriminierungsschutz, das heißt transgeschlechtliche Frauen sind Frauen, und so ist es auch noch mal im Gesetz festgehalten, dass Hausrecht nicht willkürlich ausgeübt werden darf.“ – Caren Miosga: „*Aber warum steht's denn überhaupt drin? Was befürchtet denn der Gesetzgeber, was eine Transfrau in einer Damentoilette oder Sauna anstellen könnte; dass man das so explizit reinschreiben muss ins Gesetz, ist das nicht ein Generalverdacht? – Swen Lehmann: „So wird es teilweise von den Betroffenen gelesen, und ist mir persönlich ganz, ganz wichtig, dass im Gesetz halt eben auch steht, dass halt eben das Hausrecht nicht willkürlich ausgeübt werden darf. Wir hatten intensive Debatten gehabt in der Bundesregierung und da waren auch Kompromisse notwendig und es war vor allem dem Bundesjustizminister wichtig, dort auch sozusagen nochmal deutlich zu machen, dass man sich eh nicht einklagen darf, beispielsweise beim Fitnessstudio oder ähnliches, aber ganz ganz wichtig ist, Hausrecht darf nicht willkürlich ausgeübt werden, und ob man das wohl noch besser im Gesetz formulieren kann und klarer; das wird jetzt die Debatte im Bundestag zeigen; da bin ich gespannt; und ich persönlich kann mir da noch Veränderungen vorstellen.“
######## (c) Dogmatische Konsequenz Die „Klarstellung“ des § 6 Abs. 2 diente somit nach außen der Beruhigung (a), während sie nach innen (Koalition) der gezielten Beseitigung von Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) durch die Verhinderung von Klagen (b) diente. Dies beweist den konstitutiven, grundrechtsverletzenden Charakter der Norm.
######## (d) Konkrete Verfassungswidrigkeitsprüfung von § 6 Abs. 2 SBGG
§ 20 AGG, verfassungskonform ausgelegt, erlaubt nicht den pauschalen Ausschluss oder die Fehlklassifizierung von Menschen mit transsexuellem Hintergrund allein aufgrund ihrer Identität oder ihrer (vermuteten) Körperlichkeit. Die historische Entwicklung seit der ersten grundlegenden Entscheidung des BVerfG zur Transsexualität (BVerfG, 11.10.1978 – 1 BvR 16/72 –, BVerfGE 49, 286), die gerade die geschlechtliche Identität und nicht bloße Orientierung betraf und zum TSG führte, unterstreicht die Notwendigkeit dieser strengen verfassungsrechtlichen Linie.
Selbst wenn man der (skeptischeren) Ansicht folgt, die eine direkte Drittwirkung von Art. 3 Abs. 3 GG auf Private ablehnt (vgl. Langenfeld, a.a.O., Rn. 79 bis 81), bleibt die Schutzpflicht des Staates aus Art. 1 Abs. 1 GG (Würde) unberührt. Der Staat darf nicht nur selbst die Würde nicht verletzen, er muss sie auch vor Angriffen Dritter schützen. Dazu gehört das negative Gebot, keine Rechtsnormen zu schaffen, die es Privaten ermöglichen oder sie gar dazu anleiten, die Würde anderer zu verletzen. § 6 Abs. 2 SBGG tut jedoch genau dies: Er übergibt die Definitionsmacht über die (würdeverbundene) geschlechtliche Identität an private Hausrechtsinhaber und erlaubt ihnen, diese aufgrund körperlicher Merkmale zu negieren – eine Entscheidung, die private Akteure legitimerweise aufgrund von Geschäftsinteressen oder zur Vermeidung von Konflikten (Macht der Mehrheit) treffen mögen, die aber niemals die Verletzung der Würde einer Minderheit rechtfertigen kann. Der Schutz der Würde kann nicht dem privatnützigen Kalkül überlassen werden.
Diese Feststellung bedarf jedoch einer weiteren Differenzierung im Hinblick auf Extremfälle eines offensichtlichen Missbrauchs, wie sie im öffentlichen Diskurs befürchtet werden. Der verfassungsrechtliche Würdeschutz knüpft, wie dargelegt, an die tatsächlich empfundene, ernsthafte geschlechtliche Identität an (vgl. BVerfGE 128, 109 [124]: „selbstempfundene Geschlechtlichkeit“), nicht automatisch und unhinterfragbar an jeden Eintrag, der möglicherweise in missbräuchlicher Absicht erschlichen wurde. Zwar begründet der Eintrag nach SBGG eine starke rechtliche Präsumtion für die Übereinstimmung von Eintrag und Identität, die im Regelfall und insbesondere im allgemeinen Zivilrechtsverkehr bindend ist. Diese Präsumtion kann jedoch in eng definierten Ausnahmefällen, insbesondere im Kontext schwerer Straftaten und konkreter Gefährdungsprognosen (z.B. im Strafvollzug), erschüttert werden, wenn gewichtige, objektivierbare Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Versicherung nach § 2 Abs. 2 SBGG wider besseres Wissen und in rechtsmissbräuchlicher Absicht abgegeben wurde[^23]. In solchen extremen Einzelfällen, in denen hochrangige Rechtsgüter Dritter (wie körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 GG) unmittelbar gefährdet sind, muss es dem Staat (handelnd durch Gerichte) möglich sein, die Frage der Genuinität der Identitätserklärung im Rahmen des jeweils spezifischen Verfahrens (z.B. Vollzugsentscheidung) zu prüfen.
Dies bedeutet keine Rückkehr zur obligatorischen Fremdbegutachtung des TSG, deren Verfassungskonformität für ihren damaligen Zweck das Bundesverfassungsgericht nicht in Frage gestellt hat (vgl. BVerfG, 17.10.2017 – 1 BvR 747/17). Es geht vielmehr darum, den Gerichten in begründeten Verdachtsfällen die verfassungsrechtlich zulässige und im Rechtsstaat übliche Möglichkeit zu eröffnen, auf bewährte Instrumente der Sachverhaltsaufklärung zurückzugreifen. Dazu kann im Einzelfall auch die Einholung eines psychologischen oder psychiatrischen Gutachtens gehören, nicht zur Pathologisierung, sondern als Beweismittel zur Klärung der Frage, ob die nach außen deklarierte Identität auch der inneren Überzeugung entspricht oder ob Anzeichen für eine missbräuchliche Instrumentalisierung des SBGG vorliegen. Solche Gutachten sind in anderen straf- und zivilrechtlichen Kontexten zur Beurteilung psychischer Zustände oder der Glaubhaftigkeit von Angaben etabliert und per se kein Verstoß gegen die Verfassung. Die betroffene Person hätte das Recht, eine Begutachtung zu verweigern, müsste dann aber hinnehmen, dass das Gericht seine Entscheidung auf Basis der sonstigen verfügbaren Indizien trifft.
Die Anerkennung dieser rechtsstaatlichen Kontrollmöglichkeit im extremen Einzelfall ist gerade zum Schutz der überwältigenden Mehrheit der Menschen mit transsexuellem Hintergrund notwendig. Sie verhindert die "negative Solidarität", bei der das Fehlverhalten Einzelner zur pauschalen Abwertung des Status aller führt und als Vorwand für diskriminierende Regelungen wie § 6 Abs. 2 SBGG dient. Indem klargestellt wird, dass der Staat über zielgenaue, verhältnismäßige Instrumente zur Missbrauchsabwehr verfügt, wird deutlich, dass die pauschale Ermächtigung Privater zur Status-Negierung in § 6 Abs. 2 SBGG weder notwendig noch verfassungsgemäß ist. Sie stellt eine grobe, undifferenzierte und die Würde verletzende Reaktion dar, die die Falschen trifft und den verfassungsrechtlichen Schutz der geschlechtlichen Identität untergräbt.
Es ist dabei von entscheidender verfassungsrechtlicher Bedeutung, die Grundlage des vom Bundesverfassungsgericht postulierten Würdeschutzes präzise zu erfassen. Die wegweisenden Entscheidungen, die die geschlechtliche Identität untrennbar mit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) verbunden haben (insb. BVerfGE 49, 286; BVerfGE 128, 109), ergingen im Kontext des Transsexuellengesetzes. Dieses sah Verfahren vor, die auf die Verifizierung der Ernsthaftigkeit, Dauerhaftigkeit und Unumkehrbarkeit der empfundenen Identität abzielten, maßgeblich gestützt auf fachliche Begutachtung (deren Verfassungsmäßigkeit zu diesem diagnostischen Zweck in BVerfG, 1 BvR 747/17 bestätigt wurde). Das Bundesverfassungsgericht betonte stets das „nachhaltig empfundene Geschlecht“ (BVerfGE 128, 109 [124]). Das außerordentliche verfassungsrechtliche Gewicht, das der geschlechtlichen Identität beigemessen wird, basiert somit auf der Prämisse ihrer Genuinität und ihrer fundamentalen Bedeutung als Kernbestandteil der Persönlichkeit.
Daraus folgt eine kritische Differenzierung: Der verfassungsrechtliche Würdeschutz knüpft primär an die genuine geschlechtliche Identität an, nicht automatisch und unhinterfragbar an den bloßen administrativen Akt der Eintragungsänderung nach dem SBGG, insbesondere wenn dieser Akt auf einer möglicherweise falschen Versicherung (§ 2 Abs. 2 SBGG) beruhen könnte. Der Eintrag nach SBGG begründet zwar eine starke rechtliche Präsumtion der Übereinstimmung, kann jedoch einen potenziell nicht-genuinen Anspruch nicht in allen denkbaren Konstellationen gegen jedwede Überprüfung immunisieren, gerade wenn hochrangige Grundrechte Dritter oder wesentliche staatliche Schutzpflichten (wie im Strafvollzug) betroffen sind.
Die Integrität und der Wert des durch das SBGG verliehenen personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag für die überwältigende Mehrheit der Menschen mit transsexuellem Hintergrund erfordern es daher, dass der Rechtsstaat über verfassungskonforme Mechanismen verfügt, um nachgewiesenem oder mit gewichtigen Anhaltspunkten belegtem Missbrauch in eng umgrenzten Ausnahmefällen (insbesondere bei schweren Straftaten und Gefährdungslagen) zu begegnen. Das Ignorieren dieser Realität führt zu der befürchteten "negativen Solidarität" und der Wahrnehmung des Eintrags als minderwertig, was letztlich die Würde derjenigen verletzt, die auf die volle Anerkennung angewiesen sind. Der Staat hat, gerade weil dieser Geschlechtseintrag mit der Würde verbunden ist, auch die Pflicht, den Eintrag selbst vor Entwertung durch Missbrauch zu schützen.
Solche notwendigen Interventionen (wie eine vom Geschlechtseintrag abweichende Unterbringungsentscheidung im Strafvollzug) dürfen jedoch verfassungsrechtlich korrekt eingeordnet werden. Sie dürfen nicht als generelle Abwägung von „Sicherheit“ gegen die Identität von Menschen mit transsexuellem Hintergrund begründet werden, da dies den Eintrag generell entwerten würde. Vielmehr kann eine solch extreme Maßnahme nur als Reaktion auf den im Einzelfall nachgewiesenen oder mit überwältigender Evidenz indizierten Missbrauch des SBGG-Verfahrens selbst gerechtfertigt sein. Der Eingriff zielt dann auf die Nicht-Genuinität des spezifischen Anspruchs, nicht auf die Identität oder das Risikoprofil von Menschen mit transsexuellem Hintergrund im Allgemeinen.
Die Entscheidung des Gesetzgebers im SBGG, auf standardmäßige Gutachten zu verzichten (eine politische Wahl ohne verfassungsrechtliche Relevanz, vgl. BVerfG, 1 BvR 747/17), entbindet nicht von der verfassungsrechtlichen Notwendigkeit, die Würde zu schützen, Rechtssicherheit zu gewährleisten und die Rechte Dritter in Konflikt- oder Missbrauchsfällen zu wahren. Die Methode zur personenstandsrechtlichen Geschlechtseintragsänderung hat sich geändert, die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Schutz und die Handhabung dieses Eintrags bleiben bestehen. Gerade die Anerkennung der (seltenen, aber realen) Missbrauchsmöglichkeit und die Aufzeigung eines möglichen zielgerichteten, verfassungskonformen, justiziellen Mechanismus zu dessen Handhabung (gerichtliche Prüfung im Extremfall, gestützt auf Beweise, ggf. auch Gutachten) demonstriert auf überzeugende Weise hinsichtlich des "Hausrechtsparagraphen" § 6 Abs. 2 SBGG: seine Verfassungswidrigkeit, seine Unnötigkeit und Unverhältnismäßigkeit aufgrund seines pauschalisierenden und rein privaten Mechanismus. Diese Norm ist das falsche Werkzeug, adressiert die falschen Akteure, basiert auf den falschen Kriterien (Körperlichkeit statt Verhalten/Genuinität) und verletzt dabei Grundrechte, anstatt eine rechtsstaatliche Lösung zu bieten.
####### (3) Teilhaberelevanz und Willkürgrenze im Lichte der Zivilrechtsprechung
Allgemein gilt bekanntermaßen: Entscheidungen dürfen nicht gegen gesetzliche Diskriminierungsverbote (§ 19 AGG, eingeschränkt durch die Ausnahmeregelungen nach § 20 AGG), vertragliche Pflichten oder Treu und Glauben verstoßen. Das Hausrecht ist prinzipiell somit gebundenes Recht – kein Freibrief. Dies folgt in dieser prinzipiellen Form auch aus Art. 14 Abs. 2 GG.
Nach der jüngeren höchstrichterlichen Linie jedoch (BGH, Urt. v. 29.05.2020 – V ZR 275/18) bedarf ein Hausverbot im öffentlichen Verkehr eines sachlichen Grundes jedenfalls dann, wenn die Zutrittsverweigerung die gesellschaftliche Teilhabe der betroffenen Person erheblich beeinträchtigt (Verkehrsknotenpunkte, große Einkaufszentren, bedeutsame Freizeiteinrichtungen). Die verfassungsrechtliche Grundlage für die Begründungspflicht beim privatrechtlichen Ausschluss bildet der Beschluss des BVerfG vom 11.4.2018 – 1 BvR 3080/09 –, BVerfGE 148, 267, NJW 2018, 1667. Maßgeblich formuliert das Gericht: „Gleichheitsrechtliche Anforderungen für das Verhältnis zwischen Privaten können sich aus Art. 3 Abs. 1 GG jedoch für spezifische Konstellationen ergeben. Mittelbare Drittwirkung entfaltet Art. 3 Abs. 1 GG etwa dann, wenn einzelne Personen mittels des privatrechtlichen Hausrechts von Veranstaltungen ausgeschlossen werden, die von Privaten aufgrund eigener Entscheidung einem großen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet werden, und wenn der Ausschluss in erheblichem Umfang über die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben entscheidet.“ Ferner führt es weiter in Rn. 41 aus: „Indem ein Privater eine solche Veranstaltung ins Werk setzt, erwächst ihm von Verfassungs wegen auch eine besondere rechtliche Verantwortung. Er darf seine hier aus dem Hausrecht - so wie in anderen Fällen möglicherweise aus einem Monopol oder aus struktureller Überlegenheit - resultierende Entscheidungsmacht nicht dazu nutzen, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem solchen Ereignis auszuschließen. Die verfassungsrechtliche Anerkennung des Eigentums als absolutes Recht und die daraus folgende einseitige Bestimmungsmacht des Hausrechtsinhabers ist hier, anknüpfend an die Sozialbindung des Eigentums (Art. 14 Abs. 2 GG), mit der auch von den Gerichten zu beachtenden Ausstrahlungswirkung des Gleichbehandlungsgebots in Ausgleich zu bringen.“
Bereits Muckel, JA 2018, 553 [556], betont dazu: „Die Grundrechte gelten, wie schon aus Art. 1 III GG folgt, grundsätzlich nicht zwischen Privaten. Die Zivilgerichte müssen aber die Grundrechte beachten, wie ebenfalls aus Art. 1 III GG folgt. Das führt zum Institut der verfassungskonformen Auslegung einfachen Rechts, aber auch zur Ausstrahlungswirkung der Grundrechte im Privatrecht im Wege der mittelbaren Drittwirkung. Davon ist die Schutzpflicht des Staates zu unterscheiden, die für Fälle relevant ist, in denen aus einem grundrechtlichen Schutzauftrag eine konkrete Handlungspflicht des Staates folgen kann. In der verfassungsrechtlichen Diskussion wird das nicht immer hinreichend deutlich unterschieden. Die Entscheidung des BVerfG zum Stadionverbot hat damit keine Mühe. Bemerkenswert ist sie zudem, weil sie entgegen zeitweiliger Unsicherheit zeigt, dass das BVerfG die Kategorie der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte nach wie vor verwendet. Das Gericht hat sie nicht durch den Verweis auf die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte ersetzt, sondern beides miteinander verbunden. Das überzeugt.“ Entsprechend fasst Sachs, JuS 2019, 89, den Kernsatz dogmatisch zusammen: „Mittelbare Drittwirkung kann Art. 3 I GG in spezifischen Konstellationen entfalten, so wenn eine Privatperson ihre Entscheidungsmacht auf Grund ihres Hausrechts dazu nutzt, bestimmte Personen ohne sachlichen Grund von einem zentralen gesellschaftlichen Ereignis auszuschließen, das sie für ein großes Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet hat.“ Diese verfassungsgerichtlich bestätigte Verantwortungsdogmatik bezog das BVerfG auf den Einzelfall und ließ damit keine wertungsfreie Privatautonomie zu. Sachs bemerkt hierzu (ebenda): „In Anwendung dieser Grundsätze betont das BVerfG erneut den weiten Spielraum der Zivilgerichte und erklärt es für allein entscheidend, dass den grundrechtlichen Wertungen im Ergebnis, also unabhängig von dem dogmatischen Weg dorthin, hinreichend Rechnung getragen werde. Das Gericht begnügt sich dann damit, dass Stadionverbote nicht willkürlich festgesetzt werden, sondern auf einem sachlichen Grund beruhen müssen. Ob dieser wenig anspruchsvolle Maßstab des Willkürverbots die Reichweite des Art. 3 I GG in seiner Ausstrahlung auf das Privatrecht abschließend umschreibt oder ob auch hier wie nach der sog. neuen Formel aus besonderen Gründen, etwa des Bezugs auf spezifische Personengruppen oder der Berührung anderer Grundrechtsinteressen, wie hier aus Sicht des Bf. des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, andere Maßstäbe anwendbar sein könnten, ist dem Beschluss nicht zu entnehmen.“.
Der BGH hat dies im Urteil vom 29.5.2020 – V ZR 275/18 (NJW 2020, 3382) – nach Auffassung der herrschenden Lehre dogmatisch reduziert. Er bezieht sich auf den obigen Beschluss BVerfGE 148, 276 und nimmt ein Erfordernis eines „sachlichen Grundes“ nur an, wenn der Ausschluss „in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheidet“. In der Fachbesprechung bei Schrader, JA 2020, 705 [706], heißt es: „Sehr umfangreich (Rn. 13–25) begründet der BGH die Ablehnung einer Einschränkung des Hausrechts, die sich aus der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte ergeben könnte, denn mit der vorliegenden Entscheidung modifiziert der BGH seine Rechtsprechung anlässlich der Grundsatzentscheidung des BVerfG zur mittelbaren Drittwirkung von Art. 3 I GG im Verhältnis zwischen Privaten. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH konnte der Hausrechtsinhaber sein Recht gegenüber einzelnen Personen nur mit einem sachlichen Grund geltend machen, wenn er zuvor ‚die Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr öffnet und dadurch seine Bereitschaft zu erkennen gibt, generell und unter Verzicht auf eine Prüfung im Einzelfall jedem den Zutritt zu gestatten, der sich im Rahmen des üblichen Verhaltens bewegt‘. Das BVerfG hat nunmehr in der Entscheidung zum Stadionverbot klargestellt, dass es weder ein objektives Verfassungsprinzip gebe, ‚wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären‘ noch ergeben sich solche Anforderungen aus den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung. Daher bedarf es dem Vorliegen einer besonderen Konstellation, damit die sonst geltende Privatautonomie eingeschränkt wird. Eine solche Konstellation liegt jedoch nicht bloß darin, dass die Örtlichkeit dem allgemeinen Publikum ohne Ansehen der Person geöffnet wurde. Vielmehr muss die Verweigerung des Zutritts zu der Veranstaltung für den Betroffenen in erheblichem Umfang über dessen Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheiden. Nur wenn ein solcher Fall vorliegt, kann das Hausrecht eingeschränkt sein, weil dem Betreiber einer Einrichtung, die erhebliche Bedeutung für das gesellschaftliche (und kulturelle) Leben hat, eine besondere Verantwortung obliegt, die es ihm verbietet, Einzelne ohne sachlichen Grund von der Nutzung auszuschließen. Dabei kommt es weder allein auf die Sicht des Betreibers noch des einzelnen potentiellen Nutzers an, ob der Zugang zu der Einrichtung Bedeutung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben hat, sondern auf eine objektivierte Sicht, ‚welche Funktion die von ihm [dem Betreiber] willentlich eröffnete und betriebene Einrichtung bei typisierender Betrachtung hat.‘ Nach dem BGH entscheidet der Besuch einer Therme nicht in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, sodass die Erteilung eines Hausverbotes keines sachlichen Grundes bedarf.“ Und Schmidt, JuS 2020, 979 [980], führt ergänzend aus: „Der Senat folgert, dass die Erteilung eines Hausverbots nicht schon dann eines sachlichen Grundes bedarf, wenn der Hausrechtsinhaber die Örtlichkeit für den allgemeinen Publikumsverkehr ohne Ansehen der Person öffnet, sondern nur unter der weiteren Voraussetzung, dass die Verweigerung des Zutritts für die Betroffenen in erheblichem Umfang über die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben entscheidet. In diesem Fall greife die Wirkung von Art. 3 I GG zwischen dem Betreiber einer solchen Einrichtung und deren (potenziellen) Besuchern, Gästen oder Kunden über die in Art. 3 III GG und in den §§ 19 ff. AGG besonders geregelten Diskriminierungsverbote hinaus und stelle die Ausübung des Hausrechts durch den Veranstalter bzw. Betreiber in einen Zusammenhang mit dem Recht des Einzelnen auf Teilhabe am kulturellen Leben. Dies bewertet der Senat unter Berufung auf das BVerfG nicht aus der Perspektive des einzelnen Besuchers, sondern aus objektivierter Sicht desjenigen, der die Einrichtung dem allgemeinen Publikumsverkehr öffnet.“
Die von der herrschenden Lehre (Schrader, Schmidt) hier konstatierte „Modifizierung“ und „dogmatische Reduktion“ der BVerfG-Rechtsprechung (Stadion) durch den BGH (Therme) etabliert eine verfassungsrechtliche Schutzlücke von erheblicher Tragweite. Während das BVerfG (Stadion, Rn. 41) – gestützt auf Art. 14 Abs. 2 GG – noch eine „besondere rechtliche Verantwortung” des Privaten bei Publikumsverkehr betonte (was Muckel, a.a.O., als dogmatisch überzeugende Verbindung von mittelbarer Drittwirkung und Ausstrahlungswirkung lobte), hat der BGH diese Verantwortung durch seine Zwei-Stufen-Prüfung (Publikumsverkehr + „erhebliche Teilhabe“) auf einen engen Ausnahmefall (wie Stadien) verengt. Im Umkehrschluss (argumentum e contrario) hat der BGH (Therme) damit für den gesamten „normalen“ Bereich des Publikumsverkehrs (Thermen, Restaurants, Geschäfte, Saunen, Fitnessstudios etc.) einen grundrechtsfreien Raum geschaffen, in dem nicht einmal das von Sachs (a.a.O.) bereits als „wenig anspruchsvoll“ kritisierte Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG Geltung beansprucht.
Genau in diese Lücke stößt nun § 6 Abs. 2 SBGG. Indem der Gesetzgeber das Hausrecht und die Vertragsfreiheit für „unberührt“ erklärt, verweist er normativ exakt auf diesen Status quo. Er kodifiziert die restriktive, grundrechtsfeindliche BGH-Rechtsprechung (Therme) und erhebt die dort geschaffene Schutzlücke in den Rang eines Bundesgesetzes. Die besondere Brisanz (und der Kern der Verfassungswidrigkeit) dieser Norm liegt jedoch darin, dass sie diese Schutzlücke im spezifischen Anwendungsbereich des SBGG auf den Kernbereich der Persönlichkeit ausweitet. Hier geht es nicht, wie im Therme-Fall, um eine „beliebige“ Ungleichbehandlung, sondern um die geschlechtliche Identität, die das BVerfG in ständiger Rechtsprechung als Ausfluss der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und der Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) unter höchsten Schutz gestellt hat.
Die von Sachs (a.a.O.) bereits 2019 aufgeworfene (und vom BGH ignorierte) Frage, ob der „wenig anspruchsvolle Maßstab” des Art. 3 Abs. 1 GG ausreicht, wenn „andere Grundrechtsinteressen“ wie das „allgemeine Persönlichkeitsrecht“ berührt sind, wird durch § 6 Abs. 2 SBGG nun legislativ verneint. Der Gesetzgeber schafft einen Raum, in dem Private die vom BVerfG geschützte geschlechtliche Identität im „normalen“ gesellschaftlichen Leben willkürlich negieren dürfen. Mehr noch: Die Norm hebelt durch die unbedingte Stärkung des Hausrechts („bleiben ... unberührt“) de facto auch den Schutz des § 19 AGG aus, indem sie dem Hausrechtsinhaber die Definitionsmacht über das geschützte Merkmal („geschlechtliche Identität“) zuspricht und ihm gestattet, diese "frei nach Gutdünken" (und entgegen dem BVerfG) festzulegen.
Dieses tiefe Spannungsverhältnis wirft Fragen von grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung auf. Die Klärung, ob und welche Grenzen grundsätzlich die mittelbare Drittwirkung der APR dem privaten Hausrecht (Art. 14 GG) in jenen, dem Publikumsverkehr geöffneten Bereichen setzt, die nicht der „erheblichen Teilhabe“ (i.S.d. BGH-Rechtsprechung, V ZR 275/18) dienen, ist eine in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch offene Frage. Der vorliegende Einzelfall des besonderen APR-Schutzbedürfnisses der Beschwerdeführerin könnte hier als begrenzender Leitmaßstab dienen; denn gerade dem rechtsstaatlichen Schutz der geschlechtlichen Identität wurde von der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die höchste Priorität eingeräumt, da sie als Ausfluss der „Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit“ (BVerfG, 11.01.2011, – 1 BvR 3295/07 –; vgl. 11.10.1978, – 1 BvR 16/72 –) danach nicht mit anderen Grundrechten abwägbar sein dürfte. Daraus ergibt sich eine weitere verfassungsrechtliche Frage: Wie weit verträgt sich dieses Gebot der Nichtabwägbarkeit der Menschenwürde mit der neuen BGH-Leitliie des "quasi grundrechtsfreien Raumes" in Fällen „nichterheblicher Teilhabe“ (i.S. vom BGH, 29.05.2020, V ZR 275/18)?
Nach Sachs (s.o. JuS 2019, 89) ließ das BVerfG in seiner obigen Entscheidung BVerfGE 148, 267 offen, wie weit die APR und ob sie überhaupt als mittelbare Drittwirkung in die Privatrechtsverhältnisse ausstrahlen darf. Das BVerfG betonte in Rn. 33 hierzu: „Die Reichweite der mittelbaren Grundrechtswirkung hängt dabei von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.“. Im diesem Beschluss zugrunde liegenden Einzelfall geht es um das „Stadionverbot“, wobei statt der vom dortigen Beschwerdeführer beantragten Geltendmachung der APR eine Abwägung seiner Grundrechte nach Art. 3 Abs. 1 vorgenommen wurden (zur Verwunderung von Muckel, JA 2018, 553, welcher hierzu in Fußnote 9 schrieb: „Diese Begründung überrascht, da das BVerfG, wie ausgeführt, nicht das allg. Persönlichkeitsrecht ..., sondern den allg. Gleichheitssatz für den primären Prüfungsmaßstab hält.“).
Die Möglichkeit der fachgerichtlichen Einzelfallentscheidung, welche das BVerfG (s.o., BVerfGE 148, 267) hinsichtlich der Reichweite der mittelbaren Drittwirkung fordert, gilt prinzipiell im Hinblick auf den Gleichheitssatz: „Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich auch nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung kein objektives Verfassungsprinzip entnehmen, wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschließen will.“ Das BVerfG schaffte mit der besonderen Ausnahmebedingung davon (wie z.B. „erhebliche Teilhabe“) „über den Einzelfall hinaus Klarheit über die Rechtslage in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle“ (Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 398; vgl. BVerfGG § 90 Abs. 2 S 2). Eine vergleichbare besondere Ausnahmebedingung könnte auch hinsichtlich der APR als verfassungsrechtliche Leitlinie geschaffen werden, welche die Fachgerichte ebenso in die Pflicht nähme wie BVerfGE 148, 267. Demnach würde die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Privatautonomie und das Hausrecht ihre Grenze in der mittelbaren Drittwirkung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und des Entfaltungsfreiheit der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) in folgender Weise finden: „Ein Ausschluss von dem allgemeinen Publikumsverkehr geöffneten Einrichtungen ist unwirksam, wenn er hinsichtlich körperlicher Merkmale, wozu auch vergangene körperliche Merkmale gehören, an die Zugehörigkeit einer schutzwürdigen Minderheit pauschalisierend anknüpft (‚körperliches Pauschalisierungsverbot’). Ist ein solcher unzulässiger Grund als Motivlage naheliegend, bedarf der Ausschluss zu seiner Wirksamkeit eines substantiierten, prüffähigen sachlichen Grundes, der nicht in den vorgenannten Merkmalen selbst liegen oder diese mittelbar zur Geltung bringen darf.“
Die hier postulierte verfassungsrechtliche Leitlinie des "körperlichen Pauschalisierungsverbots", abgeleitet aus der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Verbindung mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), verbietet es, Menschen allein aufgrund ihrer (aktuellen oder vergangenen) körperlichen Merkmale pauschal auszugrenzen oder ihre Identität in Frage zu stellen. Schutzwürdige Minderheiten dürfen nicht wegen ihrer bloßen Konstitution, die von der Norm abweicht, benachteiligt werden. Entscheidend für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben darf allein das individuelle Verhalten sein, nicht das körperliche Sein.
Genau diesem Gebot läuft § 6 Abs. 2 SBGG diametral zuwider. Die Norm erlaubt es Hausrechtsinhabern implizit, die durch das SBGG rechtlich anerkannte geschlechtliche Identität einer Person zu ignorieren und stattdessen allein aufgrund körperlicher Merkmale – seien es aktuelle oder Relikte einer "vergangenen körperlichen Vergangenheit", bis hin zum Chromosomensatz – eine abweichende Geschlechtszuordnung vorzunehmen. Diese selbst vorgenommene Zuordnung dient dann als Grundlage, um Betroffenen den Zugang zu geschlechtsspezifischen Räumen zu verwehren. § 6 Abs. 2 SBGG pauschalisiert damit exakt jene Gruppe von Menschen, für die das SBGG geschaffen wurde, aufgrund ihrer Körperlichkeit und spricht ihnen das Recht ab, entsprechend ihrer anerkannten Identität am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Die bloße Existenz dieser Norm stellt bereits einen Eingriff in die Würde und das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Sie sendet das verheerende Signal, dass die staatlich anerkannte Geschlechtsidentität unter dem Vorbehalt privater Willkür steht, sobald körperliche Aspekte ins Spiel kommen. Dies ignoriert die besondere Vulnerabilität von Menschen mit transsexuellem Hintergrund. Viele von ihnen nehmen erhebliche gesundheitliche Risiken und Eingriffe in ihre körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) auf sich, gerade um ihre Würde zu wahren und ihre Persönlichkeit entsprechend ihrer tief empfundenen Identität zu leben. Das argumentum e contrario liegt auf der Hand: Wenn Menschen bereit sind, ihre körperliche Integrität aufs Spiel zu setzen, um ihre geschlechtliche Identität auch körperlich auszudrücken, um wieviel mehr wiegt dann der Schutz dieser Identität vor Infragestellung und Diskriminierung aufgrund eben jener Körperlichkeit?
Es geht hier nicht um nachrangige Aspekte der Freizeitgestaltung wie den Besuch eines Fußballstadions (vgl. BVerfGE 148, 267). Es geht um den Kern der menschlichen Existenz und Würde. Die Anerkennung der eigenen geschlechtlichen Identität ist fundamental für das Selbstverständnis und die psychische Integrität. Ein Gesetz, das privaten Dritten erlaubt, diese Anerkennung willkürlich und pauschal aufgrund körperlicher Merkmale zu verweigern, verletzt diesen Kernbereich.
Die Botschaft, die von § 6 Abs. 2 SBGG ausgeht, lautet – analog zur Logik des BGH im Thermen-Urteil (V ZR 275/18) –: "Eure rechtlich anerkannte geschlechtliche Identität endet an den Toren des privaten Hausrechts, wenn Euer Körper nicht der Norm entspricht." Eine solche Botschaft ist mit der Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) unvereinbar. § 6 Abs. 2 SBGG ist daher bereits seinem Inhalt nach verfassungswidrig.
####### (4) § 6 Abs. 2 SBGG ist keine „Klarstellung“, sondern eine neue Re-Klassifikationsgrundlage Dogmatisch brisant ist, dass § 6 Abs. 2 SBGG private Vor-Zuordnungen als einfachgesetzliche Anknüpfung privilegiert – ohne statuswahrende Vorrangnorm, ohne materielle Kriterien und ohne Verfahrensgarantien. Die Norm delegiert damit die maßgebliche Zuordnung (Mann/Frau/weder noch) an den Hausrechtsinhaber: Wer als „Frau“ vor-klassifiziert wird, wird wie eine Frau behandelt; wer als „nicht Frau“ vor-klassifiziert wird, unterfällt sogleich der Ausnahmesystematik des § 20 Abs. 1 AGG (Intimsphäre/Sicherheit) – unabhängig davon, ob die Person statusrechtlich als Frau anzuerkennen wäre. Damit wird die AGG-Ausnahme (Intimsphäre/Sicherheit) vor die Statusprüfung gezogen und faktisch zur Einstiegsnorm umgedeutet. Das ist keine Deklaration eines bestehenden Zustands, sondern eine konstitutive Kompetenzverschiebung: Statusfragen werden von den Fachgerichten (mit Möglichkeiten der Beweisaufnahme/Gutachten) weg in den privaten Bereich verlagert. Die gerichtliche Einzelfallprüfung (inkl. Beweisaufnahme/Gutachten) wird durch eine privat gesetzte Vor-Klasse ersetzt; dies unterläuft Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) und das Bestimmtheits-/Normklarheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein solcher Mechanismus ist weder aus Art. 13 und 14 GG herleitbar (Sozialbindung statt Status-Setzung) noch mit Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaat/Normklarheit/Rechtsschutz) vereinbar.
####### (5) Verfassungsrechtlicher Maßstab: Bloßstellungsfreiheit und Identitätsschutz. Der verfassungsrechtliche Schutz ist status-getragen und reicht über den Rechtsverkehr hinaus. Das Bundesverfassungsgericht verlangt vom Gesetzgeber die Ermöglichung einer bloßstellungsfreien und damit diskriminierungsfreien Lebensführung im empfundenen Geschlecht, einschließlich im Bereich der Intimsphäre; dem daraus sich ergebenden Selbstbestimmungsrecht ist rechtlich vollends Rechnung zu tragen (BVerfG, 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, Rn. 51; vgl. oben C II 3 a aa). Dies entspricht der Forderung nach personenstandsrechtlicher Statusänderung, welche nach dem Bundesverfassungsgericht weder Einschränkungen noch unzumutbare Voraussetzungen mit sich bringen darf: „Die personenstandsrechtliche Anerkennung des empfundenen Geschlechts darf nicht von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die schwere Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit bedingen und mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind, wenn diese nach wissenschaftlichem Kenntnisstand keine notwendige Voraussetzung einer dauerhaften und erkennbaren Änderung der Geschlechtszugehörigkeit sind.“ (BVerfG, ebenda, Rn. 52).
§ 6 Abs. 2 SBGG wirkt gegenläufig: Er ermächtigt zu statusfremden Pauschalzuordnungen, die Bloßstellungsrisiken (z. B. in Intim-/Schutzbereichen) und Diskriminierungsrisiken erzeugen, anstatt praktische Konkordanz herzustellen (Schutzgüter sichern ohne Status-Negation oder Status-Benachteiligung). Die pauschalen Ausschlusskriterien für gesonderte geschlechtsspezifische Bereiche (Umkleiden, Toiletten, Frauenhäuser) können nach § 6 Abs. 2 auch wieder an körperlichen Voraussetzungen gebunden sind, welche „schwere Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit bedingen und mit gesundheitlichen Risiken verbunden sind“, die das Bundesverfassungsgericht vonseiten des Gesetzgebers für unzulässig erklärte (siehe BVerfG, ebenda). Nun hat der Gesetzgeber zwar nach §§ 1 bis 5 SBGG derartige Voraussetzungen für die Änderung des Geschlechtseintrages zwar nicht mehr selbst vorgeschrieben, jedoch kraft § 6 Abs. 2 SBGG dem Hausrechtsinhaber dieses Recht übertragen, derartige körperlich-medizinische Voraussetzungen für die Gewährung des Zutritts zu geschlechtsspezifischen Räumen eigenmächtig festzusetzen (vgl. BVerfG, ebenda), so dass er nach § 20 Abs. 1 AGG das Nichterfüllen seiner willkürlich gesetzten körperlichen Zugangskriterien als „sachlichen Grund“ zum Ausschluss geltend machen kann. Ungeachtet dieser auch unmittelbar gegen Art. 20 Abs. 2 GG verstoßenden Kompetenzabtretung staatlicher Fürsorgepflichten an den Hausrechtsinhaber können daraus wiederum für die Betroffenen mittelbar gesundheitliche Nachteile folgen – ebenso den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 verletzend (vgl. hierzu E II 2 zum persönlichen Fall der Beschwerdeführerin).
####### (6) „Diskriminierung erster und zweiter Art“ – warum das AGG nicht trägt, was § 6 Abs. 2 aus ihm macht
Zur Klarstellung werden im Folgenden zwei Konstellationen unterschieden: „Diskriminierung erster Art“ meint eine Benachteiligung wegen der Transsexualität als solcher (z. B. „weil du transsexuell bist“). „Diskriminierung zweiter Art“ bezeichnet die Benachteiligung aufgrund der Nichtanerkennung des geschlechtlichen Status – die Person wird fehlklassifiziert („das ist ein Mann“) und deshalb aus Frauenräumen ausgeschlossen.
§ 19 AGG schützt zum einen vor Benachteiligung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Merkmals – hierunter fällt Transsexualität ausdrücklich (vgl. BeckOK/Wendtland, AGG § 19 Rn. 44), d.h. § 19 AGG schützt typischerweise vor Diskriminierung erster Art. Zum anderen kennt das AGG zulässige Differenzierungen nach § 20 Abs. 1, etwa zum Schutz der Intimsphäre: zulässige unterschiedliche Behandlung kommt nur bei sachlichen Gründen in Betracht. So gilt es als „sachlicher Grund“, typischerweise Männer aus Frauenschutzräumen auszuschließen. Transsexualität als solche ist kein sachlicher Grund[^22]. § 6 Abs. 2 verschiebt diese zweite Ebene nach vorn: Nicht mehr ein gerichtlich kontrollierbarer Einzelfallnachweis (Intimsphäre/Sicherheit) entscheidet über einen „sachlichen Grund“, sondern eine private Vor-Klasse, die den geschlechtlichen Status de facto willkürlich neu setzt und damit erst die AGG-Ausnahme eröffnet.
Gerade darin liegt die „zweite Art“ der Diskriminierung: Nicht die Transsexualität an sich wird zum Vorwand, sondern die falsch zugeschriebene Geschlechtskategorie – die weibliche TS-Betroffene z.B. wird als „nicht Frau“ vor-klassifiziert und deshalb ausgeschlossen. So wird aus der Ausnahmeprüfung eine Einstiegsnorm über eine erneute geschlechtliche Zuweisung: nach § 6 Abs. 2 ausdrücklich ”unberührt“ vom personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrag. Auch körperliche Relikte einer transsexuellen Vergangenheit rechtfertigen für sich genommen keine unterschiedliche Behandlung; eine daran anknüpfende Zurückweisung würde die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Bloßstellungsfreiheit verletzen (BVerfG, 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07, Rn. 51).
Die vorverlagerte Privatklassifikation setzt den Ausschluss vor jeder fachgerichtlichen Status-Vorrangprüfung – das ist der verfassungsrechtliche Bruch des § 6 Abs. 2 SBGG. Gerade dadurch entsteht die strukturelle Kompetenzüberschreitung.
§ 6 Abs. 2 SBGG hingegen gestattet Pauschalisierungen, die diese Prüfungverpflichtung ausschließen, und steht damit im Widerspruch zu diesem Maßstab: Er eröffnet den Ausschluss bereits aufgrund vorverlagerter Klassifikationen, die automatisch das Ergebnis der Normprüfung vorwegnehmen. Die Fachgerichte stehen dann im Dilemma, ihrer eigentlichen Aufgabe der sachgerechten Einzelfallprüfung als Auslegungsmaßstab nicht mehr gerecht werden zu können, stattdessen die Vertragsfreiheit des Hausrechtsinhabers aus seinen aus Art. 2 Abs. 1, sowie 13 und 14 GG sich ergebenden Grundrechten bzw. §§ 903 S 1, 1004 Abs. 1 und 258 bis 263 BGB überzupriorisieren, da es sowohl dem Wortlaut und dem Gesetzgebungswillen hinter § 6 Abs. 2 entspricht. § 6 Abs. 2 SBGG verändert damit die notwendige Auslegungssystematik des § 20 AGG doppelt: Er subjektiviert die Ausnahme zur Einstiegsnorm und objektiviert zugleich die Betroffenen, indem er aus einer verfassungsrechtlich geschützten Eigenschaft (der geschlechtlichen Identität) eine administrative Zuordnungskategorie ableitet, die unabhängig der personenstandsrechtlichen Eintragung rein privatrechtlich vorbestimmt werden darf; diese Vorgehensweise ist einer gerichtlichen Überprüfung wegen des hohen Stellungswertes der Hausrechts- und Vertragsfreiheit regelmäßig entzogen.
####### (7) Folge für die verfassungskonforme Anwendung des AGG Nur wenn § 6 Abs. 2 SBGG nicht zur Anwendung kommt (Nichtigkeit/Unwirksamkeit), können Fachgerichte §§ 19 und 20 AGG verfassungskonform handhaben: Menschen mit transsexuellem Hintergrund, die personenstandsrechtlich als Frauen anzuerkennen sind, sind primär als Frauen zu behandeln; körperliche Relikte der Vergangenheit dürfen nicht zur Bloßstellung oder pauschalen Ausschlüssen führen (vgl. BVerfG, 1 BvR 3295/07, Rn. 51). Schutzkonflikte (Intimsphäre/Sicherheit) sind einzelfallbezogen zu lösen – mit engen, verhältnismäßigen Kriterien und gerichtlicher Kontrolle, nicht über pauschale Status-Negation. Gerade deshalb kann eine verfassungskonforme Anwendung des AGG hier nicht vorausgesetzt werden: Solange § 6 Abs. 2 SBGG die Vor-Zuordnung privatisiert, fehlt der Statusvorrang als rechtliche Leitplanke; die Klärung ist verfassungsrechtlich zu leisten.
####### (8) Ergebnis Die Behauptung, § 6 Abs. 2 SBGG „kläre“ lediglich das schon immer bestehende Hausrecht, ist materiell falsch. Die Norm verlagert die maßgebliche Zuordnungsentscheidung vom Gericht zum Privaten, ohne statuswahrende Schranken; sie setzt den Einstieg in die Ausnahme nach § 20 AGG vor die Statusprüfung. Damit ist sie konstitutiv und führt zu einer statusrelativierenden Praxis, die mit Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 und 2 GG und Art. 20 Abs. 3 GG unvereinbar ist.
cc) Sportwettkämpfe nach § 6 Abs. 3 SBGG
§ 6 Abs. 3 SBGG (Sport) ermächtigt zu pauschalen Ausgrenzungen. Die Vorschrift ermöglicht Verbandsregelungen, die Menschen mit transsexuellem Hintergrund pauschal ausschließen oder benachteiligen. Eine solche generelle Ermächtigung ist statusfremd und verletzt die unteilbare Menschenwürde sowie die Gleichheitssätze, wenn sie ohne ein status- und funktionsbezogenes, einzelfalloffenes Kriteriensystem zur Anwendung kommt. Der verfassungsrechtlich gebotene Weg ist Einzelfallgerechtigkeit nach objektivierbaren, sportartspezifischen Leistungs-/Sicherheitskriterien – nicht die Status-Negation durch pauschale Ausschlüsse. Eine These, die § 6 Abs. 3 als „deklarativ“ behauptet in dem Sinne, dass eine bereits vorherrschende Auslegungspraxis pauschale Statusnegationen ermöglichen würde, unterstellte, ist materiell falsch.
dd) Medizinische Leistungen und Behandlungen nach § 6 Abs. 4 SBGG
§ 6 Abs. 4 SBGG (Gesundheit) ist keine deklaratorische „Sicherheitsklausel“, sondern eine Imperativnorm mit Status-Entleerung. Medizinische Sicherheit folgt bereits aus dem einfachgesetzlichen Sorgfalts- und Facharztstandard; sie bedarf keiner registerneutralen Imperativvorgabe („bei allen … kommt es nicht an …“). Die Vorschrift koppelt Indikation und Zuweisung generell vom status- und funktionsbezogenen Bedarf ab und reduziert sie auf organische Zuschreibungen – und widerspricht damit dem verfassungsrechtlichen Statusgedanken. Als Imperativnorm schränkt sie zusätzlich die ärztliche Berufsfreiheit ein (Art. 12 Abs. 1 GG; vgl. F VI), woraus mittelbar auch Art. 2 Abs. 2 berührende gesundheitliche Folgen entstehen können. So ist die Behauptung, dass § 6 Abs. 4 SBGG nur eine „reine Klarstellung“ der nach „herrschender Rechtsauffassung“ ohnehin üblichen Auslegungspraxis der Fachgerichte darstelle, eine materielle Falschaussage. Sie verkennt, inwieweit die zuständigen Fachgerichte durch § 6 Abs. 4 in ihrer individuellen Auslegungspraxis hinsichtlich Einzelfallbewertung erhelich einschränkt werden.
ee) Weiterverwendung identitätswidersprechender Daten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 und 4 SBGG
§ 13 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 und 4 SBGG normieren die Historisierung und Weiterverarbeitung alter Einträge. Die Verfestigung früherer Registerangaben und deren weiterer verwaltungsrechtlicher Nutzung führt zu Bloßstellungs- und Diskriminierungsrisiken und Dauermarkierungen im Rechtsverkehr; sie ist mit der vom BVerfG geforderten Bloßstellungsfreiheit hinsichtlich der vergangenen Geschlechtszugehörigkeit (BVerfG, ebenda, Rn. 51) unvereinbar. Ein vermeintlicher "Identitätsschutz", der nur über fortwährende Offenbarung oder Historisierung erreichbar ist, kehrt den Schutzauftrag der Verfassung um, da die Weiterverarbeitung historischer Geschlechtszugehörigkeitsdaten nach § 13 SBGG, welche der empfundenen geschlechtlichen Identität widersprechen, diese gleichzeitig infragestellen. So wird bei den TS-Betroffenen die mit ihrer geschlechtlichen Identität eng verbundene Menschenwürde in ihrer Unantastbarkeit verletzt (vgl. Art. 1 Abs. 1; vergl. BVerfG, ebenda), und zwar flächendeckend, da die von § 13 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 und 4 SBGG ermächtigten Verwaltungsmaßnahmen flächendeckend durchgeführt werden können. Die Behauptung, dass die durch § 13 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 und 4 SBGG ermächtigte Weiterverarbeitungsbefugnis von der empfundenen geschlechtlichen Identität widersprechenden und bloßstellenden Daten auf einer üblichen Verwaltungspraxis beruhten, verkennt die in die Menschenwürde eingreifende Tragweite dieses Eingriffs. § 13 Abs. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 und 4 befugt nicht eine allgemeine Datenverarbeitungsmaßnahme, welche gleichermaßen die Masse aller Bürger betreffen würde.
Die von Seiten der Gesetzesbegründung und Verwaltung ins Feld geführte Behauptung, die allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen – insbesondere die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – würden bereits ausreichende Schutzmechanismen bieten, ist inhaltlich nicht tragfähig und damit ebenso materiell falsch. Zwar stellt die DSGVO einen allgemeinen Rechtsrahmen zum Schutz personenbezogener Daten dar, doch regelt sie allein den Umgang mit Daten als Information, nicht aber den spezifischen Schutz vor sozialer Diskriminierung aufgrund der Bedeutungsqualität dieser Daten. Der unionsrechtlich gewährleistete Datenschutz ist damit rein formaler Natur und kann den aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG folgenden Schutzauftrag, der die Wahrung der geschlechtlichen Identität und die Freiheit vor Bloßstellung umfasst, nicht erfüllen (BVerfG, ebenda). Gleiches gilt für andere allgemeine Datenschutzbestimmungen, soweit sie für die Betroffenen keine materiellen Schutzwirkungen gegenüber den Teil ihrer Vergangenheit auüben, welcher ihrer empfundenen geschlechtlichen Identität widerspricht.
ff) Ergebnis
Die Bezeichnung als „bloße Klarstellung“ ist materiell widerlegt. § 6 Abs. 1–4 SBGG (einschließlich Abs. 3 im Sport) und § 13 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3, Abs. 4 SBGG schaffen eine neue, den statusgetragenen Identitätsschutz konstitutiv entwertende Rechtslage; sie stehen damit im Widerspruch zu Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 und 2 GG und Art. 20 Abs. 3 GG.
b) Die methodische Falschbehauptung
Die Behauptung der „Statusäquivalenz“[^27] beruht nicht auf einer dogmatischen Analyse, sondern auf einer methodischen Fehlkonstruktion: Sie verwechselt formale Gleichstellung mit materieller Gleichwertigkeit (Art. 3 Abs. 1 und 2 GG als Maßstab der tatsächlichen Gleichstellung). Ein Beispiel hierzu ist § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG: „Die §§ 6 bis 13 gelten ... für Änderungen ... auf Grund ... des Transsexuellengesetzes ...“. So wird suggeriert, dass die Möglichkeit, einen Eintrag zu ändern, gleichbedeutend sei mit der Anerkennung eines verfassungsrechtlichen Status. Sie verschleiert den fundamentalen Unterschied zwischen dem gerichtlich zuerkannten Status nach dem TSG („Es wird festgestellt, dass der Antragsteller ... als dem weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist“ – Anlage B1) und dem verwaltungsrechtlichen Eintrag nach dem SBGG. Der durch das TSG [...] kodifizierte, unteilbare, personenrechtliche Status (kraft § 10 Abs. 1 TSG[^21], gleichermaßen kraft des zugehörigen Gerichtsbeschlusses) ist dem in C II 3 a dargelegten objektivierten Verkehrs-Attribut (§ 6 SBGG) materiell nicht gleichwertig. So gründet der statusrechtliche Identitätsbezug in Art. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG und steht nicht in der Disposition einfacher Registerverfahren; demgegenüber bleibt der Registereintrag an formale Erklärungs- und Nachweispflichten, ggf. Gebühren sowie privatrechtliche Vorentscheidungen (vgl. C II 3 a zum materiellen Hausrecht) gebunden – er ist damit nicht gleichwertig, sondern strukturell andersartig.
Die Methode der „Statusäquivalenz“ ignoriert die qualitative Differenz zwischen Subjekt und Objekt des Rechts: Sie behandelt die geschlechtliche Identität nicht als Ausfluss der Menschenwürde, sondern als verwaltbares Merkmal, das durch Verfahrenslogik reguliert wird. Dies folgt der legislativen Methode, eine materielle Rechtsänderung (die Degradierung des Status) als bloße Kontinuität zu tarnen: der Behauptung, das neue Gesetz ändere nichts Wesentliches gegenüber dem Vorgängergesetz. Damit wird die Dogmatik des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (APR) umgangen – nicht durch offene Aufhebung, sondern durch methodische Umdeutung – und unterläuft das Bestimmtheits- und Normklarheitsgebot des Art. 20 Abs. 3 GG.
Diese methodische Falschbehauptung dient dazu, den Eindruck zu erwecken, der Schutz sei gewährleistet – während er faktisch an verfahrensbezogene Lasten (Offenbarungszwang, Historisierung, Zugangsschwellen) geknüpft wird, die den Kern des APR untergraben. Die Methode wird so zum Instrument der APR-Externalisierung: Der Schutz wird nicht mehr aus der Verfassung abgeleitet, sondern aus der Verwaltung – ohne statuswahrende Schranken. Zur dogmatischen Einordnung der APR-Externalisierung vgl. C III.
III. Normenklarheit, Normenwahrheit und die Gefahr der APR-Externalisierung (Art. 20 Abs. 3 GG)
1. Bindung an Grundrechte (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 3 GG)
Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet die vollziehende Gewalt zur Bindung an Recht und Gesetz – und damit an die verfassungsrechtliche Ordnung als Ganzes. Diese Bindung ist nicht formal, sondern materiell: Sie verlangt, dass Gesetze nicht nur formell existieren, sondern inhaltlich mit der Verfassung, insbesondere mit den Grundrechten, vereinbar sind. Der Schutz des Einzelnen ist dabei Subjektschutz, kein Verwaltungsdispositiv, das durch Verfahrenslogik oder Registerführung ersetzt werden darf. Dies gilt insbesondere für die geschlechtliche Identität, die als untrennbarer Bestandteil der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) nicht zur veränderbaren Verwaltungsgröße degradiert werden darf.
Die besondere Gefahr liegt heute in der pseudodeklarativen Normierung ("Normerschleichung", vgl. C I), bei der unter dem Deckmantel einer „Klarstellung“ oder „Modernisierung“ ein undurchschaubares Normenkonglomerat behauptet wird, das den Anschein von Rechtssicherheit erweckt, tatsächlich aber die Grundrechtsbindung – insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht – untergräbt. Dieses Vorgehen ersetzt die statusgetragene Subjektzentrierung durch eine objektivierte Rechtsverkehrsdeklaration, bei der der Mensch nicht mehr Träger, sondern Gegenstand der Regelung wird. So folgt es der Logik eines trojanischen Pferdes: Die Öffentlichkeit wird mit einer scheinbar harmlosen Zielnorm konfrontiert – etwa der "Verbesserung des Datenschutzes" oder "Stärkung der Persönlichkeitsrechte" –, während im Inneren unbemerkt ein komplexes System von Öffnungsklauseln, Verweisungskaskaden und Ermessensspielräumen installiert wird, das den Schutz faktisch entleert. Pauschale Register, die auf historisierten oder körperlichen Merkmalen basieren – etwa eine Liste transgeschlechtlicher Personen für Strafverfolgungsbehörden – zerstören die Subjektivität und objektivieren die Menschenwürde durch Gruppenzuordnung.
Die pseudodeklarative Zielnorm unterläuft dabei fast beiläufig die demokratische Legitimation, da sie die eigentliche Regelungswirkung verschleiert und die parlamentarische Kontrolle sowie die gerichtliche Überprüfung erschwert. Fachgerichte trauen sich oft nicht, angesichts der juristischen Komplexität und des politischen Narrativs der „Klarstellung“, die verfassungswidrige Struktur zu hinterfragen – nicht zuletzt, weil der Aufwand zur Enttarnung des Normenkonglomerats als unverhältnismäßig erscheint. So entsteht ein systematischer Defekt im Rechtsstaat: Die Verfassungskontrolle wird nicht durch offene Widersprüche, sondern durch normative Erschleichung umgangen.
Die langfristige Gefahr besteht darin, dass eine solche Struktur, einmal etabliert, reproduktiv wirkt: Sie dient als Vorbild für weitere Regelungen, die auf dieselbe Weise der Verfassungskontrolle entfliehen. Gerade Minderheiten, deren Identität von der Mehrheit als ‚selbstverständlich‘ hingenommen wird, sind in einer repräsentativen Demokratie besonders schutzbedürftig, da ihre zahlenmäßige Unterlegenheit politische Durchsetzung erschwert – und der Rechtsstaat daher die unveräußerlichen Grundrechte besonders rigoros wahren muss. Damit wird nicht nur ein einzelner Normkomplex verfassungswidrig, sondern das demokratische Rechtsprinzip in seiner Substanz ausgehöhlt – nicht durch offene Aufhebung, sondern durch systematische Vernebelung der Rechtslage. Die Bindung an Recht und Gesetz wird so zur Farce, wenn das "Recht" selbst als undurchsichtiges, widersprüchliches und faktisch unwirksames Konstrukt vorliegt.
Daher muss die Rechtsprechung, der Rechtsstaat und insbesondere deren Kontrolle sensibel für diese Form der APR-Externalisierung sein: Wenn der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur deklarativ ausgerufen, aber durch verfahrens- oder kostenabhängige Hürden faktisch verweigert wird, ist nicht nur die Normenklarheit verletzt, sondern die Substanz des Rechtsstaatsprinzips. Dies führt zur Verrechtlichung des Menschen als bloße Registererscheinung, deren Rechtsstellung nicht aus der Würde, sondern aus administrativen Einträgen abgeleitet wird. Die Verfassung verlangt keine bloße Scheinkonstruktion des Schutzes, sondern dessen wirkliche, durchsetzbare Geltung – andernfalls wird der Rechtsstaat zum Verwalter von Ausnahmen, nicht zum Garant von Freiheit und Würde.
2. Normenklarheit/Normenwahrheit:
Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet den Gesetzgeber, Rechtsnormen so zu formulieren, dass sie für den Einzelnen erkennbar, vorhersehbar und verhaltensleitend sind. Dieses Gebot der Normenklarheit ist eine Geltungsvoraussetzung staatlicher Regelungen und dient der Rechtssicherheit, der Bindung der Verwaltung und der effektiven gerichtlichen Kontrolle. Je intensiver ein Grundrecht betroffen ist, desto höher sind die Anforderungen an die Klarheit der Norm.
Über die bloße Formulierung hinaus verlangt das Rechtsstaatsprinzip jedoch auch Normenwahrheit: Die Norm darf nicht nur den Anschein von Schutz erwecken, ohne diesen tatsächlich zu gewährleisten. Dies ist insbesondere dann verfassungswidrig, wenn pseudodeklarative Schutzformeln – etwa allgemeine Erklärungen zum Persönlichkeitsschutz – mit weiten Öffnungsklauseln verknüpft sind, die den Schutz wieder aufheben. Eine solche Regelung suggeriert Rechtssicherheit, untergräbt sie aber faktisch, da der Einzelne nicht erkennen kann, in welchen Fällen der Schutz tatsächlich greift. So erzeugen solche pseudodeklarativen Regelungen nicht nur systemische Offenbarung, sondern auch systemische Diskriminierung – etwa durch Historisierung von Daten, die zu Dauermarkierungen im Rechtsverkehr führen. Die Historisierung persönlicher Daten – etwa des früheren Geschlechtseintrags – entzieht dem Subjekt die Kontrolle über seine Identität und verfestigt Diskriminierung durch administrative Spuren, die über die bloße Information hinausgehen. Betroffen sind dabei nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht, sondern auch die Gleichheitsgarantie (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG), insbesondere wenn geschlechtsbezogene Merkmale zur Rechtfertigung von Ausschlüssen herangezogen werden.
Ein solches Vorgehen unterläuft die Transparenz und den Vertrauensschutz, die dem Rechtsstaatsprinzip zugrunde liegen. Durch Öffnungsklauseln, Verweisungskaskaden und unbestimmte Ermessensspielräume wird der Schutz faktisch entzogen, während er formal aufrechterhalten bleibt – eine Mechanisierung der Menschenzuordnung, die der Rechtsstaat nicht dulden darf. Die Norm darf nicht Schutz behaupten und zugleich durch unbestimmte Rechtsbegriffe oder Ermessensspielräume die Nichtgeltung des Schutzes breit anordnen. Wo der Gesetzgeber den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (APR) ausruft, muss er auch dafür sorgen, dass dieser Schutz konkret, verlässlich und durchsetzbar ist – andernfalls wird die Norm zu einem leeren Versprechen, das die Rechtsordnung selbst beschädigt.
Diese Verletzung der Normenwahrheit steht in engem Zusammenhang mit der Gefahr der APR-Externalisierung, die in den folgenden Punkten dargestellt wird: Wenn der Schutz nur deklarativ ausgerufen, aber durch verfahrens- oder kostenabhängige Hürden beschränkt wird, wird der Kern des APR ausgehöhlt – nicht durch offene Aufhebung, sondern durch systematische Unterminierung der Rechtssicherheit. Damit wird der Rechtsstaat nicht mehr als Garant des Schutzes, sondern zum Verwalter von Ausnahmen, was gegen die verfassungsrechtliche Bindung an Recht und Gesetz verstößt.
3. Wesensgehaltsgarantie/Objektformel (Art. 19 Abs. 2; Art. 1 Abs. 1 GG)
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) als Ausfluss der Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG) schützt den autonomen Bereich privater Lebensgestaltung und die Entwicklung individueller Identität. Sein unveräußerlicher Kern – die Kern-Identität des Menschen – ist durch die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG vor jeglicher Beeinträchtigung geschützt: „In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.“ Dieser Schutz verbietet es, den Menschen zum bloßen Objekt staatlicher Verfahren zu machen.
Die Objektivierung des Menschen als „Datensatz“ tritt ein, wenn der Schutz des APR nicht mehr aus der unverfüglichen Würde des Subjekts folgt, sondern an verfahrensrechtliche Hürden oder Kosten geknüpft wird. Gerade die geschlechtliche Identität, als Kern der persönlichen Identität, unterliegt nicht der Verfahrens- oder Kostenabhängigkeit staatlicher Registerführung, sondern ist durch die Wesensgehaltsgarantie vor jeder Relativierung geschützt. Werden etwa die Ausübung oder Geltendmachung grundrechtlicher Schutzansprüche – beispielsweise im Zugang zu Registern oder bei der Korrektur personenbezogener Daten – von formellen Anforderungen oder finanziellen Aufwendungen abhängig gemacht, wird der Wesensgehalt des APR relativiert. Damit wird der Mensch nicht länger als Träger unantastbarer Würde, sondern als verwaltbares Objekt behandelt, was den verfassungsrechtlichen Subjektstatus untergräbt. Diese Objektivierung dient dabei nicht dem Schutz des Subjekts, sondern der Vereinfachung staatlicher Aufgaben – der Mensch wird zur Daten-Ressource für Verwaltungsprozesse.
Ein solches Vorgehen verstößt gegen die verfassungsrechtliche Bindung der vollziehenden Gewalt an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), da es den Schutz nicht mehr als unmittelbare Folge der Grundrechtsbindung, sondern als verhandelbares Einzelfalldispositiv konstruiert. Die Wesensgehaltsgarantie verlangt dagegen, dass der Kern des APR – die sich frei entfaltende Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 i.V.m 2 Abs. 1 GG) – jeder Abwägung entzogen und stets unabhängig von Verfahrensmodalitäten und ökonomischen Erwägungen gewährleistet bleibt.
4. Übertragungsgefahr der APR-Objektivierung
Das beschriebene Paradigma – die Verschiebung des Schutzes in die Registerlogik – untergräbt den verfassungsrechtlichen Subjektschutz (Art. 1 Abs. 3 GG), da der Mensch nicht länger als Träger unveräußerlicher Würde, sondern als verfahrensabhängiger "Datensatz" behandelt wird. Diese Objektivierung des Menschen birgt die Gefahr, dass sie sich auf weitere Schutzdimensionen des APR überträgt, etwa auf den Schutz biographischer Daten, sensibler Kontexte oder die Verwendung von Namen und Status. So wird etwa die geschlechtliche Identität nicht länger als Status der Person, sondern als variabler Registereintrag behandelt – ein Paradigma, das sich auf andere Aspekte wie Namen oder Biographiedaten übertragen lässt. Wird dieser Schutz jedoch nur noch im Rahmen formeller Verfahren oder gegen Entgelt gewährt, entstehen strukturelle Outing- und Diskriminierungs-Risiken, da Betroffene gezwungen sind, Schutz aktiv geltend zu machen. Ohne ausreichend gesetzlich geregelte Subjektivitätsspielräume, die jegliche Merkmalstragung – körperlich oder geistig – zur Gruppenzuordnung ausschlössen, lässt sich nicht verhindern, dass Menschen zu Rechtstatbeständen für Obersätze materialisieren. So führt es zu einem Wandel des Rechtsstaats vom präventiven Schutz hin zum reaktiven Ausnahme-Management, was gegen die verfassungsrechtliche Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) verstößt. Ein rechtsstaatlich tragfähiges System hingegen könnte jedoch nur dann bestehen, wenn es auf dem folgenden Grundsatz beruhte: Schutz vor Offenbarung – nicht Schutz durch Offenbarung.
5. Die Normalisierung der Normerschleichung als systemische Gefahr: Entropische Grundrechtsdiffusion[^18]
Die besondere Gefahr liegt nicht in offenem Unrecht, sondern in der entropischen Erosion des Rechtsstaats: einer schrittweisen, oft beiläufigen Auflösung der Rechtsordnung, die nicht durch vorsätzliche Zerstörung, sondern durch die Normalisierung pseudodeklarativer Verfahren erfolgt. So wie die Entropie im Universum unaufhaltsam zunimmt, ohne dass ein einzelner Prozess dafür verantwortlich ist, so diffundiert auch der Grundrechtsschutz – nicht durch offene Aufhebung, sondern durch ein Geflecht struktureller Unschärfe. Die Mechanismen, welche die Substanz der Grundrechte schleichend untergraben, sind: – die Verschiebung des Schutzes in die Registerlogik, – die Proliferation von Öffnungsklauseln, die den Schutz formal garantieren, faktisch aber suspendieren, – die Verweisungskaskaden, die die Rechtsanwendung unüberschaubar machen, – die Ermessensspielräume, die die Rechtssicherheit untergraben, – die Historisierung von Daten, die zu Dauermarkierungen führen, – die Pauschalisierung von Gruppenzuordnungen, die die Subjektivität zerstören, – und die Verrechtlichung des Menschen als bloße Registererscheinung, deren Rechtsstellung nicht aus der Würde, sondern aus administrativen Einträgen abgeleitet wird.
Der Rechtsstaat ist nicht mehr bedroht durch den Brandstifter – sondern durch den langsamen Wärmetod: eine schleichende Entropie, in der die Ordnung nicht mehr zusammenhält, weil die Klarheit, die Transparenz, die Subjektzentrierung verloren gehen – nicht durch Absicht, sondern durch Gleichgültigkeit.
Der Rechtsstaat ist kein Selbstläufer – er ist ein lebendiges System, das von der ständigen Energie seiner Bürger lebt. Wie ein Ameisenhaufen oder ein Bienenstock entsteht Ordnung nicht durch Zufall, sondern durch das koordinierte Wirken vieler. Die Quelle dieser Energie ist die Ehrfurcht vor der Menschenwürde[^19] – nicht als abstrakter Rechtssatz, sondern als lebendiger Rechtsgeist, der aus Art. 1 Abs. 1 GG spricht. Seit dem Schöpfungsakt des Grundgesetzes vom 24. Mai 1949 ist der Rechtssatz des Art. 1 Abs. 1 GG die DNA des Systems, die Würde aber seine lebendige Substanz: die Summe aus Anerkennung, Freiheit und Verantwortung. Sie ist es, die die Zahnräder der Gewaltenteilung schmiert – nicht mit Sand, sondern mit Vertrauen. Und sie ist es, die dem rechtsstaatlichen Wärmetod schon in den frühesten Anfängen entgegensteht: durch wache Aufmerksamkeit, durch kritisches Denken, durch den Mut, sich einzumischen. Denn der Rechtsstaat stirbt nicht durch einen Knall – er stirbt durch Schweigen (frei umformuliert aus T.S. Eliot, The Waste Land, „The Hollow Men“, Dover 2025, S. 52 – Nobelpreis für Literatur 1948: „Not with a bang but a whimper“). Und er lebt – durch die Stimme jedes Einzelnen, die sagt: "Das lasse ich nicht zu.".
D. Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
Die Verfassungsbeschwerde ist als Rechtssatzverfassungsbeschwerde zulässig.
I. Beschwerdebefugnis (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG)
1. Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 und 2 GG sowie von Art. 20 Abs. 3 GG. Die Möglichkeit einer solchen Verletzung durch die angegriffenen Normen ist nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin gegeben.
2. Betroffenheit: selbst, gegenwärtig und unmittelbar
Die Beschwerdeführerin ist selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.
a) Selbstbetroffenheit
Die Beschwerdeführerin ist selbst betroffen. Die angegriffenen Normen wirken unmittelbar auf ihren persönlichen, durch den Beschluss des AG Oldenburg (Anlage B1) begründeten Rechtsstatus ein. Die damit verbundenen Beeinträchtigungen ihrer Grundrechte aus Art. 1, 2 und 3 GG treffen sie in ihrer eigenen Person und nicht als Vertreterin einer unbestimmten Allgemeinheit.
b) Gegenwärtige Betroffenheit
Die Betroffenheit ist gegenwärtig. Die Rechtsverletzung ist mit dem Inkrafttreten des SBGG am 01.11.2024 nicht nur einmalig eingetreten, sondern dauert als permanenter Zustand fort. Seitdem wird der ehemals gesicherte Rechtsstatus der Beschwerdeführerin permanent den statusrelativierenden Regelungen der §§ 6 Abs. 2 und 4 SBGG ausgesetzt. Die Rechtsverletzung ist somit bereits eingetreten und nicht bloß zukünftig oder hypothetisch; sie dauert an, solange bis die angegriffenen Normen entweder vom Gesetzgeber außer Kraft gesetzt werden oder vom BVerfG für nichtig (allenfalls unvereinbar mit dem Grundgesetzt) erklärt werden. Durch die angegriffenen Normen wurde der vormals gesicherte Rechtsstatus der Beschwerdeführerin in einen dauerhaften Zustand der nun rechtlich legitimierten Diskriminierbarkeit überführt.
c) Unmittelbare Betroffenheit wegen Normwirkung ohne weiteren Vollzugsakt
Die belastende Wirkung der angegriffenen Vorschriften tritt unmittelbar kraft Gesetzes ein; ein zusätzlicher Vollzugsakt ist nicht erforderlich. § 15 Absatz 2 Nummer 1 SBGG ordnet ex lege die Anwendung der §§ 6–13 SBGG auf Bestandsfälle mit rechtskräftiger TSG-Statusentscheidung an. Damit gelten die statusrelativierenden Regelungen des § 6 Abs. 2 und 4 SBGG seit dem Inkrafttreten am 01.11.2024 ohne weiteres Zutun einer Behörde für die Beschwerdeführerin.
II. Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität (§ 90 Abs. 2 BVerfGG)
Grundsätzlich ist eine Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 S 1 BVerfGG erst nach Erschöpfung des Rechtswegs zulässig. Das bedeutet, dass der Beschwerdeführer alle ihm zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ausschöpfen muss, um die behauptete Grundrechtsverletzung bereits vor den zuständigen Fachgerichten zu verhindern oder zu beseitigen. Die Rechtswegerschöpfung ist damit die engere, gesetzlich fixierte Ausprägung des allgemeinen Subsidiaritätsprinzips (vgl. BVerfGE 68, 384 [388f.]; Barczak, Mitarbeiterkommentar zum BVerfGG § 90 Rn. 275 ff.).
1. Grundsatz der Rechtssatzverfassungsbeschwerde
Das Subsidiaritätsprinzip gilt unverändert auch für Rechtssatzverfassungsbeschwerden, die sich unmittelbar gegen ein Gesetz richten. Nach ständiger Rechtsprechung und Kommentarliteratur (Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 379 ff.) verlangt die erweiterte Subsidiarität, dass der Beschwerdeführer jede ihm zumutbare Möglichkeit nutzt, um eine fachgerichtliche Klärung zu erreichen – gegebenenfalls durch die Herbeiführung eines anfechtbaren Rechtsakts oder eine Klage, die eine Überprüfung der umstrittenen Norm ermöglicht. Die erweiterte Subsidiarität geht damit über die formelle Rechtswegerschöpfung hinaus und verpflichtet, alle realistisch und rechtlich erreichbaren fachgerichtlichen Wege auszuschöpfen, bevor das Bundesverfassungsgericht angerufen wird.
Ausnahmen vom Subsidiaritätsgrundsatz bestehen – auch bei Rechtssatzbeschwerden – nur in eng begrenzten Fallkonstellationen. Weder ein fehlender einfachrechtlicher Auslegungsspielraum noch die Erwartung tendenzieller Vorlagezurückhaltung der Fachgerichte begründet eine Ausnahme (vgl. Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 402). Die Fachgerichte haben vielmehr jede entscheidungserhebliche Norm, soweit möglich, auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen und gegebenenfalls eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG einzuleiten (Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 379).
Ein unmittelbares Absehen von der Subsidiarität kommt in einer Rechtssatzverfassungsbeschwerde nur in Betracht, i) wenn die angegriffene Regelung zu Dispositionen zwingt, die fachgerichtlich nicht mehr korrigiert werden können (Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 381), oder ii) wenn die Anrufung der Fachgerichte objektiv sowohl sinnlos als auch aussichtslos ist, weil ein fachgerichtlicher Rechtsbehelf von vornherein leerlaufen würde (Klassiker der Unzumutbarkeit, Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 381, 402).
Diese Ausnahmen sind eng auszulegen und greifen nicht, wenn der Beschwerdeführer lediglich geltend macht, Fachgerichte seien unwillig oder zur verfassungsrechtlichen Prüfung mangelhaft befähigt (ebenda Rn. 402). Erforderlich ist vielmehr eine objektive rechtliche Unmöglichkeit fachgerichtlicher Korrektur und zugleich eine objektiv fehlende Erkenntnisrelevanz für das Bundesverfassungsgericht (ebenda Rn. 381). Dieses Verständnis folgt dem Sinn und Zweck der Subsidiarität, das Bundesverfassungsgericht zu entlasten und dessen Tätigkeit auf die verfassungsrechtliche Kontrolle rechtlich und tatsächlich präparierter Sachverhalte zu konzentrieren (ebenda Rn. 283).
2. Begründung der Unzumutbarkeit des Subsidiarität
Die Subsidiarität ist der Beschwerdeführerin unzumutbar, weil objektiv Inanspruchnahme im Ergebnis objektiv sowohl aussichtslos als auch sinnlos wäre (vgl. Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 381, 402). Der Gang durch die Fachinstanzen würde keinen relevanten Beitrag zur verfassungsrechtlichen Bewertung liefern, weil die verfassungsrechtlich beanstandete Wirkung der Normen sich zwingend und unabhängig von den jeweils festgestellten Sachverhalten einstellt.
Darüber hinaus wäre es mit der unbedingten Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG unvereinbar, die Beschwerdeführerin auf ein Verfahren zu verweisen, das sie zwingt, durch die gezielte Provokation von Diskriminierungssituationen eine Verletzung ihrer Würde erst herbeizuführen, um den Zugang zum Verfassungsgericht zu eröffnen. Eine derartige Sichtweise würde den Einzelnen zum bloßen Objekt verfahrensrechtlicher Zweckmäßigkeit machen und stünde im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Menschenwürde keinem Abwägungs- oder Relativierungsgebot unterliegt (vgl. BVerfGE 109, 279 [311ff.]; BVerfGE 140, 317 [341ff.]).
a) Offensichtliche Aussichtslosigkeit und Fehlen jeglichen Erkenntnisgewinns
Jedes Fachgericht ist an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Die primäre Aufgabe der Fachgerichte besteht darin, das einfache Gesetz auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden, nicht aber, eine abstrakte oder generelle Verfassungswidrigkeit zu kontrollieren. Bei § 6 Abs. 2, 4 SBGG existieren keine Ausnahmetatbestände; deshalb sind die Fachgerichte gezwungen, die Diskriminierung der Beschwerdeführerin als von der Norm ausdrücklich zugelassen und gewollt zu akzeptieren – unabhängig von etwaigen Tatsachenerwägungen zum Einzelfall.
Ein Erfolg in einem Einzelfallverfahren ist daher mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen. Das Verfahren reduziert sich zwingend auf ein bloßes Durchwinken der Norm – das Ergebnis auf normativer Ebene steht im Vorhinein fest. Einzig verbleibt die theoretische Möglichkeit einer Richtervorlage nach Art. 100 GG. Doch auch diese ist praktisch wie dogmatisch unerheblich: Die Vorlagefrage könnte nur das abstrakte Spannungsverhältnis der Norm zu den Grundrechten thematisieren. Tatsachenaufklärung ist für diese zentrale Frage irrelevant, da jeder Sachverhalt stets zu derselben Grundrechtsverletzung führt. Die Fachgerichte hätten – außer der Feststellung der eigenen Bindung und der gewünschten Vorlage – keinen erhellenden Beitrag zu leisten. Auch die Verpflichtung zur Vorlage nach Art. 100 GG vermag die Erfolgsaussicht oder Erkenntnisrelevanz nicht zu wahren, weil eine solche Vorlage im Ergebnis nur dieselbe verfassungsrechtliche Fragestellung aufwerfen würde, die bereits mit dieser Beschwerde dem Bundesverfassungsgericht unmittelbar vorliegt.
Die Diskriminierungswirkung von § 6 Abs. 2, 4 SBGG verbleibt strukturell in jedem denkbaren Einzelfall. Ein Instanzenzug entfaltet deshalb keinen Erkenntnis-, Prüf- oder Korrekturwert. Die Subsidiarität entleert sich in diesem Ausnahmefall, weil alle denkbaren Sachverhalts- und Wertungsvarianten von der grundrechtswidrigen Norm unabhängig sind. Dies gilt insbesondere im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Unzulässigkeit staatlicher Einschränkungen der sexuellen Identität, für die kein einfachrechtlich wirksames Korrektiv besteht (Vgl. Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 381; BVerfG, 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07 –, BVerfGE 128, 109 [124]).
b) Sinnlosigkeit des Subsidiaritätswegs für die Verfassungsprüfung
Das institutionelle Ziel der erweiterten Subsidiarität – dem Bundesverfassungsgericht durch sachverhaltsbezogene oder wertende Vorprüfung eine materiell gehaltvolle Problemstellung zu ermöglichen – wird im Zusammenspiel der hier angegriffenen Paragrafen vollends verfehlt. Die Fachgerichte könnten im Falle der Beschwerdeführerin regelmäßig nur sekundären Rechtsschutz (z.B. Kompensation, Schadensersatz, Schmerzensgeld) gewähren, während die unmittelbare Grundrechtsverletzung bereits eingetreten und eine präventive Normkorrektur ausgeschlossen ist.
Gerade im Fall der TSG-Statusinhaberinnen wie der Beschwerdeführerin wirkt § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG als verfassungsrechtlich besonders problematische Erstreckungsnorm: Er fingiert im Zusammenspiel mit § 6 Abs. 2, 4 SBGG und dem fehlenden Bußgeldschutz vor Offenbarungen nach § 14 SBGG einen Statusverlust und eine Diskriminierung „ex tunc“. Dies übersetzt sich im gerichtlichen Verfahren in die paradoxe Lage, dass das Fachgericht teils bis zu drei miteinander verschränkte Vorschriften (§§ 6 Abs. 2, 4 SBGG sowie § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG – "Hausrechts-", "Gesundheits-" und "Erstreckungsparagraph") verfassungsrechtlich im Blick behalten müsste, ohne im Einzelfall überhaupt an den maßgeblichen Grundrechtsfragen korrigierend eingreifen zu können.
Die Regelungen lassen keine faktische oder wertende Auslegungsspielräume: Sie deklarieren die Diskriminierung als zwingende Rechtsfolge, ohne dass die Instanzgerichte auf Umstände des Einzelfalls noch Rücksicht nehmen oder ein spezifisches Schutzkonzept entwickeln könnten. Das Offenbarungsverbot (§ 14 SBGG) ist im Sinne einer Negativnorm bewusst nicht auf TSG-Fälle anwendbar und entfaltet so gerade keine schützende Wirkung – ein rechtliches Leervakuum, das Sinn und Zweck des Subsidiaritätsgrundsatzes in der Rechtssatzverfassungsbeschwerde systematisch konterkariert.
c) Keine fachgerichtliche Kontrolle oder Korrektur möglich
Eine verfassungskonforme Auslegung, die zu einem anderen Ergebnis käme (z. B. Anerkennung des Status der grundgesetzlich geschützten geschlechtlichen Identität oder Schutz vor biologistisch motivierter Diskriminierung – vgl. BVerfGE 86, 15 [24]), ist contra legem und daher systematisch und methodisch ausgeschlossen; denn sie überschritte die Grenzen einer verfassungskonformen Auslegung (vgl. Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 379, 381). Die Fachgerichte sind darauf reduziert, die Gesetzeslage zu bestätigen oder allenfalls formale Fragen darüber zu klären. Fachrichter sind zwar dazu verpflichtet, im Rahmen der jeweils zu bearbeitenden Sachfrage nach bestem Wissen und Gewissen verfassungsgemäß vorzugehen und in begründeten Verdachtsfällen das Instrument der Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG zu wählen; aber ihr Auftrag ist es nicht, die eigentliche Grundrechtslage an sich zu verbessern. Dies bedeutet, sie müssen nicht die anzuwendende Norm an sich anlasslos auf Verfassungsmäßigkeit überprüfen, sondern lediglich ihre Auslegung dieser Norm (vgl. § 80 Abs. 2 BVerfGG).
Wenn aber die auszulegende Norm an sich nicht verfassungskonform ist, dann kann es auch keine verfassungskonforme Auslegung dieser Norm geben. Daher gibt es auch keine verfassungskonforme Auslegung, welche TSG-Bestandsfälle von der Erstreckung nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG ausnähme oder deren rechtskräftigen Status als Vorrangmaßstab gegenüber § 6 Abs. 2 und 4 SBGG statuierte; denn grundsätzlich müsste eine solche verfassungskonforme Auslegung die Grenzen des Wortlauts und des erkennbaren Willens des Gesetzgebers überschreiten und damit eine unzulässige Korrektur contra legem darstellen[^17]. Eine Auslegung jedoch, bei welcher unzulässigerweise die jeweilige Norm contra legem korrigiert wird, ist nach Art. 20 Abs. 3 GG wiederum verfassungswidrig – Widerspruch.[^1]
Daraus folgt nach einhelliger Kommentarlage: „Eine andere Möglichkeit, als das Gesetz anzuwenden oder die Entscheidung eines Verfassungsgerichts einzuholen, besteht nicht (vgl. BVerfGE 121, 233 ).“ (Jarass/Pieroth, GG, Art. 100 Rn. 3)
Barczak betont, dass Normen von Fachgerichten nicht pauschal ignoriert werden dürfen, das bedeutet: selbst dann nicht, wenn solche als deklaratorisch erscheinen (Barczak, BVerfGG § 80 Rn. 9): „Art 100 GG soll zuvörderst die Autorität des konstituierenden Gesetzgebers wahren. Die Vorschrift soll verhüten, dass sie die Gerichte über den Willen des unter der Geltung der Verfassung tätig gewordenen, daher an die Verfassung gebundenen Gesetzgebers hinwegsetzen, indem sie seinem Gesetz die Anerkennung versagen. Gesetze, die unter der Herrschaft des Grundgesetzes erlassen worden sind, sollen bis zur allgemeinverbindlichen Feststellung ihrer Nichtigkeit oder Unwirksamkeit durch das BVerfG befolgt werden;...“
Die daraus folgende methodische Konsequenz lässt sich als ein juristisches Trilemma verstehen, das heisst, dem Fachgericht bleiben ausschließlich drei ungünstige Möglichkeiten des Handelns: – Das Gericht wendet die Norm an, was für verfassungswidrige Normen keine Option ist – und für deklarative Normen eine Pflicht ist, welche solche Normen dann konstitutiv machen würde. – Es ignoriert die Norm – verletzt dabei aber Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 97 Abs. 1 GG, Art. 100 GG sowie § 31 BVerfGG und ist daher grundsätzlich keine Option, nicht einmal bei deklarativen Normen. – Es legt die Norm dem BVerfG zur Prüfung vor – und ändert daher faktisch erst einmal nichts an der grundsätzlichen Problemlage.
Im Rahmen der Auslegung der Normen § 6 Abs. 2, 4 bzw. § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG sind die Fachgerichte gebunden, ihnen einen normativen, also einen befehlenden Charakter zuzusprechen. Die politische Behauptung eines ‚rein deklaratorischen‘ Charakters ist aus dogmatischer Sicht rechtlich unbeachtlich, da die Fachgerichte dem aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes erkennbaren normativen Gehalt verpflichtet sind[^3], und nicht an politische Willensbekundungen im Gesetzgebungsverfahren, insbesondere dann nicht, wenn letzere keinen oder widersprüchlichen normativen Gehalt aufweisen (vgl. den Grundgedanken eines Gegenentwurfs mit weit auslegbarer Norm, aber klarer politischer Absicht, in BVerfGE 86, 15 [24]).
Genau in dieser Diskrepanz liegt jedoch die verfassungsrechtliche Pathologie dieser Normen. Obwohl die politische Behauptung (das Narrativ der bloßen deklarativen Klarstellung von § 6 Abs. 2 und 4 SBGG) rechtlich unbeachtlich sein sollte, dient sie in der Praxis als Einfallstor für eine methodenwidrige Auslegung. Sie verleitet den Rechtsanwender dazu, das Trilemma (Anwenden, Ignorieren, Vorlegen) nicht mehr zu erkennen.
In solch einem Fall flüchtet sich das Fachgericht in eine unzulässige Verabsolutierung der subjektiven Auslegungsmethode: Statt § 6 Abs. 2 und 4 objektiv am Maßstab der Verfassung zu prüfen, übernimmt es das politische Narrativ aus den Gesetzesmaterialien als vermeintlichen "wahren Willen" des Gesetzgebers. Es ignoriert so "pseudomäßig" den objektiv-konstitutiven und verfassungswidrigen Gehalt von § 6 Abs. 2 und 4 SBGG. Die politische Deklaration macht das Gericht blind für die Verfassungswidrigkeit der Normen und damit für seine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG. Gleichzeitig sichert es damit seine Entscheidung vor höheren Instanzen ab, da das politische Narrativ der bloßen „deklarativen Klarstellung“ – etwa die Behauptung, die Regelungen in § 6 Abs. 2 und 4 SBGG stellten lediglich das ohnehin geltende Hausrecht oder die Therapiefreiheit klar – eine scheinbar unangreifbare Autorität ausstrahlt, welche sich auf ein vermeintlich dahinterstehendes schwer zu durchdringendes Gefüge von (teilweise ungeschriebenen) Normen und denkbar vorherrschenden Rechtsauffassungen stützt. Diese Autorität verschleiert dann die Verfassungswidrigkeit und verhilft dem Gericht über diesen Umweg zu einer faktisch unanfechtbaren normativen Macht, die ihm von Verfassungs wegen nicht zusteht (vgl. die ausführliche dogmatische Herleitung dieser Kompetenzüberschreitung in C I 3 und C I 4).
Der einzig mögliche normative Gehalt, der sich aus dem Wortlaut und der Entstehungsgeschichte der angegriffenen Normen ergibt, ist: i) Im Falle des § 6 Abs. 2 der Befehl an den Hausrechtsinhaber, dass er sein „Hausrecht“ und seine „Vertragsfreiheit“ hinsichtlich des Zugangs zu geschlechtsspezifischen Räumen unter der Fiktion anzuwenden habe, als ob die Zutritt ersuchende Person nie einen anderen Geschlechtseintrag als der ihrem Geburtsgeschlecht entsprechende gehabt hätte. ii) Ist im Falle des § 6 Abs. 4 der Befehl an den Gesundheitsdienstleister (z.B. Ärzte, Krankenkassen), dass er im Rahmen der alle gesundheitsbezogene Maßnahmen / Leistungen unter der Fiktion zu erledigen habe, als ob die medizinische Maßnahmen / Leistungen ersuchende Person nie einen anderen „aktuellen Geschlechtseintrag“ als der ihrem Geburtsgeschlecht entsprechende gehabt hätte; diese Fiktion wird dem Vorbehalt unterstellt, dass solche Maßnahmen / Leistungen im Zusammenhang mit „körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten“ stehen[^15]. iii) ist im Falle des § 15 Abs. 2 Nr. 1 der Befehl an den Hausrechtsinhaber aus i und an den Gesundheitsdienstleister aus ii, dass er ehemalige TSG-Absolvent*innen wie die Beschwerdeführerin unter der Fiktion zu behandeln habe, als ob sie nie einen durch rechtskräftiges Gerichtsurteil anerkannten vollwertigen Status anerkannt bekommen hätte, welcher nach Art. 1 Abs. 1 mit der Menschenwürde untrennbar verbundenen war (vgl. BVerfGE 86, 15 [24]).
Die zusätzliche Betonung auf den aktuellen Geschlechtseintrag im Gesetzeswortlaut zu ii relativiert die normative Bindewirkung des Geschlechtseintrages zusätzlich, indem es dessen vom Gesetzgeber gewollte Volatilität und Beliebigkeit betont, so dass die biologistische Organik als das einzig von Aktualitäten unbeständige Rechtsgut verbleibt, welches hier normativ relevant ist, also das – biologisch determinierte – Geschlecht an sich. Dies untermauert insbesondere für gesundheitliche Leistungen die laut E III durch Artikel 4 ESBGG im SBGG und PStG neu geschaffene Unterscheidung zwischen dem Rechtsgut des Geschlechts an sich und dem des bloßen Geschlechtseintrages.[^2]
Der aktuelle Geschlechtseintrag als bloße "geschlechtliche Erscheinung" kann laut § 6 Abs. 4 vom Geschlecht "an sich" abweichen, so dass es auf ersteren bei "allen gesundheitsbezogenen Maßnahmen und Leistungen" nicht mehr anzukommen habe, wenn sie denn mit „körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten“ "im Zusammenhang" stehen – was in der Medizin fast alle Maßnahmen und Leistungen umfasst[^14]. Für fast alle medizinischen Maßnahmen und Leistungen widerspricht diese Reduktion auf die "biologistisch-organische Körperlichkeit" dem durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Recht auf selbstbestimmte Gesundheit und dem modernen, von der Wissenschaft getragenen Verständnis von geschlechtlicher Identität. Diese Widersprüchlichkeit zu und Abkehr von modernen medizinischen Standards, zu welchen auch die Verbindungen zu Seele und Geist in Form der Psychosomatik gehören, haben die Fachgerichte wegen § 6 Abs. 4 SBGG strikt mitzutragen. Verfassungsrechtlich haben somit die Fachgerichte die durch § 6 Abs. 4 erzwungene Abkopplung von Menschenwürde nach Art. 1 GG und körperlicher Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 GG zu fördern.
Dieser unter iii) dargelegte normative Befehl, welcher die ex lege Aberkennung eines gerichtlich festgestellten und nach Art. 20 Abs. 3 GG geschützten Rechtsstatus bedeutet, wird vom Gesetzgeber durch das Narrativ der Statusäquivalenz gerechtfertigt. Dieses Narrativ postuliert wahrheitswidrig, der nach SBGG geschaffene Status sei dem vollwertigen Status nach § 10 TSG a.F. gleichwertig und verschleiert den damit verbundenen Entzug wohlerworbener, grundrechtlich geschützter Rechtspositionen.
Die Erstreckung der §§ 6–13 SBGG auf TSG-Altfälle führt zu gravierenden Verfassungsverstößen: Der gerichtlich festgestellte Status wird zu einem bloßen Registereintrag ohne eigenständige Rechtswirkung reduziert. Um dies zu ermöglichen, zwingt § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG i.V.m. Art. 4 ESBGG und § 78 Nr. 1 PStG n.F. die Standesämter zu einer erzwungenen Kompetenzüberschreitung: Ohne eine faktische Rückabwicklung des gerichtlichen Status durch die Verwaltung wären die §§ 6-13 SBGG auf diese Altfälle nicht anwendbar. Da ein solcher Akt der Rechtskraftdurchbrechung jedoch ausschließlich der Judikative vorbehalten ist, verletzt die Regelung die verfassungsrechtliche Zuständigkeitsordnung (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG). Sie nötigt die Verwaltung zu einem Eingriff in die Rechtskraft gerichtlicher Urteile und damit zu einem Bruch des Gewaltenteilungsprinzips.
Zudem schafft die Erstreckung eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG. Sie unterwirft eine Gruppe, die ihren Status in einem anspruchsvollen gerichtlichen Verfahren erworben hat, denselben einschränkenden Regelungen wie eine Gruppe, die ihren Eintrag durch eine einfache administrative Erklärung erhält, und ignoriert dabei den erworbenen Bestandsschutz und verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) der ersten Gruppe vollständig.
d) Strukturelle Blockade durch das Prinzip „lex specialis“
Die Aussichtslosigkeit des fachgerichtlichen Weges wird dadurch zementiert, dass die angegriffenen Normen in pauschalisierender Form derart als lex specialis konzipiert sind – sowohl § 6 Abs. 2 und 4 als auch deren Erstreckungsklausel § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG –, so dass damit die Wahrung der APR der Beschwerdeführerin so weit wie möglich verdrängt wird. Ein Fachgericht würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit argumentieren, dass der Gesetzgeber mit den §§ 6 Abs. 2 und 4 sowie 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG eine bewusste und abschließende Sonderregelung für Personen mit geändertem Geschlechtseintrag schaffen wollte. Diese Sonderregelung, so die zwingende fachgerichtliche Logik, verdrängt die allgemeinen Schutzgebote – etwa aus dem AGG – und lässt am Ende keinen Raum mehr für eine abwägende, grundrechtsfreundliche Auslegung. Die Gerichte sind somit gezwungen, die Normen als gewollte, unkorrigierbare Ausnahme vom allgemeinen Diskriminierungsverbot anzuwenden.
e) Unzumutbarkeit der Richtervorlage als Selbstzweck
Der Verweis auf die theoretische Möglichkeit einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG begründet keine Zumutbarkeit des Rechtswegs. Der Grundsatz der Subsidiarität verlangt von der Beschwerdeführerin nicht, einen langwierigen und kostenintensiven Instanzenzug zu beschreiten, dessen einziges denkbares Ziel es wäre, ein Fachgericht von der reinen und sachfremden Verfassungswidrigkeit der Normen zu überzeugen, bloß um eine Normenkontrolle um jeden Preis zu initiieren. Ein solches Vorgehen würde den Grundrechtsschutz des Einzelnen zu einem bloßen "Probeverfahren" degradieren, außerdem den Sinn der Subsidiarität ins Gegenteil verkehren, da bei irrelevanter Sachlage vom fachgerichtlichen Verfahren kein weiterer Erkenntnisgewinn zur Beurteilung der aufgeworfenen Verfassungsfragen mehr zu erwarten sei (vgl. BVerfGE 86, 15 [22]). Der Gesetzgeber hat die Fachgerichte durch die bewusste Schaffung einer in sich widersprüchlichen und den wahren Regelungsgehalt verschleiernden Norm (Verstoß gegen die Gebote der Normenklarheit und Normenwahrheit, vgl. Sachs, GG, Art. 20, Rn. 125) in ein unauflösliches Dilemma gezwungen: Sie müssen entweder gegen ihre Gesetzesbindung verstoßen oder sehenden Auges eine Grundrechtsverletzung vollziehen. Der Verweis auf einen Rechtsweg, der strukturell darauf ausgelegt ist, die Grundrechtsverletzung zu exekutieren anstatt sie zu heilen, ist der Beschwerdeführerin unzumutbar.
Im Ergebnis erweist sich der gesamte fachgerichtliche Rechtsweg als ein von vornherein leerlaufendes Verfahren. Er ist, weil die angegriffenen Normen niemals verfassungsfreundlich ausgelegt werden können, nicht nur objektiv aussichtslos, sondern auch sinnlos, da er keinen Erkenntnisgewinn für die verfassungsrechtliche Prüfung erbringen kann. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Subsidiaritätsgrundsatz (vgl. Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 381, 402) sind damit zweifelsfrei erfüllt.
III. Frist (§ 93 Abs. 3 BVerfGG)
Die Jahresfrist des § 93 Absatz 3 BVerfGG ist gewahrt, da nach Artikel 13 Abs. 1 ESBGG sowohl das SBGG als auch das ESBGG in seinen für TSG-Absolvent*innen relevanten §§ 6 - 15 SBGG am 01.11.2024 in Kraft trat. Die Tatsache, dass der für TSG-Absolventen irrelevante § 4 SBGG schon am 01.08.2024 in Kraft trat, ist für diese Rechtssatzverfassungsbeschwerde daher hinsichtlich Fristwahrung unerheblich. Die Jahresfrist endet somit mit Ablauf des 31.10.2025 (vgl. Barczak, BVerfGG § 93 Rn. 147).
IV. Ordnungsgemäßer Vortrag (§§ 23, 92 BVerfGG)
Die Beschwerde bezeichnet die angegriffenen Hoheitsakte, die verletzten Grundrechte und den Sachverhalt, der die Grundrechtsverletzung begründet.
E. Sachverhalt
I. Die Rechtslage nach dem Transsexuellengesetz (TSG) bis zum 31. Oktober 2024
Die rechtliche Situation von Personen mit Transsexualität in Deutschland war bis zum 31. Oktober 2024 durch das Transsexuellengesetz (TSG) in der Fassung vom 10. September 1980 (BGBl. I S. 1654), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juni 2024 (BGBl. 2024 I Nr. 206), geregelt (Anlage B3). Dieses Gesetz, das auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geschaffen und angepasst wurde, etablierte ein System, das auf drei zentralen Säulen ruhte.
1. Die statusbegründende Wirkung des gerichtlichen Beschlusses
Das Verfahren nach dem TSG war darauf ausgerichtet, eine dauerhafte und rechtlich verbindliche Klärung der Geschlechtszugehörigkeit herbeizuführen. Es handelte sich nicht um eine bloße administrative Änderung eines Registereintrags, sondern um ein gerichtliches Verfahren, das mit einer konstitutiven Statusentscheidung endete. Voraussetzung für diese Entscheidung waren in der Regel zwei unabhängige, fachpsychologische oder psychiatrische Gutachten, die die Ernsthaftigkeit, Dauerhaftigkeit und Irreversibilität des Zugehörigkeitsempfindens zum anderen Geschlecht bestätigten, sowie eine persönliche Anhörung durch das zuständige Gericht. Der richterliche Beschluss stellte somit rechtskräftig fest, dass die antragstellende Person als dem anderen Geschlecht zugehörig anzusehen ist.
2. Die gleichstellende Fortwirkung nach § 10 TSG
Die zentrale Norm für die Rechtsfolgen dieser Statusentscheidung war § 10 Abs. 1 TSG. Die Vorschrift ordnete an, dass sich von der Rechtskraft der Entscheidung an die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten der Person nach dem neuen, festgestellten Geschlecht richten. Diese Generalnorm schuf eine umfassende rechtliche Gleichstellung mit allen anderen Personen des festgestellten Geschlechts. Sie diente als unmissverständliche Leitplanke, die sicherstellte, dass der gerichtlich anerkannte Status in allen Lebensbereichen – vom Zivilrecht über das Sozialrecht bis hin zum öffentlichen Leben – als verbindlich galt.
3. Der Offenbarungsschutz nach § 5 TSG
a) Gesetzliche Systematik des TSG: § 5 TSG als Folge von § 10 TSG (statusbezogen ab Rechtskraft)
Die statusbegründende Entscheidung wurde im TSG durch ein statusbezogenes Offenbarungs- und Ausforschungsverbot flankiert. § 10 Abs. 1 TSG ordnete an, dass sich von der Rechtskraft der Entscheidung an die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht richten; § 10 Abs. 2 TSG bestimmte ausdrücklich: „§ 5 gilt sinngemäß.“ Das Bundesverfassungsgericht fasst diese Brücke wie folgt zusammen: „Von der Rechtskraft der Entscheidung an richten sich die vom Geschlecht abhängigen Rechte und Pflichten nach dem neuen Geschlecht, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist; das Ausforschungsverbot des § 5 gilt entsprechend (§ 10).“ (BVerfGE 88, 87 [89]). Damit galt das Offenbarungs-/Ausforschungsverbot des § 5 TSG kraft Gesetzes ab Statusrechtskraft; sein Gehalt – im Kontext der „kleinen Lösung“ – ist wörtlich wiedergegeben: „Nach Rechtskraft der Entscheidung über die Vornamensänderung dürfen die zuvor geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden, sofern nicht besondere Gründe des öffentlichen Interesses dies erfordern oder ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird (§ 5 Abs. 1).“ (BVerfGE 88, 87 [88]). Das statusgestützte Verbot zielte damit auf Nichtoffenbarung der früheren Identitätsdaten; die Verweisung in § 10 Abs. 2 TSG trug diesen Schutz in das gesamte Statusregime (große Lösung) hinein.
b) Verfassungsrechtliche Fundierung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG)
Der statusbezogene Offenbarungsschutz des TSG ist verfassungsrechtlich im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (APR) in Verbindung mit der Menschenwürde verankert. Das Bundesverfassungsgericht formuliert den Kernsatz der Offenbarungsautonomie: „Art. 2 Abs. 1 schützt in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG die engere persönliche Lebenssphäre, insbesondere auch den Intim- und Sexualbereich (vgl. BVerfGE 47, 46 [73]; 60, 123 [134]), und gewährleistet das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu bestimmen, aus welchem Anlaß und in welchen Grenzen er persönliche Lebenssachverhalte offenbart (vgl. BVerfGE 65, 1 [41 f.]; 84, 192 [194]). Dem Schutz dieser Rechtsgüter dient das Transsexuellengesetz. Die kleine Lösung soll der besonderen Situation Transsexueller schon vor einer geschlechtsanpassenden Operation oder bei Verzicht auf operative Eingriffe Rechnung tragen und es ihnen ermöglichen, in der ihrem Empfinden entsprechenden Geschlechtsrolle zu leben, ohne sich im Alltag Dritten und Behörden gegenüber offenbaren zu müssen.*“ (BVerfGE 88, 87 [97f.]).
Flankierend verweist das BVerfG auf die Pass-Praxis, um Offenbarungsanlässe zu vermeiden: „Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 PaßG enthält der vorläufige Paß ... keine Angabe über das Geschlecht; damit soll die Situation Transsexueller, die bereits eine Vornamensänderung erreicht haben, bei denen jedoch das personenstandsrechtliche Feststellungsverfahren nach § 8 TSG noch nicht durchgeführt ist, erleichtert werden“ (BVerfGE 88, 87 [102f.]). Ergebnis: Ab Rechtskraft der Statusfeststellung greift kraft § 10 Abs. 2 TSG das Offenbarungs-/Ausforschungsverbot des § 5 TSG statusbezogen. Das BVerfG beschreibt Zweck und Reichweite mit Blick auf Menschenwürde und APR – Stigmatisierungs- und Zwangsouting-Prävention im Alltag.
c) Verbindliche Umsetzung: Pflicht zur rückwirkenden Neuausstellung von Zeugnissen ohne Offenbarungsfunktion (Schule / Hochschule / Arbeitswelt / Melderecht)
Aus dem statusbezogenen Offenbarungsschutz nach TSG folgten verbindliche Umsetzungspflichten, um Offenbarungsanlässe organisatorisch auszuschließen: Schule / Hochschule. Zeugnisse und Leistungsnachweise waren – auf Antrag – ohne Offenbarungsfunktion mit dem ursprünglichen Ausstellungsdatum neu zu erteilen; Alturkunden wurden eingezogen. Hintergrund ist, dass ein neues Ausstellungsdatum oder ein „Zweitschriften“-Hinweis de facto eine Offenbarungspflicht erzeugt hätte. Diese Pflicht ergab sich nicht bloß aus Verwaltungspraxis, sondern wurde landesrechtlich (Schul-/Hochschulerlasse, z. B. Niedersachsen) und hochschulübergreifend (HRK-Beschluss 14./15. 03. 2016) angeordnet. Die Neuausstellung erfolgte grundsätzlich gebührenfrei, um die Schutzwirkung nicht durch Kostenhürden zu unterlaufen.
Für das Arbeitsverhältnis folgte aus dem statusbezogenen Offenbarungsschutz des TSG der Anspruch auf Neuerteilung eines Arbeitszeugnisses unter dem rechtskräftig geänderten Namen und der rechtskräftig geänderten Geschlechtsangabe, ohne Offenbarungsfunktion; die Neuerteilung nach § 5 TSG erfolgte Zug-um-Zug gegen Rückgabe der Alturkunde und ohne inhaltliche Änderungen jenseits der Anpassung von Name und Geschlecht (LAG Hamm, Urt. v. 17.12.1998 – 4 Sa 1337/98). Aus dem Ein-Zeugnis-Prinzip und der Vorgabe „im Übrigen inhaltlich unverändert“ folgt, dass Neuausstellungsmarkierungen – namentlich eine abweichende Datierung oder Zweitschrift-Hinweise – zu unterbleiben haben, weil sie die Inhaltsgleichheit aufheben und Offenbarungsanlässe provozieren; dies widerspräche der verfassungsrechtlich gebotenen Offenbarungsautonomie für Statusinhaber*innen nach TSG (BVerfGE 88, 87 [97f.]).
d) Bruch im SBGG: Fortführung historischer Registerangaben, antrags- und kostenabhängige Dokumentenanpassung, Wegfall statusbezogener Flankierungen
§ 10 SBGG löst die bisherige, statusgetragene Nichtoffenbarungsordnung in drei Punkten auf. Erstens sieht § 10 Abs. 1 S 1 SBGG keine statusbasierte Umstellung mehr vor, sondern ordnet an, dass „die bisherigen Einträge und eingereichten Dokumente in amtlichen Registern erhalten“ bleiben. Während unter dem TSG die Altangaben registrarseitig abgeschirmt wurden und eine vollständige Umstellung auf den neuen Status die Regel war, wird der Datensatz nach SBGG fortgeführt und historisiert; ein Anspruch auf statusbedingte Abschottung oder Löschung der Alteinträge besteht nicht. Hinzu tritt in § 10 Abs. 1 S 1 SBGG der Ablehnungsmaßstab („... wenn dem keine besonderen Gründe des öffentlichen Interesses entgegenstehen“): Ein solcher Gegenläufigkeitsvorbehalt war dem TSG fremd; dass der neue Name als solcher nicht in ein Register übernommen würde, war unter dem TSG nicht Regelungsmodell.
Zweitens stellt § 10 Abs. 2, 3 SBGG die Neuausstellung zentraler Dokumente (u. a. Zeugnisse und andere Leistungsnachweise, Ausbildungs- und Dienstverträge, Führerscheine) auf eine antrags- und glaubhaftmachungsabhängige Grundlage („berechtigtes Interesse“) und ordnet eine Kostentragung durch die betroffene Person an (§ 10 Abs. 3 S 2 SBGG). Ein Automatismus wie unter dem TSG (pflichtige Anpassung ohne Offenbarungsfunktion; im Bildungsbereich regelmäßig mit Ursprungsdatum und Einziehung der Alturkunde; im Arbeitsverhältnis Zug-um-Zug, ohne inhaltliche Neubeurteilung) ist nicht vorgesehen; eine rückwirkende Neuausstellung mit Ursprungsdatum wird vom SBGG nicht angeordnet.
Drittens entfallen die statusbezogenen Flankierungen. Unter dem TSG wurden – neben der statusgetragenen Dokumenten- und Registerordnung – organisations- und datenschutzrechtliche Maßnahmen eingesetzt, um Offenbarungsanlässe auch verwaltungsintern zu verhindern (Vertraulichkeits-/Sperrvermerke in Fachverfahren, strikt rollenbasierte Berechtigungen, lückenlose Zugriffsprotokollierung, zentrale Vorprüfung; Abschirmung der Altangaben auf einen eng begrenzten, namentlich bestimmten Personenkreis). Ein Rechtsanspruch hierauf, der am Status anknüpft, lässt sich dem SBGG nicht entnehmen. Die Instrumente des Bundesmeldegesetzes bestehen zwar dem Grunde nach fort (Auskunftssperre § 51 BMG bei Gefährdung; standardbezogene Widersprüche § 52 BMG); sie sind jedoch anlass- bzw. adressatenbezogen und nicht statusgetragen. Da § 10 Abs. 1 SBGG die Fortführung der Altangaben ausdrücklich anordnet, verbleibt die interne Registerverknüpfung – und damit ein fortdauerndes Offenbarungsrisiko – trotz theoretisch noch möglicher anlassbezogener Sperren.
Schließlich ist die Sanktionsarchitektur asymmetrisch ausgestaltet: § 14 SBGG (Bußgeld) steht TSG-Statusinhaber*innen über § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG nicht zur Verfügung, während Neu-SBGG-Fälle bei hinreichend substantiiertem Verstoß einen Sanktionsweg eröffnen können. In der Summe wird der vormals statusgetragene und automatisch wirkende Offenbarungs- und Registerschutz des TSG durch ein eintragsbezogenes, antrags- und kostenabhängiges System ersetzt, das historische Registerangaben bewusst fortführt, Ablehnungs- und Belastungsschwellen (öffentliches Interesse; „berechtigtes Interesse“; Kosten) einzieht und keinen statusbezogenen Sanktionshebel für TSG-Altfälle mehr bereithält. Die Gefahr zwangsweiser Offenbarung gegenüber Dritten steigt damit strukturell – in einem Bereich, in dem der verfassungsgerichtlich anerkannte Schutz der Offenbarungsautonomie gerade Offenbarungszwänge im Alltag verhindern soll (BVerfGE 88, 87 [97f.]).
e) Abschichtung des Offenbarungsschutzes durch § 13 SBGG im Vergleich zu § 5 TSG
Der Wortlaut von § 13 Abs. 1 S 1 SBGG übernimmt zwar formal das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot, das in § 5 Abs. 1 TSG lautet: „... dürfen ... ohne Zustimmung ... nicht offenbart oder ausgeforscht werden“. Die Regel-Ausnahme-Architektur ist jedoch grundlegend verschoben. § 13 Abs. 1 S 2 Nr. 1 SBGG bestimmt, dass Satz 1 nicht gilt, wenn amtliche Register oder amtliche Informationssysteme personenbezogene Daten zur betreffenden Person enthalten und im Rahmen der jeweiligen Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen eine Verarbeitung dieser Alt-Daten „nach anderen Rechtsvorschriften“ erforderlich ist. Parallel dazu nennt § 13 Abs. 1 S 2 Nr. 2, 3 SBGG die weiteren Öffnungstatbestände („besondere Gründe des öffentlichen Interesses“; „rechtliches Interesse“). Während § 5 Abs. 1 TSG die Ausnahme („es sei denn, daß ...“) noch als Ausnahmeklausel formuliert, arbeitet § 13 Abs. 1 S 2 SBGG mit einem Negativtatbestand („Satz 1 gilt nicht, wenn ...“) und erklärt damit die Offenbarungssperre gerade in den genannten Konstellationen zum Nichtgeltungsfall. Hinzu tritt, dass § 10 Abs. 1 SBGG zugleich anordnet, die „bisherigen Einträge und eingereichten Dokumente“ in amtlichen Registern zu erhalten; beides zusammen (Fortführung und Nichtgeltung) schafft eine systematische Zugriffsmöglichkeit auf Altangaben, die dem statusgetragenen Schutzkonzept des § 10 Abs. 2 i. V. m. § 5 TSG fremd war.
Die Öffnung im Familien- und Angehörigenkreis ist im SBGG weiter gefasst: § 13 Abs. 2 SBGG erfasst frühere und aktuelle Ehegatten, Verwandte in gerader Linie sowie den anderen Elternteil und bestimmt, dass sie den geänderten Eintrag angeben müssen, wenn dies „für die Führung öffentlicher Bücher und Register oder im Rechtsverkehr erforderlich ist“. „Im Übrigen“ gilt das Verbot des Abs. 1 S 1 für sie nicht, „es sei denn, sie handeln in Schädigungsabsicht“[^13]. Im TSG galt demgegenüber § 5 Abs. 2 TSG nur als Beschränkung der Pflicht, den neuen Vornamen zu verwenden (für bestimmte Konstellationen), ohne eine generelle Ausnahme vom Offenbarungs- und Ausforschungsverbot zu eröffnen; vor allem war der „derzeitige Ehegatte“ dort nicht normiert. § 13 Abs. 2 SBGG erlaubt demnach in nichtamtlichen Situationen ein Außen-Outing durch nahe Angehörige, solange Schädigungsabsicht nicht nachweisbar ist; eine derartige Generalerlaubnis kannte das TSG nicht.
Die Register- und Systemverarbeitung wird in § 13 Abs. 3 SBGG zusätzlich von der Offenbarungssperre gelöst („steht ... nicht entgegen“). Amtliche Register und Informationssysteme dürfen zur Nachvollziehbarkeit der Identität die bis zur Änderung eingetragenen Angaben verarbeiten, „wenn andere Rechtsvorschriften eine Verarbeitung der aktuellen Daten vorsehen“. Die Formulierung „andere Rechtsvorschriften“ wirkt hierbei als blankettartige Verweisung und eröffnet die Anknüpfung an bestehende und künftig zu schaffende spezialgesetzliche Register- und Abrufbefugnisse; sie trägt damit das Risiko einer gruppenbezogenen Erfassung und Nachverfolgung und wirft gleichheits- und diskriminierungsrechtliche Fragen (Art. 3 GG) auf. § 13 Abs. 4 SBGG erklärt Mitteilungen/Informationen/Abrufe zwischen Registern und Informationssystemen, die „aufgrund anderer Rechtsvorschriften“ erfolgen, ungeachtet des Offenbarungsverbots, für zulässig. Diese Verknüpfungen knüpfen ausdrücklich an die in § 10 Abs. 1 SBGG angeordnete Fortführung der historischen Registerangaben an und verfestigen deren operative Verfügbarkeit. Unter der TSG-Schutzordnung lag demgegenüber das Schutzziel in der statusgetragenen Korrektur des Geschlechts (BVerfGE 88, 87 [97f.]) und in der Abschirmung der Altangaben; die Verwaltungspraxis stellte Personenstands-, Melde- und Bildungsregister vollumfänglich auf den neuen Status um, Altangaben wurden nicht weiter operativ herangezogen.
Schließlich zeigt sich der materielle Systemwechsel in der Begriffswahl und in der Funktionslogik des SBGG: Die zentrale Anknüpfung erfolgt an den „aktuellen Geschlechtseintrag“ (vgl. § 6 Abs. 3 und 4 SBGG; bzw. „jeweils aktuelle Geschlechtseintrag“ und „jeweils aktuellen Vornamen“ laut § 6 Abs. 1 SBGG) und an die „Nachvollziehbarkeit der Identität“ (§ 13 Abs. 3 SBGG); das Gesetz korrektiviert den früheren Personenstand nicht endgültig, sondern historisiert und ergänzt. Die Folge ist, dass Altangaben — anders als unter dem statusgetragenen TSG-Regime — fortgeführt und weiterverarbeitet werden dürfen und der Schutz vor Offenbarung für die Betroffenen nicht mehr automatisch-statusbezogen, sondern eintrags- und verfahrensabhängig ausgestaltet ist. Damit entstehen strukturelle Outing-Risiken, die der vom Bundesverfassungsgericht herausgestellten Offenbarungsautonomie (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) entgegenlaufen, deren Zweck gerade darin besteht, Offenbarungszwänge im Alltag zu vermeiden (BVerfGE 88, 87 [97f.]).
f) Ergebnis: Systemwechsel vom statusgetragenen Nichtoffenbarungsschutz zur eintrags- und verfahrensabhängigen Historisierung
Die vom Bundesverfassungsgericht betonte Alltagsnähe der Offenbarungsautonomie (BVerfG 26.01.1993 – 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92 –,BVerfGE 88, 87 [97f.]; 27.10.2011 – 1 BvR 2027/11 –)[^12] des TSG wird durch die Konzeption des SBGG strukturell konterkariert: § 6 Abs. 2, 4 SBGG legitimieren abweichende Zuordnungen im sozialen und medizinischen Alltag, § 10 Abs. 2, 3 SBGG verlagert Schutz in ein antrags- und begründungspflichtiges Verfahren – ein System, das Schutz nur gegen Selbstouting gewährt und die präventive Schutzidee des TSG verfehlt.
Der Offenbarungsschutz war unter dem TSG statusgetragen und automatisch: mit Rechtskraft griff präventiv die Abschirmung der Altangaben; Register und Dokumente wurden pflichtgemäß auf den neuen Status umgestellt; Offenbarungsanlässe sollten nicht erst im Einzelfall abgewehrt, sondern strukturell vermieden werden. Das SBGG ersetzt dieses Konzept durch eine eintrags- und verfahrensabhängige Ordnung: Fortführung und Verarbeitung historischer Registerangaben, Nichtgeltungsgründe („Satz 1 gilt nicht, wenn ...“), Antrags- und Darlegungslasten („berechtigtes Interesse“) nebst Kosten, eine Ausweitung der Offenbarungsbefugnisse im Angehörigenkreis sowie das Entfallen statusbezogener Flankierungen und Sanktionsmechanismen. Die Folge ist keine gleichwertige Fortführung des früheren Schutzes, sondern eine Verschiebung vom präventiven Statusschutz zur konditionierten Einzelfallkorrektur bei fortbestehender Registerhistorie. Damit entstehen strukturelle Outing-Risiken und eine asymmetrische Schutzlücke zulasten der TSG-Statusinhaber*innen, die dem vom Bundesverfassungsgericht herausgearbeiteten Zweck der Offenbarungsautonomie (Stigmatisierungs- und Zwangsouting-Vermeidung) zuwiderlaufen.
II. Persönlicher und rechtlicher Ausgangspunkt der Beschwerdeführerin
1. Statusfeststellung nach dem TSG durch rechtskräftigen Gerichtsbeschluss
Die Beschwerdeführerin hat das Verfahren nach dem Transsexuellengesetz durchlaufen. Mit rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg (Az. 4 III 23/23, Anlage B1) wurde auf Grundlage zweier unabhängiger Gutachten und einer persönlichen richterlichen Anhörung festgestellt, dass die Beschwerdeführerin als dem weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist (Anlage B1). Dieser Beschluss begründete für die Beschwerdeführerin einen umfassenden und rechtlich gesicherten Status als Frau.
2. Darauf gestützte Lebensentscheidungen (u.a. geschlechtsangleichende Operation)
Im Vertrauen auf die Rechtskraft dieses Statusbeschlusses und die damit nach § 10 TSG verbundene, fortwirkende Gleichstellung richtete die Beschwerdeführerin ihr gesamtes Leben entsprechend aus. Als maßgebliche und irreversible Lebensentscheidung plante sie die notwendige geschlechtsangleichende Operation. Diese Planung wurde jedoch durch das herannahende SBGG und insbesondere durch den absehbaren, diskriminierenden Gehalt der §§ 6 Abs. 2 und 4 massiv beeinträchtigt. Aus der begründeten Furcht, mit männlichen Genitalien nach Inkrafttreten des Gesetzes von vornherein aus Frauenschutzräumen ausgeschlossen zu werden, sah sich die Beschwerdeführerin gezwungen, den chirurgischen Eingriff überstürzt und unter erheblich erhöhten medizinischen Risiken am 31.10.2024 – einen Tag vor Inkrafttreten des SBGG – in Lissabon durchführen zu lassen. Diese unter dem Druck der unheilvollen Gesetzeslage getroffene Entscheidung führte zu schweren postoperativen Komplikationen, welche nicht nur den Genitalbereich betrafen, sondern zum Beispiel auch einen akuten Ileus auslöste und damit allgemeine Lebensgefahr bedeutete. Der Grundrechtseingriff wirkte also bereits vor seinem formellen Inkrafttreten als Nötigung zu einer unumkehrbaren und gesundheits- und lebensgefährdenden Handlung. Zur Wiederherstellung eines weiblichen Genitalphänotypus und zur Rekonstruktion ihrer fast vollständig zerstörten Harnröhre ist am 19.12.2025 in der Nähe von München eine weitere OP geplant. Unklar ist, ob die private Krankenkasse der Beschwerdeführerin bereits Kenntnis hinsichtlich § 6 Abs. 4 SBGG hat, dass sie die Kostenübernahme zur Wiederherstellung eines weiblichen Genitalphänotypus verweigern darf. Da die geplante OP im Zusammenhang mit "körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten" nach § 6 Abs. 4 SBGG steht, darf die Krankenkasse hinsichtlich Fragen zur Kostenübernahme den weiblichen Status der Beschwerdeführerin nach § 6 Abs. 4 SBGG ignorieren. Um die Krankenkasse nicht auf diese Ablehnungsmöglichkeit hinzuweisen, stellt die Beschwerdeführerin bei ihrer Krankenkasse keine Vorabanfrage, sondern sieht sich gezwungen, das Risiko der vollen Kostenübernahme selbst zu tragen.
III. Die neue Rechtslage durch das SBGG und das ESBGG
Mit Wirkung zum 1. November 2024 trat das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) in Kraft und löste das Transsexuellengesetz, das gleichzeitig außer Kraft trat, vollständig ab.
Die neue Rechtslage wird durch drei für die Beschwerdeführerin maßgebliche Änderungen bestimmt:
Erstens wurde durch Artikel 4 des ESBGG das Personenstandsrecht (PStG) geändert. An entscheidenden Stellen wurde der bis dahin einheitliche Rechtsbegriff „Geschlecht“ durch den neuen Terminus „Geschlechtseintrag“ ersetzt oder ergänzt, wodurch eine systematische Differenzierung zwischen diesen beiden Begriffen eingeführt wurde.
Zweitens trifft § 6 SBGG neue Regelungen für die Rechtswirkungen des Geschlechtseintrags. Nach § 6 Abs. 2 SBGG bleiben das private Hausrecht und die Vertragsfreiheit von der Eintragung unberührt. Nach § 6 Abs. 4 SBGG kommt es bei allen gesundheitsbezogenen Maßnahmen oder Leistungen, die im Zusammenhang mit körperlichen Gegebenheiten stehen, nicht auf den aktuellen Geschlechtseintrag an.
Drittens wird der gerichtlich festgestellte Status der Beschwerdeführerin dem neuen Recht unterworfen. Dies geschieht durch zwei ineinandergreifende Vorschriften: Die Übergangsregelung des § 78 PStG ordnet an, dass die neuen Vorschriften für den „Geschlechtseintrag“ auch für alle Altfälle nach dem Transsexuellengesetz (Nr. 1) gelten. Hierdurch wird der Status der Beschwerdeführerin formell zu einem bloßen Eintrag degradiert. Flankierend hierzu unterwirft die Erstreckungsklausel des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG diese Altfälle den neuen, einschränkenden materiellen Regelungen der §§ 6 bis 13 SBGG.
IV. Konkrete und drohende Auswirkungen als Indiz für die Grundrechtsrelevanz
Seit Inkrafttreten des SBGG manifestieren sich die befürchteten Grundrechtsbeeinträchtigungen in der Praxis. Die folgenden Beispiele dienen als Indiz für die gegenwärtige und unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführerin und belegen, wie die angegriffenen Normen in der Realität angewendet werden.
1. Der Vorfall im Klinikum Osnabrück (Anwendung von § 6 Abs. 4 SBGG)
Im Frühjahr 2025 wurde die Beschwerdeführerin als Notfallpatientin mit einer akuten Blutung aus ihren postoperativen weiblichen Genitalien per Rettungswagen in das Klinikum O. eingeliefert. Nach der Triage in der Notaufnahme wurde sie medizinisch korrekt der Gynäkologie zugewiesen. Der dort zuständige Leitende Oberarzt, Dr. K., lehnte eine gynäkologische Untersuchung und Behandlung jedoch mit der Begründung ab: „Wir behandeln nur Frauen, die immer schon Frauen waren. Sie waren ja mal ein Mann.“ Er verwies die Beschwerdeführerin pauschal an die Urologie, obwohl diese über keine einschlägige Expertise mehr verfügte. Der Rettungsdiensteinsatz ist dokumentiert (Anlage B4). Der Arzt dokumentierte jedoch diesen Fall nicht, da die Beschwerdeführerin seiner Auffassung nach als "biologischer Mann" überhaupt nicht in die Gynäkologie gehöre und daher auch keine Dokumentationspflicht bestände. So verwies er sie, sich selbst bei der Urologie vorzustellen.
2. Der Vorfall in der Charité (Anwendung von § 6 Abs. 1 vs. Abs. 4 SBGG)
Während zweier Konsultationen bei dem Urologen und Gynäkologen Dr. N. an der Charité wurde die Beschwerdeführerin im mündlichen Austausch mit ärztlichem und nichtärztlichem Personal von Dr. N. durchgehend mit dem männlichen Pronomen „er“ bezeichnet. Auf Nachfrage erklärte der Arzt, dies sei ein „persönliches Problem“ von ihm. Im Gegensatz dazu verwendete er im anschließend ausgestellten, offiziellen Arztbrief die korrekte weibliche Anrede und das weibliche Pronomen, was die durch das SBGG geschaffene Spaltung zwischen dem formellen Rechtsverkehr (§ 6 Abs. 1) und der konkreten Behandlungssituation (§ 6 Abs. 4) illustriert.
3. Die Leitlinie des Deutschen Sauna-Bundes (Anwendung von § 6 Abs. 2 SBGG)
Der Deutsche Sauna-Bund e.V. hat am 21. Januar 2025 eine Leitlinie veröffentlicht, die sich ausdrücklich auf das SBGG bezieht (Anlage B7): „... der Eintrag des Geschlechts, unabhängig vom biologischen Geschlecht, ... führt aber nicht zu einem anderen Zutrittsrecht in geschlechtsspezifische Bereiche wie zum Beispiel an Tagen für Frauensaunen, an denen ausschließlich weibliche Personen zugelassen sind.“ Dies entspricht dem Wortlaut von § 6 Abs. 2 SBGG: „bleiben ... das Hausrecht ... unberührt.“ Dies betrifft alle Frauen mit transsexuellem Hintergrund, auch solche wie die Beschwerdeführerin, die sich einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen haben und einen gerichtlichen TSG-Status als Frau haben (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG). Sie zählen offenbar nicht zu den „ausschließlich weiblichen Personen“, die in einem frauenspezifischen Bereich einer Mitgliedsstätte des Deutschen Saunabundes zugelassen werden; denn in solchen Bereichen sind „nur Personen berechtigt sind, deren primäre Geschlechtsmerkmale weiblich sind.[^24]"
Das medizinische Standardwerk Pschyrembel definiert primäre weibliche Geschlechtsmerkmale als „das weibliche Geschlecht charakterisierende Merkmale, welche direkt der Fortpflanzung dienen und bei Geburt vorhanden sind (Ovarien, Tuben, Uterus, Vagina, Vulva)“. Nach aktuellem medizinischem Stand sind Uterus, Tuben und Eierstöcke durch chirurgische Maßnahmen weder herstellbar noch rekonstruierbar. Auch optische Genitalangleichungen von Neovagina und Vulva können das primäre weibliche Erscheinungsbild zwar annähern, aber anatomische, funktionale und strukturelle Unterschiede bleiben eindeutig nachweisbar. Somit ist die Möglichkeit eines freiwilligen Nachweises der primären Geschlechtsmerkmale nach Leitlinie in der Praxis nahezu ausnahmslos mit einem sofortigen Ausschluss auch der Frauen nach geschlechtsangleichender Operation verbunden.
Nach aktuellem medizinischem Stand können chirurgische Maßnahmen diese Merkmale nicht vollständig herstellen, Die Leitlinie bewirkt, dass Frauen mit transsexuellem Hintergrund in der Praxis auch bei weiblichem Eintrag im Personenstandsregister regelmäßig der Zugang zu Frauensaunen verweigert wird, insbesondere wenn der transsexuelle Hintergrund – etwa bei Nachfragen oder Kontrollen – offensichtlich oder nicht widerlegbar ist. Die Option, das primäre Geschlechtsorgan freiwillig nachzuweisen, kann als Hürde für die Betroffenen nicht als gleichwertiger Ersatz anerkannter rechtlicher Identität angesehen werden.
Das Hausrecht der Saunabetreiber ist durch die Leitlinie faktisch so gesichert, dass ein Betreten gegen die dort festgelegten Zugangsregeln als Hausfriedensbruch betrachtet werden könnte, wie der Deutsche Sauna-Bund in der Leitlinie andeutet: „Sollte es in der Saunaanlage Hinweise darauf geben, dass ein unberechtigter Zutritt geschehen ist, so sind die Mitarbeitenden nach wie vor verpflichtet, diesen Hinweisen nachzugehen und gegebenenfalls vom Hausrecht Gebrauch zu machen. ... Als letztes Mittel ist die Polizei zwecks Durchsetzung des Hausrechts einzubeziehen.“).
Rechtlich stellt die Leitlinie damit eine haftungsrechtliche Empfehlung mit großer Bindungswirkung dar und nimmt den betroffenen Frauen die Möglichkeit, ihre Situation im Vorfeld rechtssicher zu klären; jegliche Vorababsprache würde regelmäßig mit Hinweis auf die Leitlinie negiert. Es bliebe also nur der Weg, den Besuch zu versuchen und dabei von vornherein zu riskieren, dass dies strafrechtliche Konsequenzen haben kann. Diese Konstellation erfüllt das von der Kommentarliteratur formulierte Kriterium der Unzumutbarkeit: Barczak schreibt hierzu (Barczak, BVerfGG § 90 Rn. 381): „Außerdem ist unzumutbar, vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen eine straf- oder bußgeldbewehrte Rechtsnorm verstoßen und sich dem Risiko einer Ahndung auszusetzen zu müssen, um dann im Straf- oder Bußgeldverfahren die Verfassungswidrigkeit der Norm geltend machen zu können.“
4. Zur Aussichtslosigkeit des fachgerichtlichen Rechtswegs in den Beispielsfällen
Die geschilderten Vorfälle sind nicht nur Indizien für die Grundrechtsrelevanz, sondern belegen auch die Unzumutbarkeit des fachgerichtlichen Rechtswegs. Eine Klage vor den Straf-, Zivil- oder Verwaltungsgerichten wäre in diesen Fällen offensichtlich aussichtslos.
Im Fall der ärztlichen Behandlungen (Punkte 1 und 2) würden sich die beklagten Ärzte und Kliniken erfolgreich auf die imperative Vorgabe des § 6 Abs. 4 SBGG berufen, wonach sie verpflichtet sind, ihre Maßnahmen an den „organischen Gegebenheiten“ und nicht am rechtlichen Status auszurichten. Ein Fachgericht wäre an diese eindeutige gesetzliche Regelung gebunden und müsste eine Klage abweisen. Das gilt auch im Falle eines strafrechtlichen Vorgehens wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB) gegen den Arzt im Klinikum O.. Die Gegenseite würde erfolgreich argumentieren, dass die Verweisung an die Urologie keine Verweigerung von Hilfe darstellt, die auf der durch § 6 Abs. 4 SBGG legitimierten Einordnung der Beschwerdeführerin als biologischer Mann beruht. Dass der Arzt den Vorfall von seiner Seite nicht dokumentierte und die Beschwerdeführerin verwies, sich selbst bei der Urologie vorzustellen, ist für die Behandlung eines "biologischen Mannes" wegen § 6 Abs. 4 SBGG vor Fachgerichten vertretbar.
Im Fall der Sauna-Leitlinie (Punkt 3) würde sich der Betreiber ebenso erfolgreich auf § 6 Abs. 2 SBGG berufen, wonach sein Hausrecht „unberührt“ bleibt. Auch hier müsste ein Fachgericht dem klaren Wortlaut des Gesetzes folgen.
Die Vorfälle stellen somit keine behebbaren Einzelfehler dar, sondern sind direkte, vom Gesetzgeber legitimierte Konsequenzen der angegriffenen Normen. Eine Korrektur kann daher nicht durch die Fachgerichte, sondern nur durch die verfassungsrechtliche Prüfung des Gesetzes selbst erfolgen.
F. Begründetheit der Verfassungsbeschwerde
Die angegriffenen Normen verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG (Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Menschenwürde), Art. 3 Abs. 1 und 2 GG (Gleichheitssatz) sowie Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit). Darüber hinaus verstoßen sie gegen das aus Artikel 20 Abs. 3 GG folgende Rechtsstaatsprinzip, insbesondere gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Rechtskraft.
I. Verletzung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG): Rechtskraft- und Vertrauensschutz
1. Die rechtskraftdurchbrechende Wirkung der Erstreckungsklausel (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG)
Die verfassungsrechtliche Verletzung folgt nicht aus der bloßen Aufhebung der §§ 5 und 10 TSG, sondern aus dem Zusammenwirken der Erstreckungsklausel des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG mit den in § 6 Abs. 2 und Abs. 4 SBGG angelegten Zuordnungsachsen sowie der durch Artikel 4 des ESBGG veranlassten eintragszentrierten Ausrichtung des Personenstandsrechts. Erst diese Kombination ersetzt die statusbezogene Anknüpfung durch den bloßen Eintrag und verdrängt die Fortwirkung der rechtskräftigen TSG-Statusentscheidung in Zugang und Versorgung.
2. Entwertung der Fortwirkung einer rechtskräftigen Statusentscheidung (echte/rechtskraftnahe Rückwirkung)
Der TSG-Statusbeschluss des AG Oldenburg (Az. 4 III 23/23, Anlage B1) ist eine rechtskräftige Statusentscheidung mit gleichstellender Fortwirkung. Der Eingriff in diese durch ein Gerichtsurteil konkretisierte Rechtsposition ist als echte, mindestens aber rechtskraftnahe Rückwirkung zu qualifizieren. Eine Durchbrechung der Rechtskraft ist nur bei außergewöhnlichen Gründen von Verfassungsrang zulässig; solche sind nicht ersichtlich.
3. Fehlender Übergangs- und Bestandsschutz
Der Gesetzgeber hat es unterlassen, für die von der Erstreckungsklausel betroffenen Bestandsfälle Übergangsregelungen oder Bestandsschutzklauseln zu schaffen. Die Entwertung der rechtskräftigen Statusentscheidung erfolgt abrupt und ohne jede mildernde Vorkehrung, was den Eingriff in den Vertrauensschutz zusätzlich verschärft.
II. Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 GG)
1. Ungleichbehandlung gegenüber Personen ohne transsexuellen Hintergrund
a) Konkrete Beispiele der Ungleichbehandlung
Die angegriffene Normstruktur führt zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Dies zeigt der Vergleich der Beschwerdeführerin mit einer Frau, die mit dem Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKH) geboren wurde und über keine Vagina verfügt. Für die Frau mit MRKH-Syndrom besteht ein unstrittiger Leistungsanspruch aus dem SGB V auf die Schaffung einer Neovagina. Nach der bis zum 31. Oktober 2024 geltenden Rechtslage bestand dieser Anspruch in gleicher Weise für die Beschwerdeführerin, da § 10 TSG ihre vollumfängliche rechtliche Gleichstellung als Frau garantierte.
§ 6 Abs. 4 SBGG zerstört diese Gleichheit, indem es erlaubt, bei identischem medizinischen Funktionsbefund – wie der Vaginalagenesie bei MRKH oder einem postoperativen Introitusverschluss bei der Beschwerdeführerin – allein aufgrund des transsexuellen Hintergrunds eine andere rechtliche und medizinisch-indikative Bewertung vorzunehmen. In gleicher Weise führt § 6 Abs. 2 SBGG zu einer Ungleichbehandlung, da es erlaubt, die Beschwerdeführerin aus Schutzräumen auszuschließen, während dies bei einer Frau ohne transsexuellen Hintergrund unzulässig wäre. Dies stellt eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar und verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG.
b) Die Methode der Ungleichbehandlung: Die Fiktion „deklaratorischer“ Normen
Diese materielle Schlechterstellung wird durch eine gezielte Gesetzgebungstechnik erreicht, die einen rein klarstellenden (deklaratorischen) Charakter der Normen vortäuscht, obwohl sie tatsächlich neue Rechtslagen schafft. Die Behauptung aus dem Gesetzgebungsverfahren, Regelungen wie § 6 Abs. 2 SBGG („Hausrecht“) seien lediglich „deklaratorisch“, ist (wie bereits unter D II 2 b ausführlich dargelegt) eine juristisch unhaltbare Schutzbehauptung, da eine Norm immer einen rechtsetzenden Charakter hat. Die wahre Funktion dieser Norm ist es, eine neue Abwägungsgrundlage zu schaffen: Die Formulierung, das Hausrecht bleibe „unberührt“, bedeutet im Ergebnis nicht, dass das Gesetz das Hausrecht nicht antastet, sondern es im Gegenteil dahingehend stärkt, dass der neue Geschlechtseintrag das Hausrecht nicht mehr berühren darf. Im Gegensatz dazu berührte vor Inkrafttreten des SBGG der § 10 TSG das Hausrecht durchaus[^4]: ausschließlich zum Schutz von Menschen mit transsexuellem Hintergrund vor Diskriminierung wegen ihres transsexuellen Hintergrundes. Mit dem neuen § 6 Abs. 2 SBGG fällt dieser Schutz nun weg, indem der Inhaber des Hausrechts explizit ermächtigt wird, den Eintrag zu ignorieren. Dies ist keine Klarstellung, sondern eine neue, materielle Schlechterstellung der Betroffenen, die gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt[^5]. Anhand der politischen Nebenargumentation während des Gesetzgebungsverfahrens lässt sich in der Intention des Gesetzgebers auch der vermeintliche Schutz von Frauen ohne transsexuellem Hintergrund vor Frauen mit transsexuellem Hintergrund in Frauenschutzräumen (Damentoiletten, Damensaunen, Frauenhäuser, etc.) hinter dieser materiellen Schlechterstellung ablesen, welche von Fachgerichten mit berücksichtigt werden muss. Da in der Praxis diese Norm insbesondere auf Frauen mit transsexuellem Hintergrund anzuwenden ist, verstößt sie auch gegen Art. 3 Abs. 2 GG.
2. Verletzung der staatlichen Förder- und Schutzpflicht für Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG)
Artikel 3 Abs. 2 GG verpflichtet den Staat, die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. Zu den zentralen Gleichstellungsinstrumenten für Frauen gehören der gesicherte Zugang zu Schutzräumen und zu spezifischen medizinischen Versorgungsstrukturen. Wird einer Frau mit Transsexualität wie der Beschwerdeführerin durch die angegriffenen Normen der Zugang zu diesen Instrumenten statusrelativierend versagt oder erschwert, verfehlt die gesetzliche Konzeption diese staatliche Förder- und Schutzpflicht.
3. Die systemische Benachteiligung von Menschen mit gerichtlich festgestelltem Status nach TSG gegenüber Personen nach standesamtlicher Geschlechtseintragsänderung laut §§ 1 bis 5 SBGG
Die angegriffenen Normen verletzen den Gleichheitssatz nicht nur gegenüber Personen ohne transsexuellen Hintergrund, sondern auch gegenüber Menschen, die ihren Geschlechtseintrag nach den §§ 1 bis 5 SBGG ändern lassen.
Die Beschwerdeführerin verfügt über einen durch ein rechtsstaatliches Verfahren erlangten, rechtskräftigen Status als Frau. Dieser wurde durch ein gerichtliches Verfahren mit fachlicher Begutachtung und persönlicher Anhörung festgestellt und begründet eine allumfassende rechtliche Gleichstellung nach § 10 TSG sowie einen allumfassenden Offenbarungsschutz nach § 5 TSG. Der Status ist nicht widerrufbar, nicht anpassbar, nicht relativierbar – er ist rechtskräftig. Demgegenüber steht die Änderung des Geschlechtseintrags nach dem SBGG, die auf einer bloßen Selbsterklärung beruht, ohne gerichtliche Prüfung, ohne fachliche Begutachtung, ohne Unumkehrbarkeitsnachweis. Der Eintrag ist formal, flexibel, anpassbar – und nicht mit dem gleichen Schutzgewicht versehen.
Trotz dieser fundamental unterschiedlichen Rechtsqualität werden beide Gruppen durch § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG pauschal den statusrelativierenden Regelungen des § 6 SBGG unterworfen, ebenso den abgeschwächten Formen der den Status vor Offenbarung schützenden Regelungen laut §§ 10 und 13 SBGG – all dies ohne Differenzierung, ohne sachlichen Grund, ohne Rechtfertigung.
Die Folge ist eine systematische Benachteiligung derjenigen, die ihren Rechtsstatus bereits im Rechtsstaat errungen haben – zugunsten derjenigen, die ihn erst erlangen. Bei dieser verfassungswidrigen „Nivellierung nach unten“ wird die höhere Qualität und der Schutzgehalt des gerichtlich festgestellten Status der Beschwerdeführerin nicht anerkannt, sondern durch die Erstreckungsklausel entwertet. Der Gesetzgeber behandelt qualitativ und rechtlich ungleiche Rechtspositionen als gleichwertig – und zwar nicht nach oben, sondern nach unten. Diese Gleichsetzung ist nicht Ausgleich, sondern Degradierung – nicht Inklusion, sondern Diskriminierung der zuvor bereits allen Menschen des jeweiligen Zielgeschlechts in Rechten und Pflichten Gleichgestellten, darunter allen Frauen nach TSG-Verfahren, wie die Beschwerdeführerin, welche zuvor allen Frauen rechtlich gleichgestellt waren.
Die Benachteiligung wird noch verschärft durch die in § 15 Abs. 2 Nr. 1 festgelegte Nichtanwendung von § 14 SBGG (Bußgeldvorschriften) auf TSG-Absolvent*innen. Während Neu-SBGG-Fälle wegen § 14 SBGG über ein sanktionsbewehrtes Instrument zur Durchsetzung ihres Offenbarungsverbots verfügen, ist denjenigen, die bereits einen gerichtlich beschlossenen rechtskräftigen Status erlangt haben, dieser Hebel entzogen. Die Möglichkeit, ein Bußgeldverfahren einzuleiten, wirkt präventiv und sensibilisiert die Behörden für die Rechtslage. Diese Wirkungsmöglichkeit fehlt TSG-Absolvent*innen, ihnen ist der Weg, dieses Sanktionsinstrument in gerichtlichen und sonstigen Behördenverfahren nutzbringend einzusetzen, grundsätzlich verwehrt – dies ist strukturelle Entrechtung aufgrund staatlicher Willkür[^8].
Die Ungleichbehandlung ist nicht nur sachlich unbegründet – sie stellt eine doppelte Entwertung der staatlichen Rechtsgewährung und damit des Vertrauensschutzes für TSG-Absolvent*innen dar:
i) Erstens wird der rechtskräftig festgestellte Status auf das restringierte Niveau der §§ 6 bis 13 SBGG degradiert (wie in F I ausführlich dargestellt).
ii) Zweitens werden die TSG-Absolvent*innen gegenüber Absolvent*innen von SBGG-Neuverfahren in der Durchsetzungskraft ihrer verbliebenen Rechte erheblich geschwächt. Der Staat hat denen, die ihm Vertrauen schenkten – wie die Beschwerdeführerin – nicht nur darin enttäuscht (wie in i dargelegt), sondern sie darüber hinaus rückwirkend auch dafür stigmatisiert, weil sie dem Staat in diesem Punkt überhaupt vertrauten. Juristisch ist eine willkürliche Schlechterstellung einer Minderheit gegenüber einer anderen Gruppe, für die es keinen sachlichen Grund gibt, eine stigmatisierende Entwertung unter Missachtung des Achtungsanspruchs aus Art. 1 Abs. 1 GG. Es ist genau jene Willkür eines Staates, vor denen die Gewaltenteilung mit einer der Würde des Menschen verpflichteten Judikative zu schützen hat, damit die Glaubwürdigkeit in die Rechtsordnung für die Allgemeinheit erhalten bleibt. Diese Ungleichbehandlung verletzt damit nicht nur Art. 3 Abs. 1 GG – sowie bei den weiblichen TSG-Absolvent*innen Art. 3 Abs. 2 GG – und damit nicht nur die Gerechtigkeitsmoral. Diese Ungleichbehandlung mit staatlicher Willkür und ohne sachlichen Grund verletzt die innere Logik des Rechts selbst, kehrt sie gewissermaßen um. Die Betroffenen sind dann nicht nur die Opfer der Verletzung des Rechtstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG, sie werden durch diese Willkür auch zum Werkzeug für die Zersetzung des Rechtstaatsprinzips[^7]. Dies verletzt die Betroffenen unmittelbar in ihrer Würde nach Art. 1 Abs. 1 GG.
Bei der Ermittlung des Gesetzgeberwillens lässt sich aus der politischen Diskussion während der Gesetzgebungsphase ausschließlich das von den verantwortlichen Politikern genannte "Zeichen für den Systemwechsel" als möglicher sachlicher Grund eruieren[^9]. Man wollte offenbar alle Aspekte des vermeintlich "nachteiligen" alten TSG-Verfahrens zugunsten des neuen SBGG-Verfahrens "systematisch" beseitigen[^11]. Wenn dies aber wirklich ein sachlicher Grund im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG wäre, so hätte man doch diejenigen, die jenen vermeintlichen Nachteil über sich haben ergehen lassen müssen (die ehemaligen TSG-Absolvent*innen), nicht noch schlechter stellen dürfen als die, die das Glück hatten, dem vermeintlich mit weniger Nachteilen behafteten Verfahren des SBGG folgen zu dürfen. Die Würde des Menschen allein hätte dem Gesetzgeber geboten, den durch vermeintliches staatliches Unrecht Erlittenen (eben durch das TSG-Verfahren) eher einen positiven Ausgleich und damit eine Besserstellung gegenüber denen zu gönnen, die das Glück hatten, dass SBGG anwenden zu dürfen. Die Entscheidung des Gesetzgebers jedoch, diejenigen systematisch schlechter zu stellen, die aus seiner Sicht ohnehin schon benachteiligt waren, indem sie dem Rechtsstaat vertrauten, ist ein schwerer Eingriff in die Menschenwürde – denn sie stellt eine stigmatisierende Entwertung aufgrund des Vertrauens in die Rechtsordnung selbst dar[^10].
4. Die systemische Ungleichbehandlung durch die Gleichsetzung heterogener Personengruppen
Das SBGG behandelt unterschiedliche Personengruppen mit fundamental verschiedenen rechtlichen Ausgangslagen willkürlich gleich und verletzt damit Art. 3 Abs. 1 GG. Die Beschwerdeführerin verfügt über einen durch ein rechtsstaatliches Verfahren mit fachlicher Begutachtung erlangten, rechtskräftigen Status. Demgegenüber steht die Änderung des Geschlechtseintrags nach dem SBGG, die auf einer reinen Selbsterklärung beruht. Indem § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG die statusrelativierenden Regelungen des § 6 SBGG pauschal auf beide Gruppen erstreckt, wird wesentlich Ungleiches ohne sachlichen Grund gleichbehandelt.
5. Unsachliche Differenzierung durch widersprüchliche Normenhierarchie (§ 7 SBGG im Vergleich zu § 6 SBGG)
Die innere Widersprüchlichkeit des SBGG begründet eine unsachliche Differenzierung, die mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Für den Bereich der Quotenregelungen (§ 7 SBGG) hat der Gesetzgeber den Geschlechtseintrag mit einer starken, bindenden Rechtswirkung ausgestattet. Für die existenziellen Alltagsbereiche des Zugangs zu Schutzräumen (§ 6 Abs. 2 SBGG) und der Gesundheit (§ 6 Abs. 4 SBGG) hat er dem identischen Geschlechtseintrag diese Wirkung hingegen bewusst entzogen und ihn externen Zuordnungen unterworfen. Für diese ungleiche normative Bewertung desselben Rechtsinstituts fehlt jeder sachliche Grund. Dieser systematische Widerspruch verstößt gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Eine solche Vorgehensweise des Gesetzgebers ist im Ergebnis willkürlich.
III. Verletzung von Menschenwürde und Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG)
Die angegriffenen Normen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem durch Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht, dessen Kern die Achtung der geschlechtlichen Identität ist.
1. Die gesetzlich ermöglichte Re-Klassifikation nach biologisch-organischen Merkmalen
Das Grundgesetz schützt den Menschen davor, zum bloßen Objekt staatlichen oder privaten Handelns herabgewürdigt zu werden (sog. Objektformel). Die rechtskräftige Statusentscheidung der Beschwerdeführerin hat ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht verbindlich festgestellt und sie damit als Subjekt mit einer unantastbaren Identität anerkannt.
Die angegriffenen Normen hebeln diesen Schutz aus. § 6 Abs. 2 und Abs. 4 SBGG schaffen alternative Zuordnungsachsen, die es Dritten (Hausrechtsinhabern, Ärzten) ermöglichen, die rechtskräftige Statusentscheidung zu ignorieren und die Beschwerdeführerin eigenmächtig nach biologisch-organischen Merkmalen neu zu bewerten und zu klassifizieren. Damit wird die staatliche Feststellung ihrer Identität der Willkür Dritter unterworfen. Die Beschwerdeführerin wird von einem Rechtssubjekt, dessen Identität feststeht, zu einem Objekt, dessen Geschlecht je nach Situation neu verhandelt und bewertet werden kann. Dies ist mit der in Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Menschenwürde unvereinbar.
2. Das erhöhte Risiko des Zwangsoutings und der Stigmatisierung
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches davor schützt, sensible persönliche Daten gegen den eigenen Willen offenbaren zu müssen. Der durch das TSG gewährleistete Status diente zentral dem Zweck, ein Leben im festgestellten Geschlecht zu ermöglichen, ohne permanent mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert zu werden.
Diese Schutzwirkung wird durch das SBGG zerstört. Die gesetzlich angelegte Unsicherheit, ob der eigene Status in alltäglichen Situationen anerkannt wird, erzeugt einen permanenten Rechtfertigungsdruck. Um Zugang zu Schutzräumen zu erhalten oder eine angemessene medizinische Behandlung zu sichern, wird die Beschwerdeführerin faktisch gezwungen, ihre transsexuelle Biographie offenzulegen, um die Diskrepanz zwischen dem rechtlichen Status und der von Dritten vorgenommenen organbezogenen Bewertung zu erklären. Dieses systemisch erzwungene Outing führt zu Stigmatisierung und vereitelt den Zweck der rechtlichen Anerkennung.
3. Schutz der geschlechtlichen Identität als Kern der Persönlichkeit
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner ständigen Rechtsprechung betont, dass die geschlechtliche Identität zum unantastbaren Kernbereich der Persönlichkeit gehört und ihre rechtliche Anerkennung wirksam sein muss. Eine rein formale Anerkennung, die im Alltag für die wichtigsten Lebensbereiche wieder entzogen werden kann, wird diesem Schutzanspruch nicht gerecht.
Zudem beschränkt § 6 Abs. 1 SBGG die Maßgeblichkeit des Eintrags auf den „Rechtsverkehr“, was in der juristischen Auslegung primär den formellen, schriftlichen Verkehr umfasst. Für den mündlichen, alltäglichen Umgang, der für die Wahrung der persönlichen Würde entscheidend ist, schafft das Gesetz damit bewusst keinen Schutz. Der Vorfall in der Charité (D.IV.2.) illustriert diese Schutzlücke eindrücklich: Er zeigt eine Form der Stigmatisierung in persönlichen Interaktionen, die durch die Beschränkung auf den „Rechtsverkehr“ staatlich geduldet und, wie in D.IV.4. dargelegt, fachgerichtlich nicht angreifbar ist.
4. Schutzanspruch auf eine an der individuellen Identität ausgerichtete Gesundheitsversorgung
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) umfasst den Schutzanspruch der Patientin, im Rahmen einer medizinischen Behandlung als psychosomatische Einheit und in ihrer rechtskräftig festgestellten Identität wahrgenommen und respektiert zu werden. Der Staat hat die Schutzpflicht, die Rahmenbedingungen für eine solche an der Würde des Menschen ausgerichtete Gesundheitsversorgung zu gewährleisten.
Dieser Schutzpflicht läuft § 6 Abs. 4 SBGG diametral zuwider. Indem die Norm den Arzt zu einer rein organbezogenen Betrachtung zwingt und ihm verbietet, den rechtlichen Status der Patientin bei seiner Indikationsstellung zu berücksichtigen, greift der Staat aktiv in das Arzt-Patienten-Verhältnis ein. Er nötigt den Arzt, von einer ganzheitlichen, dem Facharztstandard entsprechenden Behandlung abzusehen und stattdessen eine medizinisch unvollständige, auf biologische Merkmale reduzierte Vorgehensweise zu wählen.
Die Beschneidung der Berufsfreiheit der Ärzte (Art. 12 Abs. 1 GG) ist somit das Mittel, durch welches der Staat die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Beschwerdeführerin bewirkt.
Die angegriffenen Normen schaffen einen in sich widersprüchlichen Zustand: Während der Geschlechtseintrag nach § 6 Abs. 1 SBGG formal im Rechtsverkehr als maßgeblich deklariert wird, wird seine Wirkung in den existenziellen Bereichen des sozialen Lebens (§ 6 Abs. 2) und der Gesundheit (§ 6 Abs. 4) wieder aufgehoben. Diese normative Inkonsistenz führt zu einer permanenten Infragestellung und Aushöhlung der anerkannten Identität. Der rechtskräftige TSG-Beschluss der Beschwerdeführerin, der die Umsetzung dieses verfassungsrechtlichen Schutzes darstellt, wird damit in seiner Substanz entwertet. Der Staat verletzt seine Schutzpflicht, wenn er eine Rechtslage schafft, die den Kern der Persönlichkeit seiner Bürger einer ständigen Unsicherheit und Aberkennung aussetzt.
5. Die drohende Versagung von Krankenkassenleistungen
Die imperative Vorgabe des § 6 Abs. 4 SBGG etabliert nicht nur eine neue Handlungsanweisung für Ärzte, sondern schafft zwangsläufig auch einen neuen, rein organisch-biologistischen Maßstab für die Auslegung der medizinischen Notwendigkeit von Behandlungen, der sowohl die Leistungsansprüche gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen (SGB V) als auch gegenüber den privaten Krankenversicherungen betrifft. Die teleologische Auslegung des Gesetzes zeigt, dass dies eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers war, um aus Furcht vor steigenden Fallzahlen nach Vereinfachung des Geschlechtseintrags eine pauschale Leistungsgrenze einzuziehen.
Die Norm gibt den Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst damit eine neue, gesetzliche Grundlage, die Kostenübernahme für medizinische Maßnahmen zu verweigern, deren Indikation auf einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Diagnose beruht und nicht auf einem primären Organbefund. Dass dies noch nicht flächendeckend geschieht, ist allein der bürokratischen Trägheit und dem nachwirkenden politischen Narrativ, es ändere sich nichts, geschuldet.
Für die Beschwerdeführerin stellt dies eine gegenwärtige und unmittelbare Bedrohung dar. Es ist absehbar, dass die medizinisch notwendige Behandlung der Komplikationen ihrer geschlechtsangleichenden Operation mit der Begründung abgelehnt werden könnte, dass für die Revision keine neue organisch-biologistische Indikation vorliege.
6. Verletzung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 1 Abs. 1 GG durch die negative Ausstrahlungswirkung der §§ 6 Abs. 2-4 SBGG
Eine systematische Gesamtschau des SBGG offenbart dessen fundamental restriktiven Charakter. Kennzeichnend für diesen Systemwechsel ist die penetrante Betonung des "aktuellen" Geschlechtseintrags und der "aktuellen" Vornamen in den zentralen Normen des § 6 Abs. 1, 3 und 4. Damit weicht der Gesetzgeber vom Prinzip des TSG ab, das eine auf Dauer angelegte, statusbegründende Gerichtsentscheidung vorsah. Die neue Rechtslogik behandelt die Geschlechtsidentität nicht mehr als festgestellten Status, sondern als einen volatilen, jederzeit änderbaren Datensatz. Der grundrechtlich verankerte absolute Würdeträger der Geschlechtsidentität wird zu einem Software-Produkt-Analogon mit jederzeit revidierbarem Versionsstand degradiert, dessen nächste "Aktualisierung" das Gesetz bereits zu erwarten scheint. Dies steht im scharfen Kontrast zur Rechtslogik des TSG, nach der selbst eine Detransition einen erneuten, vollständigen Gerichtsprozess erforderte, was den Willen des damaligen Gesetzgebers unterstreicht, die Geschlechtsidentität als einen dauerhaften, richterlich festgestellten Rechtsstatus zu behandeln.
Abgesehen von der Regelung zur Maßgeblichkeit im Rechtsverkehr (§ 6 Abs. 1) und einer spezialgesetzlichen Vorschrift zu Quotenregelungen (§ 7), enthält das Gesetz keine positiven, die Rechtsstellung der Betroffenen erweiternden Normen[^6]. Vielmehr stellen die materiellen Regelungen der §§ 6 Abs. 2-4 sowie weitere Vorschriften wie § 9 (Verteidigungsfall) oder die Hürde des „berechtigten Interesses“ bei Zeugnisanpassungen (§ 10 SBGG) im Vergleich zu der umfassenden Rechtsstellung, die ihr durch den gerichtlichen TSG-Status zuvor zukam, ausschließlich materielle Verschlechterungen dar. Diese legislative Unwucht belegt, dass der primäre Regelungszweck des Gesetzes nicht in der Stärkung von Rechten, sondern in deren gezielter Begrenzung liegt.
a) Die Einzelnormen als systematische Herabwürdigung
Die angegriffenen Normen der §§ 6 Abs. 2 und 4 SBGG sowie die Norm § 6 Abs. 3 SBGG stellen keine isolierten Einzelregelungen dar, sondern greifen systematisch in zentrale Bereiche der Lebensführung und der personalen Identität ein. Mit dem Hausrecht (§ 6 Abs. 2), dem Sport (§ 6 Abs. 3) und der Gesundheit (§ 6 Abs. 4) werden gezielt der soziale Nahbereich, der Raum der körperlichen Entfaltung und Wettbewerbs sowie der Kernbereich der körperlichen Integrität erfasst. In all diesen Sphären wird die rechtliche Anerkennung der Geschlechtsidentität gezielt eingeschränkt oder für unbeachtlich erklärt.
b) Die staatliche Botschaft der Entwertung
In ihrer Kumulation entfalten diese Regelungen eine verheerende negative Ausstrahlungswirkung. Die vom Staat ausgehende Botschaft lautet, dass die durch den Geschlechtseintrag dokumentierte Identität von Personen mit transsexuellem Hintergrund eine rechtlich nachrangige, quasi widerrufliche Fiktion sei, die hinter biologischen Merkmalen oder den Interessen Dritter zurückzutreten habe. Der Staat signalisiert damit der Gesellschaft, dass die Identität dieser Menschen nicht als vollwertige, unantastbare Realität, sondern als ein administratives Konstrukt mit eingeschränkter Geltung zu behandeln ist.
c) Die Verletzung der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 1 Abs. 1 GG
Diese staatlich gesendete Botschaft der Entwertung verletzt die aus der Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG) folgende Schutzpflicht des Staates. Die Würde des Menschen umfasst das Recht auf Achtung und Anerkennung seiner personalen und geschlechtlichen Identität. Der Staat ist nicht nur verpflichtet, diese Identität nicht selbst zu verletzen, sondern er muss sie auch vor sozialer Ausgrenzung und Herabwürdigung schützen. Indem der Gesetzgeber mit den §§ 6 Abs. 2-4 SBGG ein System schafft, das die soziale Stigmatisierung fördert und die Identität von Menschen mit transsexuellem Hintergrund als defizitär darstellt, verkehrt er seine Schutzpflicht in ihr Gegenteil und trägt aktiv zur Verletzung der Menschenwürde bei.
IV. Systemische Verfassungswidrigkeit der Trennung von „Geschlecht“ und „Geschlechtseintrag“
Durch Artikel 4 des ESBGG wird im Personenstandsrecht eine systematische Differenzierung zwischen dem verfassungsrechtlich verankerten Begriff „Geschlecht“ und dem neu geschaffenen Terminus „Geschlechtseintrag“ eingeführt. Diese begriffliche Spaltung ist nicht nur terminologischer Natur, sondern begründet eine in sich widersprüchliche und damit verfassungswidrige Normenarchitektur.
1. Die Schaffung kollidierender Bezugssysteme durch eindeutige gesetzliche Anordnung
Die angegriffene Gesetzesarchitektur schafft für alle Personen, die ihren Geschlechtseintrag nach dem SBGG ändern oder deren Status – wie bei der Beschwerdeführerin – diesem Gesetz unterworfen wird, zwei miteinander kollidierende rechtliche Bezugssysteme:
Das statusbasierte Bezugssystem: Der rechtliche Ausgangspunkt einer Person ist das bei der Geburt festgestellte Geschlecht („Geburtsgeschlecht“). Das Grundgesetz und die darauf beruhende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts schützen jedoch die geschlechtliche Identität und haben den Gesetzgeber verpflichtet, einen Weg zur rechtlichen Anerkennung dieser Identität zu schaffen. Für Bestandsfälle wie die Beschwerdeführerin wurde dieser Weg durch das TSG eröffnet. Ihr rechtskräftiger Gerichtsbeschluss hat ihre Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht konstitutiv festgestellt. Dieser neue, gerichtlich anerkannte Status ist an die Stelle des ursprünglichen Geburtsgeschlechts getreten und begründet als ihr nunmehr maßgebliches „Geschlecht“ eine fortwirkende Gleichstellung in allen vom Geschlecht abhängigen Rechten und Pflichten.
Das eintragsbasierte Bezugssystem: Demgegenüber etabliert das ESBGG den „Geschlechtseintrag“ als einen neuen, abgeleiteten Registervermerk. Dieser Eintrag wird durch die angegriffenen Normen (§ 6 Abs. 2 und 4 SBGG) in seiner Wirkung von vornherein geschwächt und externen, organ- und hausrechtsbezogenen Zuordnungen unterworfen, die im Ergebnis auf das Geburtsgeschlecht rekurrieren.
Die Erstreckungsklausel des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG löst diesen Konflikt für die Beschwerdeführerin nicht auf. Stattdessen unterwirft sie den umfassenden, statusbasierten Schutz der Beschwerdeführerin den neuen, einschränkenden Regelungen des eintragsbasierten Systems. Für die zentralen Lebensbereiche des Hausrechts und der Gesundheit gilt damit nicht mehr der starke Status, sondern die schwache und durch externe Zuordnungen überlagerte Regelung des Eintrags.
2. Verstoß gegen die Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 20 Abs. 3 GG)
Die gesetzliche Regelung ist nicht unklar, sondern in ihrer verfassungswidrigen Wirkung eindeutig. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung wird verletzt. Ein Gesetz, das einerseits einen Rechtsstatus durch Eintragung im Personenstandsregister anerkennt, ihn aber an anderer Stelle für existenzielle Lebensbereiche durch klar definierte Ausnahmen wieder entwertet, ist in sich widersprüchlich. Diese eindeutige Inkonsistenz – und nicht eine bloße Unklarheit – ist der Kern der Verfassungswidrigkeit. Ein Fachgericht wäre gezwungen, diese Widersprüchlichkeit anzuwenden, nicht sie aufzulösen.
V. Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG)
Die angegriffenen Normen verstoßen gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot. Die mit den Regelungen verbundenen Eingriffe in die Grundrechte der Beschwerdeführerin sind zur Erreichung der Gesetzesziele weder erforderlich noch angemessen.
1. Ungeeignetheit und fehlende Erforderlichkeit der pauschalen Regelungen
Das SBGG verfolgt nach seinem § 1 das legitime Ziel, die Selbstbestimmung zu stärken und die Achtung der Geschlechtsidentität zu verwirklichen. Die gewählten Mittel – insbesondere die ersatzlose Aufhebung des TSG und die Unterwerfung von Bestandsfällen unter die statusrelativierenden Regelungen des § 6 SBGG durch § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG – sind jedoch nicht erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen.
Dem Gesetzgeber standen mildere, gleich geeignete Mittel zur Verfügung. Er hätte die berechtigten Anliegen von Personen, die ein vereinfachtes Verfahren wünschen, durch ein neues Gesetz regeln können, ohne das bewährte TSG für Bestandsfälle oder als freiwillige Option aufzuheben. Insbesondere hätte er eine statuswahrende Bestandsschutzklausel für Personen mit rechtskräftigem TSG-Beschluss schaffen können. Der vollständige Entzug des bewährten Schutzregimes war zur Erreichung der Gesetzesziele nicht geboten und damit nicht erforderlich.
2. Unangemessenheit des Eingriffs (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne)
Der Eingriff ist zudem unangemessen, da die Schwere der Grundrechtsbeeinträchtigung für die Beschwerdeführerin in keinem Verhältnis zum angestrebten Nutzen der Regelung steht.
Auf der einen Seite steht der massive Eingriff in die Rechtsposition der Beschwerdeführerin: die Entwertung ihres rechtskräftigen, auf Gutachten basierenden Gerichtsbeschlusses und der damit einhergehende konkrete Verlust von Rechten. Hierzu zählen das Recht, in geschützten Räumen nicht willkürlich als Mann eingeordnet zu werden (§ 6 Abs. 2 SBGG), sowie das Recht auf eine medizinische Behandlung, die ihren rechtlichen Status als Frau berücksichtigt und nicht imperativ auf ihre organischen Merkmale reduziert wird (§ 6 Abs. 4 SBGG). Dieser Rechtsverlust stellt eine Verletzung von Gleichheit, Persönlichkeitsrecht und Würde dar.
Auf der anderen Seite steht das gesetzgeberische Ziel, ein einheitliches und vereinfachtes System zu schaffen. Dieses Ziel rechtfertigt es nicht, die hart erworbenen und durch das Rechtsstaatsprinzip geschützten Rechte einer vulnerablen Minderheit zu opfern. Die Belastungen, die der Beschwerdeführerin und anderen TSG-Bestandsfällen auferlegt werden, sind von einem Gewicht, das durch die Vorteile der Neuregelung bei weitem nicht aufgewogen wird. Der Eingriff ist daher unangemessen und unverhältnismäßig.
VI. Eingriff in die Berufsfreiheit der Ärzte (Art. 12 Abs. 1 GG) als systemischer Fehler des § 6 Abs. 4 SBGG
§ 6 Abs. 4 SBGG formuliert eine registerneutrale Imperativnorm für alle gesundheitsbezogenen Maßnahmen und Leistungen. Diese Vorschrift beschneidet die durch Artikel 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Ärzteschaft in verfassungswidriger Weise, indem sie den fachlichen Indikationsspielraum generell statusentleert vorgibt und die Berücksichtigung der für eine Behandlung maßgeblichen psychiatrisch-psychosomatischen Gesamtsituation des Patienten normativ einschränkt. Die Vorschrift ist somit keine bloße deskriptive Klarstellung des medizinischen Status quo (Neutralnorm), sondern eine präskriptive Handlungsanweisung, die aktiv in die ärztliche Entscheidungsfindung eingreift.
Die gesamte Transsexuellenmedizin beruht auf dem Grundsatz, auf Basis einer gesicherten psychisch-mentalen Diagnose (der Kerngeschlechtsidentität) medizinische Maßnahmen einzuleiten, die den ursprünglichen biologisch-organischen Gegebenheiten entgegenwirken. Begriffe wie „gegengeschlechtliche Hormontherapie“ oder „geschlechtsangleichende Operation“ belegen, dass sich deren Indikation grundsätzlich nicht allein anhand der primären körperlichen Merkmale herleiten lässt. § 6 Abs. 4 SBGG ignoriert diese medizinische Realität und zwingt Ärzte, einen entscheidenden Faktor für die Indikationsstellung – den rechtlich anerkannten Status als Ausdruck der Identität – auszublenden.
Eine teleologische Auslegung der Norm zeigt, dass dieser Eingriff in die ärztliche Freiheit beabsichtigt war. Aus dem Gesetzgebungsverfahren wird ersichtlich, dass die Befürchtung bestand, die Vereinfachung des Geschlechtseintrages könnte zu einer unkontrollierten Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen führen. Die Norm dient damit nicht der Patientensicherheit, die bereits durch das einfache Recht (§§ 630a ff. BGB, Facharztstandard) gewährleistet ist, sondern sie soll als vorgeschobene Barriere die Leistungsansprüche von Patient*innen und die Behandlungsmöglichkeiten von Ärzt*innen einschränken.
Die Gefahr dieser Regelung wurde bereits während des Gesetzgebungsprozesses erkannt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte führte in seiner Stellungnahme aus: „Bislang sind die rechtliche Anerkennung der Geschlechtsidentität und die damit verbundene Änderung des Geschlechtseintrags einerseits und die für die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen erforderliche Entscheidung über die Notwendigkeit geschlechtsangleichender medizinischer Behandlung andererseits voneinander getrennt. [...] Die Verwendung der Worte ‚nach biologischen Gegebenheiten‘ in der Gesetzesbegründung birgt daher die Gefahr, dass unter Verweis auf diese Formulierung die Kostenübernahme künftig verweigert wird. Das Institut empfiehlt deshalb, in der Gesetzesbegründung die Worte ‚nach biologischen Gegebenheiten‘ zu streichen, um das Recht auf Gesundheit von denjenigen trans Menschen, die einer geschlechtsangleichenden medizinischen Behandlung bedürfen, vollumfänglich sicherzustellen.“ (Deutsches Institut für Menschenrechte, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (Selbstbestimmungsgesetz – SBGG), Juli 2023, S. 17.)
Die angegriffene Norm greift somit in verfassungswidriger Weise in die Freiheit der ärztlichen Berufsausübung ein, indem sie eine ideologische, medizinisch sachfremde Vorgabe für die Indikationsstellung macht.
VII. Zur Notwendigkeit einer generellen Normverwerfung
Die Beschwerdeführerin ist Teil einer klar abgrenzbaren Personengruppe von Bestandsfällen, deren Status nach dem Transsexuellengesetz rechtskräftig festgestellt wurde. Alle Mitglieder dieser Gruppe sind durch die Erstreckungsklausel des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG in identischer Weise in ihren Grundrechten aus Art. 20 Abs. 3, Art. 3 und Art. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG betroffen. Insbesondere sind darunter Menschen, die ihren TSG-Beschluss vor der Leitentscheidung des Bundesverfassungsgericht (BVerfG, 11.01.2011 – 1 BvR 3295/07 –, BVerfGE 128, 109) erhielten. Sie mussten noch für ihren TSG-Status die Operation zwingend erfüllen und nachweisbar unfruchtbar sein. Gerade für diese Personengruppe, die im Vertrauen auf die staatliche Zusage eines dauerhaften und vollwertigen Rechtsstatus damals gesetzlich geforderte, unumkehrbare operative Eingriffe auf sich genommen hat, wiegt die nunmehr erfolgte Entwertung dieses Status besonders schwer. Der Eingriff in den Vertrauensschutz ist für diese Betroffenen von einer außergewöhnlichen Intensität.
Eine rein auf die Beschwerdeführerin bezogene Entscheidung würde den verfassungswidrigen Zustand für alle anderen Betroffenen fortbestehen lassen und sie zwingen, zur Wahrung ihrer Grundrechte ebenfalls den Weg der Verfassungsbeschwerde zu beschreiten. Um einen effektiven Grundrechtsschutz für die gesamte betroffene Gruppe zu gewährleisten und eine Vielzahl gleichgelagerter Verfahren zu vermeiden, ist eine generelle Nichtigerklärung der angegriffenen Norm geboten.
G. Ergebnis
Die dargelegte Prüfung der angegriffenen Normen hat ergeben, dass diese in mehrfacher Hinsicht mit dem Grundgesetz unvereinbar sind. Sie verletzen die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten. Eine wirksame und vollständige Beseitigung dieser Grundrechtsverletzung kann nicht allein durch die Nichtigerklärung der §§ 6 Abs. 2 und 4 SBGG erfolgen. Der Grund für die Verletzung liegt tiefer: Er liegt in dem gesetzgeberischen Gesamtkonzept der Entwertung des Geschlechtseintrags: mit unmittelbarer Belastung der Beschwerdeführerin durch das gesamte herabwürdigende SBGG-Regelungsregime, dessen negative Ausstrahlungswirkung sich auch in § 6 Abs. 3 SBGG zeigt. Die juristische Ursache dafür, dass dieses verfassungswidrige Konzept überhaupt auf die Beschwerdeführerin Anwendung findet, ist die Rückwirkungsanordnung in § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG. Um die hier gerügten Grundrechtsverletzungen effektiv und vollständig zu beseitigen, muss daher die Wurzel der Verletzung – die Anwendung des SBGG auf den Fall der Beschwerdeführerin durch § 15 Abs. 2 Nr. 1 – aufgehoben werden. Die Aufhebung dieser Rückwirkungsanordnung ist die einzig verfassungskonforme Lösung, die den etablierten Schutzstatus von Personen mit gerichtlicher Statusfeststellung nach dem TSG wiederherstellt.
Die Erstreckungsklausel des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG verletzt in Verbindung mit der Reform des Personenstandsrechts nach § 78 PStG das Rechtsstaatsprinzip aus Artikel 20 Abs. 3 GG. Sie entwertet einen rechtskräftigen, Dauerhaftigkeit feststellenden und auf Fachgutachten basierenden Gerichtsbeschluss der Beschwerdeführerin und greift damit in unzulässiger Weise in die Grundsätze der Rechtskraft und des Vertrauensschutzes ein.
Die in §§ 6 Abs. 2 und 4 SBGG etablierten externen Zuordnungsachsen verletzen die Beschwerdeführerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und ihrer Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG), da sie ihre anerkannte geschlechtliche Identität der willkürlichen Neubewertung durch Dritte unterwerfen.
Die gesamte Normenarchitektur verstößt zudem durch ihre inneren Widersprüche und die Ungleichbehandlung von Personengruppen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 GG), ist unverhältnismäßig und greift in unzulässiger Weise in die Berufsfreiheit der Ärzte (Art. 12 Abs. 1 GG) ein.
Aus diesen Gründen sind die angegriffenen Vorschriften für verfassungswidrig und nichtig zu erklären.
Ettlingen, den 31. Oktober 2025
(Unterschrift)
Alina Morad
H. Anlagenverzeichnis
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Anlage B1: Beschluss des Amtsgerichts Oldenburg (Az. 4 III 23/23) (Beleg des rechtskräftig festgestellten Status als Frau)
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Anlage B2: Auszug aus dem Bundesgesetzblatt Jahrgang 2024 Teil I Nr. 206 (Wortlaut der angegriffenen Normen des SBGG und des Einführungsgesetzes zum SBGG (ESBGG))
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Anlage B3: Text des Transsexuellengesetzes (TSG) in der bis zum 31.10.2024 gültigen Fassung
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Anlage B4: Rechnung/Einsatzprotokoll des Rettungsdienstes zum Vorfall im Klinikum Osnabrück (Objektiver Nachweis des Notfalleinsatzes)
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Anlage B5: Ärztlicher Befundbericht der Gynäkologie des Universitätsklinikums „Santa Maria“ in Lissabon
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Anlage B6: Bestätigung des Operationstermins am 19.12.2025 (Beleg zur Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit)
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Anlage B7: Leitlinie des Deutschen Sauna-Bundes e.V. vom 21. Januar 2025 (Beleg zur Praxisanwendung von § 6 Abs. 2 SBGG)
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Anlage B8: Synopse relevanter Normen des Personenstandsgesetzes (PStG) a.F. / n.F. (Verdeutlichung der systemischen Änderung von „Geschlecht“ zu „Geschlechtseintrag“)
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Anlage B9: Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMBFSFJ) auf eine Anfrage von Herrn Sebastian Potter (https://www.transsexualitaet-nibd.de)
[^1]: Bildlich gesprochen: Die Fachgerichte sind Lotsen, die ein Gesetz nur durch eine vorhandene verfassungsrechtliche Fahrrinne führen dürfen. Existiert keine solche Rinne, gibt es keine verfassungskonforme Route. Deshalb lässt sich auch kein Kurs finden, der TSG-Bestandsfälle von der Erstreckung des § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG ausnimmt oder den rechtskräftigen TSG-Status als Vorrangmaßstab vor § 6 Abs. 2 und 4 SBGG setzt: Ein solcher Kurs würde Bojen versetzen und Karten neu zeichnen – also den Wortlaut und den erkennbaren Gesetzeswillen überschreiten (contra legem). Das aber wäre nicht Lotsenarbeit, sondern Uferbau und verstieße gegen Art. 20 Abs. 3 GG (Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht).
[^2]: Diese gesetzlich geschaffene Dichotomie erinnert an Immanuel Kants erkenntnistheoretische Unterscheidung zwischen dem allumfassenden „Ding an sich“ und seiner bloß sinnlich wahrnehmbaren „Erscheinung des Dinges“ (vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, Riga 1781, A251f.). Dieser ideengeschichtliche Rückgriff legt die verfassungsrechtlich problematische Strategie des SBGG offen: Verfassungsrechtlich entspricht Kants „Ding an sich“ der Essenz der Persönlichkeit, deren geschlechtliche Identität durch das Allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) geschützt ist. Das BVerfG hat diesen Schutz in ständiger Rechtsprechung als zentrales Element der Menschenwürde etabliert und den Staat zur Anerkennung der empfundenen Geschlechtsidentität als rechtlich verbindliche Tatsache verpflichtet (vgl. grundlegend BVerfGE 128, 109; BVerfGE 115, 1). Die „Erscheinung des Dinges“ hingegen wird im SBGG vom "Ding an sich" dissoziiert sowie zu einem bloßen administrativen Datum degradiert – einem Schatten der wahren Identität, vergleichbar den Schatten in Platons Höhlengleichnis –, dessen Wirkung sich laut § 6 Abs. 1 SBGG im unverbindlichen „Rechtsverkehr“ erschöpft und laut § 6 Abs. 2, 3, 4 SBGG nur Einschränkungen erleidet. Die Strategie des Gesetzgebers ist somit, die verfassungsrechtlich geschützte Essenz des Geschlechts von ihrer bloßen „Erscheinung“ (dem Geschlechtseintrag) abzukoppeln, um letzterer die umfassende, an die Essenz gekoppelte Rechtswirkung zu entziehen, die der Geschlechtseintrag nach der Rechtsprechung zum TSG noch besaß. Das Gesetz regelt fortan nur noch den Schatten, nicht mehr den Menschen.
[^3]: Nach der herrschenden juristischen Methodenlehre überschritte eine Interpretation, die einen eindeutig befehlenden Normtext als bloß feststellend behandelt, die Grenzen richterlicher Auslegung (sog. Wortlautgrenze) und wäre unzulässig, da sie die für den Bürger notwendige Rechtssicherheit untergrübe (vgl. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 12. Aufl. 2021, S. 35 ff.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, S. 141 ff.).
[^4]: Bei der Ermittlung des gesetzgeberischen Willens fällt zudem auf, dass die Gesetzesmaterialien sowie die begleitende politische Kommunikation während des Gesetzgebungsverfahrens die etablierte Rechtsstellung von Personen nach dem TSG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des BVerfG weitgehend aussparten. Während das TSG pauschal als defizitär dargestellt wurde, unterblieb eine argumentative Befassung mit der vollumfänglichen rechtlichen Gleichstellung, die § 10 TSG in Verbindung mit dem unanfechtbaren Gerichtsbeschluss bewirkte. Dies bestärkt den Eindruck, dass das Ziel des SBGG nicht die bloße Klarstellung (Deklaration) einer Rechtslage war, sondern eine bewusste materielle Neuregelung zu Lasten der Betroffenen.
[^5]: Dass § 6 Abs. 1 SBGG keine umfassende rechtliche Gleichstellung wie der frühere § 10 TSG bewirkt, wird durch die Existenz des § 7 SBGG bewiesen: Wäre die allgemeine Regelung in § 6 Abs. 1 ausreichend, wäre eine spezielle und unbedingte Norm für Quotenregelungen überflüssig.
[^6]: Die Bußgeldvorschrift laut § 14 SBGG wäre zwar eine die Rechtstellung erweiternde Norm, aber sie gilt laut der Erstreckungsklausel § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG ausdrücklich nicht für Menschen mit gerichtlich festgestelltem Status nach TSG. Weil diese Erstreckungsklausel jedoch das aus dem gerichtlichen Status grundrechtlich ableitbare strafrechtsbewährte Offenbarungsverbot für diese Menschen nach §§ 10 und 13 SBGG systematisch abgeschwächt hat, gibt es nun für sie überhaupt keine Sanktionsmöglichkeit mehr gegen Offenbarungen ihrer früheren Namen oder ihrer transsexuellen Vorgeschichte.
[^7]: Die unmittelbare Grundrechtsverletzung durch die pauschale Benachteiligung von TSG-Absolvent*innen erschüttert zugleich das Vertrauen in das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Aus diesem Grund ergibt sich für die Beschwerdeführerin das Recht, nach Art. 20 Abs. 4 GG mit dieser Rechtssatzbeschwerde gegen § 15 Abs. 2 Nr. 1 vorzugehen – nicht nur zur Geltendmachung ihres individuellen Rechts, sondern auch als Beitrag zur Wiederherstellung der verfassungsrechtlichen Ordnung.
[^8]: BVerfG, 12.03.1996 – 1 BvR 609/90; 1 BvR 692/90 –, BVerfGE 94, 241 [258] („Kindererziehungszeiten“):
„Zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips zählen Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. Durch das Grundgesetz ist aber nur das Vertrauen der Bürger darauf geschützt, daß Rechtspositionen, die ihnen gesetzlich eingeräumt worden sind, nicht nachträglich verschlechtert werden: Der Einzelne soll sich grundsätzlich darauf verlassen können, daß der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände keine ungünstigeren Folgen knüpft als sie im Zeitpunkt der Vollendung dieser Tatbestände voraussehbar waren (sogenannte echte Rückwirkung; vgl. BVerfGE 13, 261 [271]; stRspr).“
Durch den gerichtlich festgestellten Status der Beschwerdeführerin wurde ein abgeschlossener Tatbestand geschaffen, aus welchem die unzweifelhafte rechtliche Anerkennung als in allen Rechten und Pflichten dem weiblichen Geschlecht zugehörig folgt. Der per Gerichtsbeschluss festgesetzte abgeschlossene Tatbestand wurde auch durch die Anforderungen der Irreversibilität und Dauerhaftigkeit des Status laut § 1 Abs. 2 und § 4 Abs. 3 TSG zusätzlich sichergestellt.
§ 1 Abs. 2 TSG:
„... mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird, ...“
§ 4 Abs. 3 TSG lautet:
„... in ihren Gutachten haben sie auch dazu Stellung zu nehmen, ob sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft das Zugehörigkeitsempfinden des Antragstellers mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.“
Diese rechtskräftige Anerkennung wurde rückwirkend auf das Niveau der §§ 6 bis 13 SBGG degradiert, und zwar kraft § 15 Abs. 2 Nr. 1:
„Die §§ 6 bis 13 gelten entsprechend für Änderungen des Geschlechtseintrags und der Vornamen, die vorgenommen wurden auf Grund der jeweils bis einschließlich 31. Oktober 2024 geltenden Fassung ... des Transsexuellengesetzes ...“
Der Gesetzgeber hat willkürlich den § 14 (Bußgeldverfahren) hier ausgespart, obwohl Neu-SBGG-Absolvent*innen ihn zum Schutz vor diskriminierenden Offenlegungen anwenden können.
BVerfG, 15.12.2015 – 1 BvL 1/12 –, BVerfGE 141, 1 [38f. Rn. 93 f.]:
„1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 [385]; 116, 164 [180]; 122, 210 [230]; 130, 240 [252]). Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 [17]; 121, 108 [119]; 121, 317 [370]; 122, 210 [230]; 126, 400 [416]; 130, 240 [252f.]; 135, 126 [143 Rn. 51]; 138, 136 [180 Rn. 121]; stRspr). Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (vgl. BVerfGE 116, 164 [180]; 121, 108 [119]; 121, 317 [370]; 126, 400 [416]; 138, 136 [180 Rn. 121]). Differenzierungen sind damit nicht ausgeschlossen, bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 [220]; 129, 49 [68]; 130, 240 [253]; 132, 179 [188 Rn. 30]; 133, 59 [86 Rn. 72]; 135, 126 [143 Rn. 52]; 138, 136 [180 Rn. 121]). Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen (vgl. BVerfGE 75, 108 [157]; 107, 218 [244]; 115, 381 [389]). Dabei gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfGE 75, 108 [157]; 93, 319 [348f.]; 107, 27 [46]; 126, 400 [416]; 129, 49 [69]; 132, 179 [188 Rn. 30]; 138, 136 [180 Rn. 121]). Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund, die von auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 88, 5 [12]; 88, 87 [96]; 105, 73 [110]; 110, 274 [291]; 112, 164 [174]; 116, 164 [180]; 117, 1 [30]; 120, 1 [29]; 122, 1 [23]; 122, 210 [230]; 123, 111 [119]; 126, 400 [416]; 127, 224 [244]; 129, 49 [68]; 130, 52 [66]; 130, 240 [254]; 131, 239 [255f.]; 135, 126 [143f. Rn. 52]; stRspr).
Das Willkürverbot ist verletzt, wenn die (un)gleiche Behandlung zweier Sachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in der Natur der Sache selbst liegen, und mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht mehr vereinbar ist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die gesetzliche Regelung fehlt (vgl. BVerfGE 76, 256 [329]; 84, 239 [268]; 85, 176 [187]; 90, 145 [196]; 101, 275 [291]; 115, 381 [389]). Eine strengere Bindung des Gesetzgebers kann sich aus den neben Art. 3 GG betroffenen Freiheitsrechten (vgl. BVerfGE 88, 87 [96]; 111, 176 [184]; 122, 210 [230]; 129, 49 [69]; 138, 136 [180f. Rn. 122]) und aus der Ungleichbehandlung von Personengruppen ergeben (vgl. BVerfGE 101, 54 [101]; 103, 310 [319]; 110, 274 [291]; 131, 239 [256]; 133, 377 [407f. Rn. 75]). Zudem verschärfen sich die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, je weniger die Merkmale, an die die gesetzliche Differenzierung anknüpft, für den Einzelnen verfügbar sind (vgl. BVerfGE 88, 87 [96]; 129, 49 [69]; 138, 136 [180f. Rn. 122]) oder je mehr sie sich denen des Art. 3 Abs. 3 GG annähern (vgl. BVerfGE 88, 87 [96]; 124, 199 [220]; 129, 49 [69]; 130, 240 [254]; 132, 179 [188f. Rn. 31]).“
[^9]: Als anderer vermeintlich sachlicher Grund wurde gelegentlich genannt, dass der "bürokratische Aufwand" zu hoch sei, wenn man auch noch TSG-Absolvent*innen den Bußgeldschutz des § 14 SBGG zukommen lassen würde. Dieser lässt sich mit der folgenden Begründung leicht als Schutzbehauptung entlarven: TSG-Absolvent*innen verfügten vor Inkrafttreten des § 15 Abs. 2 Nr. 1 und des § 78 PStG n.F. über einen allumfassenden Offenbarungsschutz, der nicht nur zivilrechtliche Sanktionsmöglichkeiten wie unter anderem auch Bußgelder umfasste, sondern auch strafrechtliche. Diese folgten unmittelbar aus ihrem rechtskräftigen auf Dauer angelegten Status unter Anwendung des Grundgesetzes, wie das BVerfG in mehreren Entscheidungen feststellte. Wäre dieser vermeintlich sachliche Grund einer Nichtanwendungsmöglichkeit von § 14 auf TSG-Absolvent*innen wirklich tragbar gewesen, so hätte in noch viel größerem Umfang der "bürokratische Aufwand" der § 15 Abs. 2 Nr. 1 und § 78 PStG n.F. dagegen stehen müssen. Offenbar war der "bürokratische Aufwand" des Gesetzgebers nicht groß genug, um von jener Status-entwertenden Erstreckungsklausel abzusehen, so dass auf TSG-Absolvent*innen problemlos die §§ 6 bis 13 SBGG angewandt werden und sie hier den Neu-SBGG-Absolvent*innen vollständig gleichgestellt werden. Durch die Relativierung eines bisher dauerhaften rechtskräftigen Status als abgeschlossenen Tatbestand auf das Niveau der §§ 6 bis 13 SBGG verlieren TSG-Absolvent*innen automatisch alle die mit ihrem bisher abgeschlossenen Tatbestand verfassungsrechtlich auch aus § 5 TSG folgenden Offenbarungsschutzfunktionen. Es gibt kraft § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG für TSG-Absolvent*innen die bisherigen straf- und zivilrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten nicht mehr, da ihr bisher abgeschlossener Tatbestand nun zu einem nicht abgeschlossenen Tatbestand wurde. Es ist nicht einzusehen, warum die pauschale Wegnahme von allumfassenden, verfassungsrechtlich geschützten Sanktionsmöglichkeiten einen geringeren "bürokratischen Aufwand" erfordern würde als die einfache zusätzliche Erstreckung auch von § 14 SBGG auf TSG-Altbestände.
[^10]: Die Annahme, ein rückwirkender Ausschluss der Anwendung von § 14 SBGG auf TSG-Absolvent*innen sei zulässig, lässt sich nur konsequent dann vertreten, wenn man das TSG-Verfahren als ein derartiges systematisches Unrecht versteht, dass es – analog zu anderen historischen Fällen – dem „Gesetzes“-Charakter entbehrt und daher keine Rechtssicherheit und kein Vertrauen begründen kann. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn staatliche Regelungen gegen „die in der Völkerrechtsgemeinschaft allgemein anerkannten Menschenrechte“ verstoßen und ein „Rechtfertigungsgrund unter Voraussetzungen in Anspruch genommen wird, die Einschränkungen des absoluten Rückwirkungsverbotes von Verfassungswegen zulassen“ (BVerfG, 24.10.1996 – 2 BvR 1851/94; 2 BvR 1853/94; 2 BvR 1875/94; 2 BvR 1852/94 –, BVerfGE 95, 96 [132f.]).
Im Fall der Aufarbeitung staatlicher Unrechtssysteme – wie der DDR-Grenzregime – hat das Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass Art. 103 Abs. 2 GG zurücktreten kann, weil das bisher als Rechtfertigungsgrund Geltende auf einen von vornherein rechtswidrigen staatlichen Organisationsakt zurückgeht. „Die Erwartung, das Recht werde, wie in der Staatspraxis zur Tatzeit, auch in Zukunft so angewandt werden, daß ein menschenrechtswidriger Rechtfertigungsgrund anerkannt werde, sei nicht schutzwürdig“ (BVerfGE 95, 96 [113]). In diesen Ausnahmefällen wird das rückwirkende Eingreifen in Rechtspositionen dadurch gerechtfertigt, dass das vermeintliche „Recht“ in Wahrheit „Unrecht“ war und daher keinen Vertrauensschutz verdient.
Eine solche Qualifikation des TSG als „Unrecht“, das keinerlei Rechtsschutzwirkung entfaltet, findet jedoch keine Grundlage. Das TSG war ein Rechtsakt der Bundesrepublik Deutschland im demokratischen Rechtsstaat – fortentwickelt und durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z. B. BVerfGE 88, 87; 128, 109; 121, 175) bereits vor dem Inkrafttreten des SBGG verfassungskonform ausgelegt und angepasst. Es war kein totalitäres Unrechtssystem, sondern ein dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichteter, wenn auch ein fehlerbehafteter Weg zur Anerkennung geschlechtlicher Identität. Insbesondere hat das Bundesverfassungsgericht klar gestellt, dass das Gutachtenverfahren nach § 4 Abs. 3 TSG verfassungsgemäß ist und der objektiven Sachverhaltsaufklärung dient – es sei kein Mittel zur "therapeutischen Behandlung" oder Diskreditierung der Betroffenen (BVerfG, 17.10.2017 – 1 BvR 747/17 –, NJW 2018, 222).
Die TSG-Absolvent*innen haben daher nicht auf „Unrecht“ vertraut, sondern auf ein rechtsstaatliches Verfahren. Die Behandlung ihres Vertrauens, als sei es nicht schutzwürdig, entspricht folglich nicht der Ausnahme vom Rückwirkungsverbot, sondern ist vielmehr einer ungerechtfertigten Anwendung der Ausnahmelogik auf einen Fall, der ihr gerade nicht angehört. Damit wird nicht „Unrecht“ aufgearbeitet – sondern Recht entwertet. Die Folge ist keine Gerechtigkeit, sondern Stigmatisierung, allein wegen des Vertrauens in die Rechtsordnung – und damit eine strukturelle Entwertung derjenigen, die dem Rechtsstaat folgten, die er aber nun diskreditiert, um Neufällen einen Vorsprung zu verschaffen.
[^11]: Zum Ausgleich der vermeintlich nachteiligen Aspekte des TSG-Verfahrens entschied sich der Gesetzgeber, die TSG-Absolvent*innen rückwirkend und pauschal zu benachteiligen. Dies beruht auf objektiv schlicht unvertretbaren Differenzierungen und subjektiv sachfremder Motivation – nämlich der Idee, dass rechtsstaatlich erworbener Status gegenüber einem verwaltungsrechtlich vollzogenen als minderwertig gelten soll. Dies greift unmittelbar in die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG ein; denn die Würde „schützt in erster Linie nicht den Menschen als Gattungswesen oder ein abstraktes Bild von Mitmenschlichkeit, sondern den Einzelnen in seinem konkreten Anspruch auf Achtung als Person“ (Dürig/Herzog/Scholz/Herdegen, GG Art. 1 Abs. 1 Rn. 29).
Die Diskreditierung eines rechtskräftig festgestellten Status, die Entwertung eines rechtsstaatlich erworbenen Rechts ins objektiv Negative und damit die Stigmatisierung wegen des Vertrauens in die Rechtsordnung ist „schlechthin unerträglich“ (ebenda), insbesondere wenn sie aus rein politischen Gründen "für den Systemwechsel" erfolgt; dies untergräbt den „Anspruch auf Achtung als Person.“ (ebenda).
Allgemein „verletzt jede objektiv schlicht unvertretbare und subjektiv auf sachfremder Motivation beruhende Rechtsanwendung (objektive und subjektive Willkür) mit erheblicher Auswirkung auf die Lebensverhältnisse die Menschenwürde“ (Dürig/Herzog/Scholz/Herdegen, GG Art. 1 Abs. 1 Rn. 120). Diese Willkür berührt sich mit den „grundlegenden Gerechtigkeitspostulaten“, welche die „Gewährleistung der Würde“ sicherstellen sollen (ebenda).
Die Menschenwürde verlangt eine bilanzierende Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls – nicht eine schematische Ableitung aus rein gegenständlich-modalen Kriterien (Dürig/Herzog/Scholz/Herdegen, Art. 1 GG, Rn. 47). Das Bundesverfassungsgericht enthält sich „genereller Typenbildung von Würdeverletzungen“ und hält die „Ansehung des konkreten Falles“ für maßgeblich (ebenda).
Die pauschale rückwirkende Degradierung eines rechtsstaatlich festgestellten Status ohne sachlichen Grund wäre eine schematische Maßnahme nach rein gegenständlich-modalen Kriterien. Sie führt daher nicht nur zur Verletzung der Gleichheit – sondern zur Verletzung der Würde selbst – der „Wurzel aller Grundrechte“ (BVerfG, 10.10.1995 – 1 BvR 1476/91; 1 BvR 1980/91; 1 BvR 102/92; 1 BvR 221/92 –, BVerfGE 93, 266 [293]).
[^12]: Der Kammerbeschluss 1 BvR 2027/11 betont nicht nur die formale Pflicht zur Anrede/Adressierung entsprechend der Rollenentscheidung, sondern hebt den alltagspraktischen Zweck hervor, unfreiwillige Offenbarungen zu vermeiden (die dort beanstandete Anrede/Adressierung wirkte bis in die Zustellung hinein als Auslöser eines Outings). Damit korrespondiert die in BVerfGE 88, 87 [97 f.] herausgearbeitete Offenbarungsautonomie: Die verfassungsrechtliche Achtung der gelebten Identität zielt darauf, Offenbarungszwänge im Alltag gar nicht erst entstehen zu lassen. Diese Schutzrichtung reicht über die bloße Förmlichkeit des „Rechtsverkehrs“ laut § 6 Abs. 1 SBGG hinaus und verpflichtet den Gesetz- und Verwaltungsvollzug, Outing-Risiken strukturell zu minimieren (im Ansatz auch bei der sog. „kleinen Lösung“ nach TSG bereits verfahrens-/dokumentenbezogen anerkannt durch die Pass-Praxis, BVerfGE 88, 87 [103]).
[^13]: Die Vorschrift bewirkt außerhalb der Führung öffentlicher Bücher und Register sowie des Rechtsverkehrs eine grundsätzliche Zulässigkeit der Offenbarung durch die genannten Angehörigen; der Schutz greift nur bei nachgewiesener Schädigungsabsicht. Sanktionsfolge: Für TSG-Statusfälle ist ein bußgeldrechtlicher Weg gesperrt (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG); § 14 SBGG steht nur Personen offen, deren Eintrag nach dem SBGG geändert wurde (vgl. Abschnitt E II 3). Systemischer Kontrast: § 5 Abs. 2 TSG enthielt lediglich eine Pflichtreduzierung hinsichtlich der Verwendung des neuen Vornamens; eine positive Offenbarungsbefugnis der Angehörigen für Altangaben kannte das TSG nicht.
[^14]: Nach der modernen Auffassung der Neurobiologie interagieren alle Prozesse des Menschen, auch rein psychische, mit „körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten“. Das Gehirn ist das Organ, in welchem das Denken und Fühlen stattfindet. Auch zu den Phänomenen der geschlechtlichen Identität bzw. sexuellen Orientierung gibt es seit einigen Jahrzehnten biologisch-organische Grundlagen- und Anwendungsforschungsergebnisse, welche die körperlich-organischen Komponenten / Korrelationen mit molekularen und neuropyhsiologischen Methoden aufzeigen. Nicht wenige Grundlagen-Neurobiologen gehen sogar von der Angeborenheit der Transsexualität bzw. Homosexualität zumindest im statistischen Sinne aus. (vgl. Fußnote 15)
[^15]: Aufgrund ihrer Expertise als u.a auch vollständig approbierte Ärztin weist die Beschwerdeführerin darauf hin, dass de facto alle Fachbereiche der Medizin nach aktuellem Stand der medizinischen Forschung im Zusammenhang mit „körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten“ stehen. Dies betrifft insbesondere auch Fächer wie Psychiatrie und Psychotherapie.
[^16]: Der offizielle Mitschnitt der Tagesthemen 23.08.2023 kann bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden.
[^17]: Dies folgt aus der strikten Bindung der Fachgerichte an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG), die es ihnen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts verbietet, die Wortlautgrenze einer Norm zu überschreiten oder sich in Widerspruch zum klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers zu setzen (vgl. zur Unzulässigkeit einer Auslegung contra legem grundlegend BVerfGE 19, 17; BVerfGE 58, 257; BVerfGE 62, 203). Die angegriffenen Normen sind zudem als lex specialis konzipiert, die nach dem allgemeinen Grundsatz lex specialis derogat legi generali die allgemeinen Schutzgebote verdrängen und damit den Auslegungsspielraum der Gerichte bewusst limitieren sollen.
[^18]: Der Begriff „entropische Grundrechtsdiffusion“ ist von der Beschwerdeführerin zur Verdeutlichung eines besonderen Typs rechtsstaatlicher Erosionsdynamik geprägt worden, der in der klassischen Jurisprudenz noch nicht explizit benannt wurde. Im Unterschied zur häufig verwendeten Metapher der „Erosion des Rechtsstaats“ beschreibt die entropische Grundrechtsdiffusion einen Prozess, der sich – vergleichbar den Natur- und Informationswissenschaften – als "unaufhaltsames", ohne wirksame Korrektive strukturell schleichendes, systemweites und tendenziell irreversibles Verflüchtigen von Ordnung vollzieht.
Zur Analogie: – Entropie steht in der Physik für das Maß an Unordnung in einem System. Je höher die Entropie, desto weniger Struktur, Klarheit und Steuerbarkeit sind vorhanden. Entropie nimmt ohne kontinuierliche Energiezufuhr naturgesetzlich zu, und zwar global und universell (im Gegensatz zur "Erosion", welche nur lokal und einzelfallbezogen vorkommt). – Diffusion bezeichnet die natürliche Ausbreitung von Teilchen, bei der Unterschiede – hier: klare Grenzverläufe von Grundrechten – immer weiter nivelliert werden, bis keine Differenz mehr auffällt.
Auf den verfassungsrechtlichen Kontext übertragen bedeutet das: Beim Mechanismus der entropischen Grundrechtsdiffusion „verläuft“ (diffundiert) der Bezug auf ein Grundrecht nicht durch eine offene, zentrale Maßnahme (wie eine formale Gesetzesänderung), sondern bereichsübergreifend und ohne klar erkennbare Einzelakte in andere, statusfremde Bezugspunkte (z.B. Registereinträge, technische Vorentscheidungen, funktional-organische Gruppenmerkmale). Dadurch wird der Grundrechtsschutz schrittweise und häufig fast unbemerkt verdünnt und ausgehöhlt – insbesondere durch Kombination folgender Elemente :
– Ersetzung eines statusrechtlichen Bezugspunkts durch bloße Registertatbestände;
– Vorrang oder Vorlagerung privater/technischer Vorentscheidungen;
– imperative Einfachnormen, die auf funktionale oder organische Kriterien abstellen;
– Verweisungs- und Öffnungsklauseln, Historisierung, Ermessensspielräume, Gruppenzuordnungen.
wichtigste Juristische Leitnormen, die durch diesen Mechanismus berührt oder gefährdet sind:
– Art. 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaat, Rechtssicherheit, Vertrauensschutz, Bestimmtheit),
– Art. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG (Menschenwürde, Identität, Selbstbestimmung) ,
– Art. 3 Abs. 1/2 GG (Gleichheit, Schutzauftrag),
– Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz).
Begründung für die Begriffsschöpfung: Die Beschwerdeführerin nutzt hier die Begriffe "Entropie" und "Diffusion" nicht im technischen, sondern als interdisziplinär übertragene Bildsprache, um das qualitativ Neue dieser Erscheinung herauszuarbeiten. Die entropische Grundrechtsdiffusion ist ein Prozess, der – wie Entropie in einem geschlossenen physikalischen System – nur durch aktive, fortlaufende und energiereiche Gegensteuerung aufzuhalten ist, während eine "Erosion" oft noch durch gezielte, lokale Maßnahmen bekämpft werden kann. Diese Begriffswahl ist als heuristisches Ordnungsinstrument zu verstehen; sie eröffnet eine strukturierte Betrachtung der aufgezeigten Risiken insbesondere für Rechtssicherheit, Vertrauensschutz, Identität und Gleichheit (Art. 20 Abs. 3, Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 sowie Art. 3 Abs. 1 und 2 GG), ohne einen neuen Prüfmaßstab zu begründen, sondern vielmehr um die daran zu prüfenden Fragen zu ordnen.
[^19]: Die Formulierung „Erfurcht vor der Menschenwürde“ greift bewusst die Ethik Albert Schweitzers auf, der mit seiner Lehre von der „Ehrfurcht vor dem Leben“ eine universelle, über das bloß Menschliche hinausreichende Achtung allen Lebens begründete. Im „Band II“ („Kultur und Ethik“) von Schweitzers „Kulturphilosopie“, schrieb er am Anfang seines Kapitels ”„XXI. Die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben“, auf Seite 306 (Neuausgabe in der Beckschen Reihe, München 2007): „Ethik entsteht dadurch, daß ich die Weltbejahung, die mit der Lebensbejahung in meinen Willen zum Leben natürlich gegeben ist, zu Ende denke und zu verwirklichen versuche. Ethisch werden heisst wahrhaft denkend werden. ... Spricht das Erkennen einzig nur aus, was es erkennt, so lehrt es den Willen fort und fort ein und dasselbe Wissen: daß hinter und in allen Erscheinungen Wille zum Leben ist.“ Auf die Menschenwürde übertragen, entsteht diese „Ehrfurcht“ oft erst aus der schmerzhaften Erkenntnis ihrer fundamentalen Verletzbarkeit. So wie Schweitzer seine Ethik aus der Konfrontation mit der Zerbrechlichkeit des Lebens gewann, so erkennen diejenigen, die – wie durch die hier angegriffenen Normen – in ihrem personalen Selbstverständnis und ihrer Identität negiert werden, durch den Schmerz der Aberkennung erst den absoluten, unantastbaren Wert dessen, was ihnen genommen wird. Die Ehrfurcht vor der Würde ist somit die aus der erlittenen Verletzung erwachsene Einsicht in die Notwendigkeit ihrer unbedingten Achtung – auch und gerade für die Würde aller anderen. Während die Jurisprudenz die Menschenwürde als Rechtsprinzip „anerkennt“, verlangt die „Ehrfurcht“ eine tiefere, existenzielle Haltung – die Anerkennung der Würde als etwas, das nicht erst durch Rechtssatz entsteht, sondern dem Menschen vorausgeht. Nur aus dieser Haltung heraus kann der Rechtsstaat als lebendiges System erhalten werden: nicht durch formale Anerkennung, sondern durch die geordnete, wache, kritische und verantwortliche Teilhabe aller Bürger. Die bloße Anerkennung der Würde bleibt im Rechtssatz gefangen; die Erfurcht davor erhebt sie zur Quelle der Rechtsenergie. In diesem Sinne ist die „Ehrfurcht vor der Würde“ keine juristische Kategorie – sondern die ethische Grundlage, ohne die kein Rechtsstaat Bestand haben kann.
[^20]: Mit "Statusäquivalenz" ist die Behauptung gemeint, ein registerbezogener Eintrag sei dem verfassungsrechtlichen Status gleichwertig, obwohl er nur ein Anknüpfungstatbestand ist. Methodisch setzt sie Gleichheit der Form mit Gleichwertigkeit der Rechtsposition gleich.
[^21]: Die Subsidiaritätsklausel des § 10 Abs. 1 TSG, „... soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.“, wirkt wie eine deklarative Norm, welche aber bei genauem Hinsehen dem TSG den suggestiven Fehleindruck bewirkte, dass es verfassungsmäß sei, den gerichtlich zuerkannten Status von TSG-Absolvent*innen i.S.v. lex posterior derogat legem priori rückwirkend einschränken zu dürfen. Dies ist mitnichten der Fall, und verblieb als verfassungsrechtlich bedenkliche Ausnahmemöglichkeiteiner Wirkungseinschränkung dieser Norm. Seit dem TSG-Inkrafttreten am 01.01.1981 hatte der Gesetzgeber von der Subsidiaritätsklausel keinen Gebrauch gemacht, unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Bedeutung von § 10 Abs. 1 TSG hinsichtlich der APR der Betroffenenun (vergl. BVerG, 11.11.1978, – 1 BvR 16/72: „Die Menschenwürde und das Grundrecht auf freie Persönlichkeitsentfaltung gebieten daher, den Personenstand des Menschen dem Geschlecht zuzuordnen, dem er nach seiner psychischen und physischen Konstitution zugehört.“ –; 11.01.2011, – 1 BvR 3295/07 [Rn. 51: „Steht bei einem Transsexuellen das eigene Geschlechtsempfinden nachhaltig in Widerspruch zu dem ihm rechtlich nach den äußeren Geschlechtsmerkmalen zugeordneten Geschlecht, gebieten es die Menschenwürde in Verbindung mit dem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit, dem Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen Rechnung zu tragen und seine selbstempfundene geschlechtliche Identität rechtlich anzuerkennen, um ihm damit zu ermöglichen, entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden ...“). Erst mit Inkrafttreten des SBGG am 01.11.2025 materialisierte sich die negative Ausstahlungswirkung der Subsidiaritätsklausel des § 10 Abs. 1 TSG für alle TSG-Absolvent*innen – wenn auch nur symbolisch und durch das TSG-Außerkrafttreten nach Art. 13 ESBGG nicht faktisch. So ist es dem Menschen mit transsexuellem Hintergrund kraft Erstreckungsklausel § 15 Abs. 2 Nr. 1 SBGG nummehr unmöglich, die vom Bundesverfassungsgericht geforderte unabwägbare Grundbedingung des APR weiterhin gewährt zu bekommen: „... entsprechend dem empfundenen Geschlecht leben zu können, ohne in seiner Intimsphäre durch den Widerspruch zwischen seinem dem empfundenen Geschlecht angepassten Äußeren und seiner rechtlichen Behandlung bloßgestellt zu werden ...“.
[^22]: Transsexualität gilt nicht als „sachlicher Grund“ im Sinne von § 20 Abs. 1 Nr. 2 AGG, weil danach eine unterschiedliche Behandlung nur erfolgen darf, wenn sie auf objektiv nachvollziehbaren, konkreten Erfordernissen beruht, die nicht auf diffusen Ängsten oder gesellschaftlichen Vorurteilen gründen. Der maßgebliche Kommentar betont ausdrücklich: „Diffuse Ängste vor objektiv nicht belegbaren Gefahren ohne Bezug zur Lebenswirklichkeit genügen nicht (BeckOGK/Mörsdorf Rn. 34), um das erforderliche objektiv verständliche Sicherheitsbedürfnis zu begründen. Das gilt selbst dann, wenn solche nur subjektiv empfundenen Gefahren von einer größeren Personengruppe befürchtet werden; auf ungerechtfertigten Vorurteilen beruhende Vorbehalte können eine Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen (BR-Drs. 329/06, 47).“ (BeckOK BGB/Wendtland, AGG § 20 Rn. 11, 75. Ed. 1. 8. 2025). Die Differenzierung nach Geschlecht oder geschlechtlicher Identität ist demnach nur zulässig, soweit ein konkretes und objektiv begründetes Schutzbedürfnis etwa in Fragen der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit besteht; dafür ist regelmäßig eine Einzelfallabwägung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten erforderlich. Bei Unklarheiten hätten Fachgerichte durch § 20 AGG ausreichend Auslegungsspielraum, um die für die Einzelfallabwägung notwendigen Sach- und Tatbestandsfragen hinreichend zu klären. Auch der Kommentar HK‑BGB/Ebert stellt klar, dass § 20 AGG nur eine begrenzte Rechtfertigung für ungleiche Behandlungen ermöglicht, nämlich bei Vorliegen sachlicher Gründe, die dem legitimen Ziel, etwa dem Schutz der Intimsphäre oder Sicherheit, erforderlich und verhältnismäßig dienen; ein bloßer Personenstatus, eine körperliche Eigenart oder eine abweichende Geschlechtsidentifikation sind dort nicht als sachliche Differenzierungskriterien anerkannt (HK‑BGB/Ebert, AGG § 20 Rn. 1–6, 12. Aufl. 2024).
[^23]: Kämmerer merkt hier zum § 2 Abs. 2 SBGG kritisch an (mit „Abs. 1“ im Originalkommentar scheint wohl aufgrund eines Druckfehlers „Abs. 2” gemeint zu sein) : „Bedenklich ist, dass § 2 Abs. 1 eine Versicherung der Person genügen lässt und als Beleg der Ernsthaftigkeit des Anliegens nicht wenigstens eine Glaubhaftmachung verlangt. Um dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu unterliegen, muss Geschlechtlichkeit jedenfalls eine Frage der Identität sein; als bloße Willensfrage würde sie lediglich von der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützt wird." (v. Münch/Kunig/Kämmerer, 8. Aufl. 2025, GG Art. 2 Rn. 62b).
[^24]: Wörtlich steht im Pschyrembel (257. Auflage, de Gruyter Berlin, New York 1994) auf Seite 535 zum Eintrag „Geschlechtsmerkmale“: „(engl.) sexual characteristics: charakterist., das weibl. u. männl. Geschlecht* (somat.) unterscheidende Kennzeichen: 1. primäre G.: direkt der Fortpflanzung dienende, b. der Geburt vorhandene G. (Genitale): Hoden, Nebenhoden, Samenwege, Penis bzw. Ovarien, Tuben, Uterus, Vagina, Vulva; 2. sekundäre G.: in der Pubertät sich entwickelnde G. (beim Mann: Bart, Körperbehaarung, tiefe Stimme; b. der Frau: Brüste, weibl. Behaarungstyp, charakterist. Fettverteilung); 3. tertiäre G.: Körpergröße, Knochenbau u.a.*“
[^25]: Portugal hat mit dem Gesetz Lei n.º 38/2018 (de 7 de agosto – Direito à autodeterminação da identidade de género e expressão de género e à proteção das características sexuais de cada pessoa; übersetzt: vom 7. August – „Gesetz über das Recht auf Selbstbestimmung der Geschlechtsidentität und des Geschlechtsausdrucks sowie auf Schutz der Geschlechtsmerkmale jeder Person“) ein weitreichendes, modernes Selbstbestimmungsmodell eingeführt. Nach Art. 7 und 9 des Gesetzes kann jede Person ab 16 Jahren ihren Geschlechtseintrag und den Vornamen durch einfache Erklärung beim Standesamt (Conservatória do Registo Civil) ändern lassen – ohne psychologische oder medizinische Begutachtung und ohne operative oder hormonelle Maßnahmen (bei 16- bis 17-Jährigen ist lediglich eine ärztliche oder psychologische Bestätigung der Entscheidungsfähigkeit erforderlich; eine Diagnosepflicht besteht nach Art. 7 Abs. 2 nicht).
Intersexuelle Minderjährige sind zudem besonders geschützt: Das Gesetz verbietet gemäß Art. 5 nichtmedizinisch notwendige, geschlechtsverändernde Eingriffe ohne die freie und informierte Zustimmung der betroffenen Person; medizinische Eingriffe sind bei Minderjährigen auf lebens- oder gesundheitsbedrohliche Situationen beschränkt. Anders als im deutschen SBGG existiert in Portugal keine gesetzliche Klausel, die privaten Einrichtungen wie Saunen, Kliniken oder anderen Schutzräumen erlaubt, Personen mit transsexuellem Hintergrund „trotz offiziellen Geschlechtseintrags“ allein wegen ihres Hintergrundes auszuschließen.
Ziel des Gesetzgebers ist explizit größtmögliche Selbstbestimmung, Rechtssicherheit und effektiver Diskriminierungsschutz. Die in Art. 10 enthaltene Bestandsklausel („frühere Rechte und Pflichten bleiben unberührt“) bezieht sich ausschließlich auf die zivilrechtliche Kontinuität bereits entstandener Rechtsverhältnisse (z. B. Verträge oder Erbrechte) und dient der Rechtssicherheit; sie relativiert den anerkannten Personenstatus nicht. Portugal wahrt damit Rechtssicherheit, ohne den Geschlechtseintrag im gesellschaftlichen oder rechtlichen Verkehr zur Disposition zu stellen – im Gegensatz zu § 6 Abs. 2 SBGG, der die Anerkennungswirkung zugunsten privater Dritter durchbrechen kann. Die Verfahren sind niedrigschwellig, transparent und nicht-pathologisierend ausgestaltet und setzen die Empfehlungen des Europarats und internationaler Nichtdiskriminierungsorgane (z.B. TGEU, ILGA) in nationales Recht um, wobei es wesentliche Empfehlungen dieser Organisationen aufgreift. Die Praxis bestätigt diesen Anspruch (laut Berichten von ILGA und TGEU sowie Gerichtsurteilen): Aus der verfassungs- und einfachgesetzlichen Nichtdiskriminierung folgt, dass Frauen mit geänderten Einträgen rechtlich als Frauen zu behandeln sind, einschließlich des Zugangs zu frauenspezifischen Leistungen und Einrichtungen (Art. 2 Lei 38/2018; Art. 13 CRP; vgl. ILGA-Europe Annual Review 2024, Portugal-Kapitel; TGEU Trans Rights Map 2025 – LGR Cluster). In Portugal werden Frauen mit transsexuellem Hintergrund, deren Eintrag geändert wurde, als Frauen anerkannt und haben vollen Zugang zu medizinischer Versorgung und öffentlichen wie privaten frauenspezifischen Einrichtungen. Die Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsnormen der portugiesischen Verfassung unterstreichen diesen Standard. Art. 13 lautet hierzu: „Alle Bürgerinnen und Bürger sind gleich vor dem Gesetz und genießen den gleichen Schutz. Keine Diskriminierung aufgrund der Abstammung, des Geschlechts, der Rasse, der Sprache, des Herkunftsgebiets, der Religion, der politischen oder ideologischen Überzeugungen, der Bildung, der wirtschaftlichen Situation, der sozialen Lage oder der sexuellen Orientierung ist zulässig.“ Der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz (Art. 13 CRP) und die in der Lei 38/2018 verankerten Diskriminierungsverbote (insb. Art. 2 Abs. 2) sichern den Schutz vor Benachteiligung aufgrund der Geschlechtsidentität. Diese Gleichstellung folgt unmittelbar aus dem Zusammenspiel von Art. 13 CRP und Art. 2 Abs. 2 Lei 38/2018.
Zum Umgang mit potenziellen Missbräuchen des Gesetzes, die in Deutschland intensiv diskutiert wurden, enthält das portugiesische Modell präventive und sanktionierende Elemente, die auf Selbstdeklaration beruhen, aber unlautere Nutzung eindämmen sollen: Nach Art. 9 Abs. 2 dürfen für die Entscheidung keine Nachweise über medizinische oder psychologische Maßnahmen (z. B. Operation, Sterilisation, Hormontherapie oder Psychotherapie/-diagnostik) verlangt werden; falsche Angaben oder die Vorlage unrichtiger Dokumente oder Atteste unterliegen den allgemeinen Vorschriften des portugiesischen Strafrechts (vgl. Art. 348-A, 256 und 260 CP), daneben regelt Art. 14 Lei 38/2018 die zivilrechtliche Verantwortlichkeit bei Verstößen gegen die in diesem Gesetz verankerten Rechte, insbesondere bei Diskriminierungen. Darüber hinaus ist eine erneute Änderung des Geschlechtseintrags, anders als im deutschen SBGG, nicht durch eine weitere einfache Erklärung möglich, sondern bedarf nach Art. 6 Abs. 3 Lei 38/2018 einer gerichtlichen Genehmigung („A mudança da menção do sexo no registo civil e a consequente alteração de nome próprio realizadas nos termos da presente lei só podem ser objeto de novo requerimento mediante autorização judicial.“, übersetzt: „Die Änderung der Geschlechtsangabe im Personenstandsregister und die daraus folgende Änderung des Vornamens, die nach diesem Gesetz vorgenommen wurden, können nur mittels gerichtlicher Genehmigung Gegenstand eines neuen Antrags sein.“). Die Praxis bestätigt den selbstbestimmten, nicht-pathologisierenden Charakter (vgl. ILGA-Europe Annual Review 2024; TGEU-LGR-Cluster). Für den Zugang zu privaten Räumen ergibt sich kein gesetzlicher Ausnahmetatbestand; Art. 2 Abs. 2 verpflichtet auch Private zur Beachtung der Antidiskriminierungsvorgaben. So enthält das Gesetz keine Bestimmung, die die Anerkennung auf den Rechtsverkehr beschränkt oder die geschlechtliche Anerkennung im Rahmen des Hausrechts, des Sports oder der Gesundheitsversorgung einschränkt (Art. 10 Abs. 1, Art. 11 und Art. 2 Abs. 2 Lei 38/2018).
Die dieser rechtsvergleichenden Darstellung zugrundeliegenden portugiesischen Gesetze (Lei n.º 38/2018, Verfassung, Strafgesetzbuch) und die zitierten Berichte (ILGA-Europe, TGEU) liegen der Beschwerdeführerin vor und können dem Gericht bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden.
[^26]: Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 260 f. Die Autoren liefern hier die entscheidende dogmatische Grundlage für das im Haupttext dargelegte argumentum a fortiori. Larenz/Canaris analysieren die verfassungsrechtlich hochproblematische Praxis von Fachgerichten (insb. BAG, BSG, BGH), bei der Konkretisierung von legitimen Generalklauseln (wie § 138 BGB) ihre richterliche Kompetenz zur Einzelfallentscheidung zu überschreiten. Sie kritisieren, dass die Gerichte durch das Aufstellen von „generellen Regelungen“ (wie z.B. starren Fristen oder „zahlenmäßig fixierten Richtwerten“) „gleichsam stellvertretend für den Gesetzgeber tätig“ werden. Diese Praxis, so die Autoren, sei ein Verstoß gegen die „Funktionsteilung“ (Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 2 GG), da diese richterlich geschaffenen „gegriffenen Werte“ ein „hohes Maß an Beliebigkeit“ aufweisen, deren Festsetzung „dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muß“. Gilt diese scharfe verfassungsrechtliche Kritik bereits für die richterliche Konkretisierung einer legitimen Generalklausel, so muss sie erst recht (argumentum a fortiori) für den im Haupttext analysierten Fall der illegitimen pseudodeklarativen Klausel gelten: Im letzteren Fall wird das Fachgericht gezwungen, eine legislative Norm (Norm X) anzuwenden, die selbst bereits eine solche willkürliche, „gegriffene Größe“ darstellt und deren Legitimität sich lediglich aus einem illegitimen Narrativ (Y) pseudodogmatischer Normenkonglomerate speist.
Das vollständige Zitat (S. 260 bis 261) belegt diese Analyse: „In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundessozialgerichts finden sich Entscheidungen, in denen diese Gerichte einen konkretisierungsbedürftigen Maßstab nicht nur für den zu entscheidenden Fall, sondern für alle Fälle dieser Art mit dem Bemerken konkretisiert haben, sie würden in allen künftigen Fällen in gleicher Weise verfahren. Die Gerichte haben hier, statt einer Einzelfallentscheidung, eine generelle Regelung getroffen, wie sie sonst nur der Gesetzgeber zu treffen pflegt. Es läßt sich nicht verkennen, daß der in diesen Fällen von den Gerichten vorgenommenen ziffernmäßigen Begrenzung von Beträgen, Fristen und Prozentzahlen ein gewisses Maß an Willkür anhaftet. WANNAGAT bezeichnet eine vom Gericht festgelegte bestimmte Prozentzahl offen als eine „gegriffene Größe", über deren Höhe man streiten könne. Es sei zwar nicht zu verkennen, daß dieses Verfahren zu einer nicht befriedigenden Schematisierung führen könne. Diese Gefahr sei aber im Interesse der Praktikabilität und einer möglichst gleichen Behandlung aller Rechtsuchenden hinzunehmen. Die Rechtfertigung für dieses Vorgehen erblicken seine Befürworter darin, daß es sich in diesen Fällen um Vorgänge handelt, die sich in großer Zahl stets in der gleichen Weise wiederholen, und daß den Prozeßbeteiligten hier weniger an einer individuellen Entscheidung des zufällig vor die Gerichte gebrachten Einzelfalls als vielmehr daran gelegen sei, eine feste Regel zu erhalten, an die sie sich hinfort in allen derartigen Fällen halten können. Gleichwohl überwiegen die Bedenken gegen eine solche Vorgehensweise. Die Massenhaftigkeit der Vorgänge und das darin begründete Bedürfnis nach einer einfachen, leicht zu handhabenden detaillierten Regelung hätten zwar den Gesetzgeber dazu veranlassen sollen, hier, statt es bei einer Generalklausel bewenden zu lassen, eine solche Regelung zu schaffen. Jedoch darf nicht verkannt werden, daß die Gerichte hier über ihre eigentümliche Aufgabe, Recht für den Einzelfall zu sprechen, hinausgegangen und gleichsam stellvertretend für den Gesetzgeber tätig geworden sind. Wohl stellt die rechtliche Begründung der Entscheidung auch eines Einzelfalles eine Maxime auf, die für alle gleichliegenden Fälle Gültigkeit beansprucht. Daher hat das Gericht sich zu fragen, ob die aufgestellte Maxime nicht nur zur Entscheidung des gerade vorliegenden, sondern auch anderer gleichartiger Fälle geeignet ist. Etwas anderes ist es aber, wenn ein Gericht Regeln aufstellt, die es für die Entscheidung dieses Falles zum Teil gar nicht benötigt, und erklärt, künftig in allen Fällen diesen Regeln gemäß verfahren zu wollen. Hier geht es dem Gericht in Wahrheit gar nicht mehr um den zu entscheidenden Einzelfall, sondern nur um die allgemeine Regel. Ein solches Verfahren widerspricht der Funktionsteilung zwischen den Organen der Gesetzgebung und denen der Rechtsprechung. Ähnliche Einwendungen bestehen gegen die Aufstellung zahlenmäßig fixierter Richtwerte durch die Rechtsprechung. So nimmt der BGH z.B. an, daß bei Konsumentenkrediten ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Rahmen von § 138 BGB regelmäßig dann gegeben ist, wenn der Vertragszins relativ doppelt so hoch ist wie der Marktzins, und daß einem absoluten Zinsunterschied von 12 Prozentpunkten zwischen Vertragsund Marktzins eine ähnliche Richtwertfunktion zukommt wie einem relativen Unterschied von rund 100 %. Das sind „gegriffene" Werte, deren Festsetzung wegen des mit ihnen verbundenen hohen Maßes an Beliebigkeit dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben muß.“
[^27]: Das offizielle Narrativ der Statusäquivalenz wird vom BMBFSFJ (Anlage B9) wörtlich postuliert. Die Stellungnahme bemüht das Narrativ der „Klarstellung“ im gesamten Schreiben zweimal, einmal um die (in C II 2 als Status-Degradierung bewiesene) Neuregelung als bloße Kontinuität zu tarnen. Wörtlich heißt es: „§ 6 SBGG regelt die Wirkungen der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen. Durch die Vorschrift hat sich im Vergleich zu dem vor Inkrafttreten des SBGG geltenden § 10 TSG hinsichtlich der Rechtsfolgen nichts geändert. § 6 SBGG stellt lediglich klar, dass es stets – wie auch unter dem TSG – um Rechtsfolgen geht, für die der Geschlechtseintrag im Personenstandsregister beziehungsweise die dort eingetragenen Vornamen einer Person relevant sind.“ Die zweite Stelle der Verwendung einer Form von „Klarstellen“, nach welcher „die Regelung nur klarstellender Natur ist“, wurde bereits in C II 3 a bb (2) (a) als materiell falsche pseudedeklarative Norm analysiert.
[^28]: Die Beschwerdeführerin kann bei Interesse den Namen eines Gutachters nennen, der sie über diese Möglichkeit in Kenntnis gesetzt hatte.
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